The Room - Ich bin doch nicht wahnsinnig!

17.03.2018 - 09:20 UhrVor 6 Jahren aktualisiert
Did you, uh, know... that chocolate... is the symbol of love?
Wiseau-Films/moviepilot
Did you, uh, know... that chocolate... is the symbol of love?
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Ein Meisterwerk, eine Sternstunde des Autorenfilms, ein cineastisches Glanzstück, eine neue Seite der Filmgeschichte, ein Orgasmus an Poesie - all das ist The Room nicht. Gott bewahre, nein, eher das Gegenteil. Und doch ist er jede seiner 99 wahnsinnigen Minuten wert!

Wer schreibt so etwas und sieht tatsächlich einen Sinn darin? Wer kennt solche Menschen, die einem irgendwie, irgendwann das Gefühl gegeben haben, solche Dialoge seien auch nur annähernd realistisch? Wer denkt sich so etwas aus - und hat dann auch noch die Chuzpe, es für immer in bewegten Bildern festzuhalten? Nun, Tommy Wiseau, offensichtlich.

Wenn euch The Disaster Artist noch nicht verführt hat, das Original zu sehen, Hendriks Kommentar wird euch überzeugen: The Room ist so schlecht, dass ihr ihn euch NICHT entgehen lassen solltet, nicht entgehen lassen dürft! Findet ihn, schart Gleichgesinnte um euch, vergesst den Alkohol nicht - und euer Leben wird nie wieder so sein, wie zuvor... Als hättet ihr gemeinsam einen Flugzeugabsturz überlebt, einen Krieg durchgemacht, einer hirnschmelzenden Trump-Rede live beigewohnt... So etwas schweißt zusammen. Für immer. You're tearing me apart, Lisa!

Der Kommentar der Woche von Hendrik zu The Room

Do you understand life? Do you?

Eins vorweg: THE ROOM ist wohl einer der schlechtesten Filme aller Zeiten. Daher ist meine 9,0 nicht als Bewertung seiner Qualität, sondern der des Filmerlebnisses an sich zu lesen.

Im Kern dieses, als ernsthaftes Drama gedachten Films steckt eine klassische Dreiecksgeschichte. Lisa (sieht aus wie Britney Spears in weniger langweilig) betrügt ihren zukünftigen Ehemann, den herzensguten Bankmanager Johnny, mit dessen bestem Freund Mark (kein Mensch in diesem Universum scheint übrigens einen Nachnamen zu besitzen). Und schon bei der Besetzung fangen die Probleme dieser 6-Millionen-Dollar-Produktion (!) an, hören aber noch lange nicht auf.
Tommy Wiseau, der den Johnny spielt, sieht aus wie eine Mischung aus Christopher Walken und Peter Steele. Und das wirklich Einzige, das ihn für die Hauptrolle qualifiziert, ist nicht etwa sein nicht vorhandenes Talent, sein undefinierbarer Akzent plus seltsamem, gekünsteltem Lachen, oder seine einzigartigen Hühnchen-Imitationen. Nein, dass er in einem Film produced by Tommy Wiseau, written by Tommy Wiseau & directed by Tommy Wiseau den tragischen Helden mimt hat einen ganz anderen Grund (nicht nur ich vermute übrigens, dass die Story autobiographische Züge hat). Die anderen Darsteller können zwar nicht ganz mit seinem hohen bzw. tiefen Niveau mithalten, bemühen sich aber redlich ihr Schrecklichstes zu geben.

Wenn man sich dann 99 Minuten lang von dem surrealen Blumeneinkauf, ebenso unnötigen, wie peinlichen Sexszenen, unzähliger Anschlussfehler, absurden Gesprächen, jeder Menge "Footballspiele" und dem anderen meschuggenen Zeug, das einem hier so geboten wird, hat verzaubern lassen, ist die THE-ROOM-Experience noch nicht vorbei. Man wird ins Internet gehen, dort vielleicht auf den Verriss vom Nostalgia Critic stoßen (wenn man nicht, wie ich, dadurch erst von dem Film erfahren hat), auf Wikipedia mehr über die Produktionsumstände erfahren, sich über das dort beschriebene, erweiterte Ende von THE ROOM - THE GAME amüsieren, seine Lieblingsszenen auf einer bekannten Videoplattform immer wieder anschauen, und so über Interviews mit dem Master himself, Patton Oswalt Wiseau-Parodie und jede Menge ähnlichen Blödsinn stolpern.

Denn einige Zeit nach seiner Veröffentlichung kam in den USA ein Kult um diesen Film auf, inklusive nächtlicher Vorführungen bei denen auch der Produzent/Autor/Regisseur/Hauptdarsteller und andere Castmember persönlich auftreten. Und Wiseau, der sich anfangs als Auteur in der Tradition von Orson Welles sah, und glaubte, den neuen Citizen Kane abgeliefert zu haben, behauptete nun, dass alles Absicht war und THE ROOM von Anfang an als schwarze Komödie gedacht war - ein netter, aber extrem durchschaubarer Versuch.

Andere Filme aus dem so-schlecht-das-sie-schon-wieder-gut-sind-Bereich wie Plan 9 aus dem Weltall oder Das Todesschwert der Ninja haben mir nicht annähernd so viel Spaß bereitet, könnte aber auch daran liegen, dass ich sie, im Gegensatz zu THE ROOM, alleine angesehen habe.
Die Mélange aus bizarren Dia- und Monologen, seltsamen Nebenhandlungen, die genauso schnell im Nichts verschwinden, wie sie aufgetaucht sind, und dem unglaublichen Verhalten aller Beteiligten, besitzt eine einzigartige Magie, der ich mich einfach nicht entziehen konnte. Und so oft gelacht und gleichzeitig ungläubig mit dem Kopf geschüttelt habe ich auch schon lange nicht mehr.

Würde ich THE ROOM in eine Liste der besten Filme aller Zeiten aufnehmen? Ich bin doch nicht wahnsinnig! Würde ich ihn in eine Liste wie "Movies you must see before you die" aufnehmen? Auf jeden Fall!

Anyway, how is your sex life?

Den Originalkommentar findet ihr übrigens hier.

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