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Tod nach zwanzig Minuten

27.02.2017 - 01:26 UhrVor 8 Jahren aktualisiert
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Vielleicht stirbt die Passion nicht, sondern liegt nur im Koma. Vielleicht kann ich auch nicht loslassen. Wer weiß ...

Meine Inaktivität auf Deutschlands größter Filmcommunity ist nicht bloß ein trotziges, wirkungsloses Schweigen aufgrund von mangelnder Kompatibilität meinerseits mit dem vorherrschenden Content, sondern irgendwie auch ein Spiegelbild des schleichenden Sterbens einer persönlichen Leidenschaft.

Das Ausklingen von Communityprojekten, das Unterlassen von Kommentaren, sowie das Einstauben von Blogs - hier und extern - hat eine Ursache, die viel tiefer geht, auch wenn ich sie nicht mit Gewissheit orten kann. Wenn die Phasen, in denen man mal gerade keine Lust auf Filme hat, im Laufe der Jahre immer häufiger und in immer kürzeren Abständen auftreten, liegt doch etwas im Argen.

Zuerst waren es bloß die Worte, die mir ausgingen. Eine Rezension klingt wie die nächste: Die immer gleiche Auswahl von Kategorien, Adjektiven, Formulierungen. Sobald man sich dieser Erkenntnis bewusst wird, ist sonnenklar, dass Filmkritik nicht nur aufhört lesenswert zu sein, sondern auch als Produkt des eigenen, vermeintlich kreativen Geschreibsels zur sich wiederholenden und sich gegenseitig spiegelnden Struktur mit vorhersehbaren Phrasen entpuppt. Zu viel Anstrengung für bloße Kopien von Kopien von Kopien. Und so ließ ich die Tastatur ruhen.

Das mit der Anstrengung ist aber auch so eine Sache: Abgesehen davon, dass ich inzwischen dauerhaft müde bin und mehrmals am Tag fast (oder tatsächlich) überraschend einschlafe, werden die Formate, die ich am Stück ertragen kann, immer kürzer. Ein Film dauert im Schnitt 100 Minuten oder mehr. Eine Zeitspanne, die ich heute in kein anderes Medium mehr auf einmal investiere. Nach einer halben Stunde Lesen schlafe ich ein. Sitcoms und Animeserien treffen mit ca. 20 Minuten den Sweet Spot. US-Serien sind mit 40-50 Minuten schon so grenzwertig, dass ich sie immer länger vor mir herschiebe. Zweistündige Filme am Stück schauen? Mittlerweile eine Herkules-Aufgabe für mich. Manchmal geht es, ein anderes Mal nur in Etappen und häufig breche ich einfach nur ab und vergesse (oder vermeide) es, den Film je zu beenden.

Es ist der traurige Tod dessen, das mich in den vergangenen Jahren so glücklich gemacht hatte. Auf meinem Schreibtisch sammeln sich die geschenkten Kinogutscheine, weil ich Freunden und Familie generell verschweige, dass ich, der ach so große Filmfan, schon längst geistig und körperlich nicht mehr mit dem Medium kompatibel zu sein scheine.

Manchmal träume ich davon, wie ich mir die kommenden Filme meiner Lieblingsregisseure ansehe, wohlwissend, dass ich mich an Park, Refn, Nolan und Co. nicht mehr heranwage, in der Angst, dass ich ihre großartigen Filme durch Abbruch oder Etappensichtung bloß schmälern würde.

Ich bin müde. Gute Nacht.

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