Warum führt Robert De Niro Selbstgespräche?

05.04.2012 - 16:50 UhrVor 13 Jahren aktualisiert
Taxi Driver
Columbia Pictures
Taxi Driver
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Besonders eine Szene des New-Hollywood-Überfilms Taxi Driver von Martin Scorsese hat sich in das kulturelle Gedächtnis eingebrannt. Robert De Niro steht vor einem Spiegel und fragt: “You talkin’ to me?”

Taxi Driver ist ein Meilenstein des amerikanischen Kinos der siebziger Jahre. In reger Erinnerung bleibt dabei nicht nur die greifbare Einsamkeit des Anti-Helden mit Mohawk-Frisur oder die phänomenale Schlusssequenz, sondern auch der buchstäbliche Knackpunkt des Films. Im Filmzitate-TÜV überprüfen wir heute ein ganz großes Gefährt. Robert De Niro fragt sein eigenes Spiegelbild: “You talkin’ to me?”

Modell
“You talkin’ to me? You talkin’ to me? You talkin’ to me? Then who the hell else are you talkin’ to? You talkin’ to me? Well I’m the only one here. Who the fuck do you think you’re talking to?”

Baujahr
1976

Karosserie … oder in was das Zitat eingefasst ist
Travis Bickle, grandios verkörpert von Robert De Niro, ist ein Ex-Marine, der mit der Anonymität der Großstadt New York nicht zurecht kommt. Einsam und schlaflos verbringt er seine Zeit in schmuddeligen Pornokinos und sucht sich eine Stelle als Taxifahrer. Auf seinen Streiffahrten durch die Nacht wird er Zeuge der Prostitution, dem Drogenhandel und der Kriminalität, die in den heruntergekommenen Vierteln an der Tagesordnung sind. Angewidert von dem, seiner Meinung nach, menschlichen Abschaum der Metropole macht er sich bereit für einen Gegenschlag. Er bastelt sich einen Mechanismus, mit dem er seine Pistole aus seinem Ärmel in Sekundenbruchteilen feuerbereit in seine Hand springen lassen kann. Mit einem erhabenen Gefühl stellt er sich vor einen Spiegel und stellt sich eine Provokation vor, der er mit den berühmten Worten und dem Zücken seiner Waffe entgegnet.

Überführung nach Deutschland … oder wie die heimische Übersetzung lautet
“Redest du mit mir? Du laberst mich an? Du laberst mich an? Kann das sein, dass du mich meinst? Du redest mit mir? Ich bin der einzige, der hier ist. Mit wem kannst du Arsch in diesem Ton reden?”
Die Übersetzung ist ziemlich direkt. Die Verwendung von “labern” ist passend, da Robert De Niro das Zitat improvisiert haben soll und somit die saloppe Wortwahl nicht nur seiner Figur angemessen erscheint. Die Übersetzung des Wörtchens “fuck” hat sich bekanntermaßen schon immer als schwierig erwiesen, weswegen die Veränderung des Sinns der letzten Zeile verständlich ist.

Profiltiefe … oder wie tiefschürfend diese paar Worte sind
Nicht umsonst ist das Zitat ein fester Teil des Wortschatzes aller Filmliebhaber. Ähnlich wie in der Schlüsselszene in Shining, in der Wendy Torrance die berüchtigten, erschreckenden Worte in der Schreibmaschine ihres Ehegatten entdeckt, ändert die “You talkin’ to me”-Szene das Bewusstsein des Zuschauers. Travis Bickle ist ein Soziopath, der kaum mit anderen Menschen interagiert, obwohl – bzw. weil – er Taxifahrer ist. In seinen Augen sind die Einwohner der zwielichtigen Stadtteile New Yorks nur menschlicher Abfall. Er wartet nur auf den Moment, in dem er provoziert wird, um sein Gegenüber in einem Showdown à la John Wayne niederzuschießen. Der Zuschauer realisiert an dieser Stelle, dass Travis Bickle ein Pulverfass ist, das kurz davor ist zu explodieren.

Alltagstauglichkeit … oder wie ich das Zitat selbst anwenden kann
Aufgrund der aggressiven Natur des Zitats passt es wie die Faust aufs Auge in allen Situationen, die zu eskalieren drohen. Wieso es nicht einem zwei Meter großen Türsteher entgegenpfeffern, wenn dieser einen nicht in einen angesagten Tanzschuppen lassen will? Eine blutige Nase sollte einem der Spaß doch wohl wert sein, oder?

Pferdestärken … oder wie viel Power das Zitat unter der Haube hat
Nun müsst ihr an den Start. Ist “You talkin’ to me?” würdig, als Klassiker unter den Zitaten zu gelten?

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