Veronica Mars - High School-Noir der Extraklasse

14.06.2011 - 08:50 Uhr
Das Cast von Veronica Mars Staffel 2
CW
Das Cast von Veronica Mars Staffel 2
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Eine Teenager-Detektivin? Wie abgedroschen klingt das denn? Wider Erwarten ist Veronica Mars ein süchtig machendes High School-Drama mit blitzschnellen Dialogen, das jeder erwachsenen Krimiserie Konkurrenz macht.

Es ist ein Wunder, dass ich diese Zeilen hier überhaupt zu Stande bekommen habe. Denn sich von Veronica Mars zu lösen, erfordert ziemlich viel Selbstdisziplin. Die drei Staffeln, die es von der Serie gibt, machen süchtig. Daran sind die Season Arcs Schuld, jene Mysterien, die eine ganze Staffel umfassen, aber auch die kleinen Fälle rund um Betrug, Gier und Rache im Schulalltag. Vor allem aber wird Veronica Mars durch eine Dame zur ganz großen Show: Kristen Bell. Mein Herz für Serie geht deswegen diese Woche an den leider viel zu früh abgesetzten Highschool-Noir Veronica Mars.

Wer ermordete Lilly Kane?
Am Anfang steht ein Abstieg. Sie gehörte zur reichen Teenie-Elite im Städtchen Neptune. Doch als ihre beste Freundin Lilly (Amanda Seyfried) ermordet wird, lernt die 17-jährige Veronica Mars (Kristen Bell), was Freunde wirklich wert sind. Ihr Vater verliert auf Grund der Ermittlungen seinen Job als Sheriff, ihre Mutter verlässt die Familie und sie selbst wird aus der Clique ausgestoßen. Das erste, was wir in Veronica Mars lernen, ist, dass die Schulzeit die Hölle auf Erden sein kann. Veronica ist mittendrin. Von ihren Freunden verstoßen, ist sie zu einer sarkastischen, abgebrühten jungen Dame geworden. Sie hat allen Grund dazu, auch wenn jede weitere Erklärung hier zum Spoiler werden könnte.

Klassisch wie ein Film Noir wird Veronica Mars von Flashbacks dominiert und einem großen Ensemble an Figuren getragen. Denn Veronica hilft ihrem Dad (Enrico Colantoni) bei der Arbeit als Privatdetektiv und löst gerne mal ihre eigenen Fälle. Das reicht von skurrilen Betrugsversuchen in der Neptune High bis hin zu großen Fragen wie “Wer ermordete Lilly Kane?”. Dabei ist Veronica wie ein echter Noir-Held eine Außenseiterin, die zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen manövrieren muss. Da gibt es beispielsweise die Motorradgang der Latinos, die reichen weißen Kids, die sich zu Tode amüsieren und die Schulleitung, die zum Mikrokosmos der Highschool gehören. Sie alle sind durch ihre Machenschaften, Affären und Geschäfte miteinander verflochten. Veronica Mars, die Ausgestoßene, tanzt als einzige auf allen Parties und gehört trotzdem nirgends dazu.

It’s all fun and games till one of you gets my foot up your ass.
Doch Veronica Mars ist nicht nur eine überaus spannende Krimiserie, die ganz genau weiß, wie viele Informationen verfüttert werden müssen, um die Zuschauer an der Mattscheibe kleben zu lassen. Die Serie spielt schließlich in einer High School bzw. später einem College. Erwachsenwerden und Identitätsbildung heißen die großen Fragezeichen, vor denen Veronica und ihre Mitschüler stehen. Sie sind schwerer zu lösen, als manches Verbrechen. So beschäftigt sich die Serie von Rob Thomas mit den harten Themen wie Diskriminierung, Mobbing, der Furcht vor dem Coming Out, Vergewaltigung, sexuellem Missbrauch und ähnlichem. Das alles ist so ehrlich und lebensnah gehalten, dass die Noir-Überzeichnung und die fixen pointierten Dialoge nicht über die wahren Themen hinwegtäuschen.

Denn im Grunde ist Veronica Mars so ähnlich wie buffy–im-bann-der-damonen mit einem Zwischenstopp bei Brick. Eine Coming of Age-Serie im Genre-Gewand, die ein wortgewandtes, intelligentes und vor allem toughes Mädel als Heldin vorweisen kann. Veronica Mars hat die Schattenseiten des Lebens zur Genüge kennengelernt. Ihre harte Schale mag es manchmal anders erscheinen lassen. Doch sie ist für die Schwächeren da, immer um die Wahrheit bemüht, mag sie noch so sehr wehtun.

Wem die spannenden Fälle nicht genügen, der darf sich an den vor popkulturellen Referenzen nur so überschäumenden Dialogen erfreuen und natürlich an Kristen Bell, deren Veronica Mars eine der coolsten Frauengestalten der Fernsehgeschichte ist. Mit ihr kann ich mitfiebern, auch wenn es in meiner Schule keine Söhne berühmter Hollywood-Stars, keine Morde und nicht einmal eine Motorradgang gab. Denn Rob Thomas ist eine Serie gelungen, die die Schulzeit mit einem unsentimentalen Blick in all ihren spaßigen und grausamen Facetten ausbreitet und in Erinnerung ruft. Süchtig machen die drei Staffeln gerade auch, weil Veronica Mars nach einer Weile wie eine gute Freundin wird, eine starke, helfende Hand, die einem damals in der Pubertät gefehlt hat.

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