Simmel ist tot, lang lebe Simmel

16.03.2010 - 13:31 Uhr
ZDF
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Mit Johannes Mario Simmel verlor Regisseur Carlo Rola einen persönlichen Freund. Jetzt verfilmte er den Roman Liebe ist nur ein Wort mit Vinzenz Kiefer. Im Interview erzählt Carlo Rola von Film und Autor.

In seiner Reihe modernisierter Simmel-Verfilmungen, bringt das ZDF dieses Mal Liebe ist nur ein Wort. Der Roman von 1963 erzählt die Geschichte des Jura-Studenten Oliver (Vinzenz Kiefer), der sich in die 20 Jahre ältere Verena (Nadeshda Brennicke) verliebt. Doch Verena ist mit einem Geschäftspartner (Miroslav Nemec) von Olivers Vater verheiratet… Im Interview erzählt Regisseur Carlo Rola von den Dreharbeiten und seiner persönlichen Beziehung zum Erfolgsautor Johannes Mario Simmel.

Was war für Sie der besondere Reiz an der Verfilmung der Romanvorlage Liebe ist nur ein Wort?

Was mich daran gereizt hat, die Geschichte zu verfilmen, war der Charme eines französischen Liebesfilms, den ich darin gesehen habe. Ein leichter – aber nicht seichter – Sommerfilm, der Sehnsüchten und Obsessionen nachspürt, der Gefühle rauschhaft erzählt. Der Menschen zeigt, die so endgültig an Liebe glauben, dass sie dafür in den Tod gehen würden… In einer Zeit, wo es eigentlich nur noch um Materielles geht, eine solche Geschichte zu erzählen, in der die Liebe das höchste Gut ist, das hat mich fasziniert. Schon weil ich ja auch ein sentimentaler Romantiker bin, obwohl mich wahrscheinlich außer meiner Frau niemand so sieht.

Nach biologischen Waffen in Und Jimmy ging zum Regenbogen oder der RAF-Geschichte in Gott schützt die Liebenden nun eine Dreiecksgeschichte – was sind für Sie an Liebe ist nur ein Wort die entscheidenden Themen und Motive?

Liebe, Macht, Eifersucht und Tod, die Bestandteile jedes guten Dramas eben. Was jetzt wieder durch die Presse geht – ältere Frau liebt jüngeren Mann und lässt dafür eine noch älteren Mann im Stich, dessen chauvinistisches Ego dadurch zutiefst verletzt wird – diese Problematik, die ja in der Öffentlichkeit so oder ganz ähnlich fast täglich als Schlagzeile auftaucht, die hat Simmel schon vor Jahrzehnten als Thema für eine spannende emotionale Geschichte erkannt.

Die Tragik der Figuren in Liebe ist nur ein Wort liegt sehr stark im engen Moral-Korsett begründet, das die Gesellschaft ihnen auferlegt. Ist das heute noch zeitgemäß? Inwieweit mussten Sie die Romanvorlage modernisieren, und wie ist Ihnen das gelungen?

Simmel selbst war nun in dem konventionellen Zusammenhang, auf den sich die Frage bezieht, ein ganz und gar unmoralischer Erzähler. Gerade an den Ausschweifungen und den Grenzüberschreitungen, an der Dekadenz und dem Lebenshunger der Nachkriegsgesellschaft hat er sich ja besonders erfreut – an all dem, von dem wir heutzutage weit entfernt sind. Heute werden Existenzen vernichtet, weil sich jemand an einem Flaschenpfand-Bon vergriffen hat, während andere mit Milliardenveruntreuung davonkommen. Und das hat auch Simmel immer bekämpft, noch vom Sterbebett aus, das ist ein Thema in seinem Roman und es ist auch ein Thema in unserem Film. Man hat einfach nicht dazugelernt. Nicht weil man Simmel nicht gelesen hätte, er wurde ja millionenfach gelesen – wenn auch vielleicht von den Falschen. Liebe ist nur ein Wort ist in dieser Hinsicht geradezu erschreckend modern. Da musste ich inhaltlich viel weniger verändern, als mir lieb gewesen wäre.

Wie kam die Besetzung zustande, nach welchen Kriterien haben Sie die Schauspieler für die Hauptrollen in Liebe ist nur ein Wort ausgewählt, was war Ihnen wichtig? Haben Sie Ihre Traumbesetzung gefunden?

Auf jeden Fall habe ich meine Traumbesetzung gefunden! Ich bin froh, in Vinzenz Kiefer einen glaubhaft bedingungslosen, leidenschaftlichen Draufgänger besetzen zu können. Und ich bin glücklich über Nadeshda Brennicke, die eine intelligent verruchte Femme fatale nicht nur intellektuell, sondern auch physisch verkörpern konnte – als das sinnliche Stück Fleisch (und hier spricht der katholische Messdiener aus mir), für das das Wort Sünde erfunden wurde. Abgesehen davon, dass ich mich mit Miroslav Nemec wie mit meinem Alter Ego verstanden hab – schwer zu verstehen, was? – also, wir waren wie ein Ei. Und ich hatte großen Spaß daran, ihn mal ganz anders zu zeigen. Er ist ein sehr sensibler, kluger Schauspieler, der auch Experimente mag.

Sie kannten Johannes Mario Simmel persönlich. Inwieweit hat der Tod des Autors Anfang letzten Jahres Ihre Arbeit an Liebe ist nur ein Wort beeinflusst?

Der Tod von Mario hatte für mich nur eine private Bedeutung. Als ich im Herbst 2008 seinen autobiografischen Roman mit dennenesch-zoud und Heino Ferch verfilmte, konnten wir uns darüber noch austauschen. Jetzt ist er für mich ein Mensch, um den ich getrauert habe – und ein Romanautor, dessen Werke ich das Glück habe, verfilmen zu dürfen.

Mit Material vom ZDF.

Das ZDF zeigt Liebe ist nur ein Wort am Mittwoch um 20:15 Uhr. Wer lieber eine Alternative dazu suchen möchte, sollte mal einen Blick in unser Fernsehprogramm werfen, oder Ihr spart Zeit und vertraut unseren TV-Tipps der Woche.

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