Rohtenburg darf doch gezeigt werden

27.05.2009 - 08:55 Uhr
Szene aus dem umstrittenen Film
Senator
Szene aus dem umstrittenen Film
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Im Jahre 2006 erwirkte der „Kannibale von Rotenburg“ gegen den Film, der sich an seiner Tat und seinem Leben orientiert, ein Aufführungsverbot. Gestern entschied der BGH erneut – diesmal zu Gunsten der Kunst.

Der Fall ging durch die Medien wie kaum ein anderer zuvor: Im Jahre 2001 lernten sich Armin Meiwes und Bernd Brandes über eine Kontaktanzeige im Internet kennen. Bei einem Treffen entmannte und erstach Armin Meiwes sein Opfer – angeblich in beiderseitigem Einvernehmen –, und verspeiste danach Teile seines Körpers. Seine Tat dokumentierte er auf einem viereinhalbstündigen Video. Dieses Filmmaterial diente als Grundlage zu forensischen Untersuchungen, die dem „Kannibalen von Rotenburg“ in mehreren Instanzen schließlich lebenslange Haft einbrachten.

Wie alle anderen grausamen Taten inspirierte der Fall zahlreiche Künstler zu kreativer Auseinandersetzung mit dem Thema. Lieder und Theaterstücke – und schließlich auch Filme wurden mehr oder weniger nah an den tatsächlichen Fall angelegt. Armin Meiwes, der seine Lebensgeschichte an den Stern verkauft hatte, und selbst eifrig zur medialen Präsenz seines Falles beitrug, klagte gegen diese künstlerische Aufarbeitung. Gegen die amerikanische Produktion Rohtenburg erwirkte er im Jahre 2006 ein einstweiliges Aufführungsverbot, indem er sich auf seine Persönlichkeitsrechte berief. Das Oberlandesgericht in Frankfurt gab ihm Recht. Die Produktionsfirma Atlantic Streamline und der deutsche Verleiher Senator ihrerseits pochten auf die grundgesetzlich garantierte Kunstfreiheit. Zwei Jahre später jedoch wiederholte und bekräftigte das Oberlandesgericht seine Entscheidung. Die Produktionsfirma und der Verleih legten daraufhin Revision vor dem Bundesgerichthof ein, der ihnen gestern schließlich Recht gab und das Verbot des Filmes aufhob.

Endlich, möchte ich sagen. Völlig unabhängig davon, wer sich dieses Grauen im Kino ansehen möchte, völlig unabhängig davon, ob dieser Film ein guter oder ein schlechter ist – der Zuschauer sollte selbst darüber entscheiden dürfen, was er sehen will und was nicht. Natürlich ist eine absolute Kunstfreiheit mit Vorsicht zu genießen: Denn wenn jemand vielleicht zu Unrecht verunglimpft wird oder intime Details aus dem Leben einer realen Person an die Öffentlichkeit dringen, hat das Persönlichkeitsrecht wichtiger zu sein als die Kunst. Aber wenn ein Mörder sich und seine Tat medial inszeniert, seine komplette Lebensgeschichte an eine Zeitung verkauft, und jedes noch so pikante Detail der Öffentlichkeit ohnehin längst bekannt ist – dann ist es absurd, sich hier auf Persönlichkeitsrechte zu berufen.

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