Was das Kino von True Detective lernen kann

16.04.2014 - 08:50 UhrVor 5 Jahren aktualisiert
True Detective
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Serien sind das bessere Kino? Wenn es überhaupt ein Beispiel gibt, das dieser unsäglichen Phrase Gewicht verleiht, dann am ehesten True Detective. Die HBO-Serie gemahnt tatsächlich an Stärken des Kinos, die dort mittlerweile Seltenheitswert haben.

Ab 17. April 2014 wird True Detective auch im deutschen Fernsehen zu sehen sein. Sky Atlantic HD hat die erste Staffel der Anthologieserie rund einen Monat nach ihrer US-Ausstrahlung ins Programm genommen. Als das Format im Januar seine Premiere feierte, generierte es in den USA zügig einen Hype, der selbst im ohnehin zur Aufgebrachtheit neigenden Internet ungewohnte Ausmaße annahm. Zur Halbzeit erreichte die Online-Berichterstattung um True Detective einen schon beinahe penetranten Höhepunkt, der sich an zahllosen Artikeln, Diskussionen und Spekulationen über das geheimnisvolle Crime-Drama abzeichnete.

Auch in Deutschland blieb die neue HBO-Show nicht unbemerkt, wenngleich sich der Rummel hierzulande noch in Grenzen hält. So skeptisch man der Serienkultur der letzten zehn, fünfzehn Jahre gegenüberstehen kann, so sehr muss man doch zugeben: True Detective liefert um einiges mehr, als gegenwärtiges Genrekino offenbar zu liefern imstande ist. Und das nicht allein aufgrund seiner serienformatbedingten Möglichkeiten zum ungleich epischeren Erzählen, sondern der Entschlossenheit, bestmögliches Kino im Fernsehen zu produzieren, mit ausgerechnet kinoeigenen Qualitäten.

True Detective ist natürlich nicht die erste sogenannte Qualitätsserie, die bereits auf Ebene der Besetzung den fließenden Übergang von Film und Fernsehen vollzieht, aber vielleicht diejenige unter ihnen, die entsprechende Verschränkungen ganz entscheidend zu ihrem Vorteil nutzt. Die Besetzung von Matthew McConaughey für die Hauptrolle des misanthropischen, weltverlorenen Mordermittlers Rust Cohle ist da schon mal ein ganz wesentlicher Schachzug. In dessen jüngerer Entwicklung von einer ehemaligen Leading-Man-Nervensäge dusseliger Romantic Comedies zum plötzlichen Everybody’s Darling ambitionierter Autorenfilme wie Killer Joe, Mud – Kein Ausweg oder Magic Mike bildet die HBO-Serie eine endgültige Zäsur.

Als TV-Profilierung eines stets viel zu gemacht wirkenden Kinostars, der nun endlich auch einfach nur Schauspieler sein darf, leistet True Detective der Selbstverwirklichung seines Hauptdarstellers (und übrigens auch Produzenten) Matthew McConaughey erheblichen Vorschub - oder ist zumindest dessen bislang eindrücklichste Bestätigung. Als hätte er zuletzt, mit all diesen überraschend großartigen Schauspielleistungen in zum Teil auch überraschend großartigen Filmen, lediglich auf diese eine Rolle hingearbeitet. Und sich damit auch um den Oscar für seinen Dallas Buyers Club beworben.

True Detective macht sich die Chemie zwischen seinen beiden Hauptdarstellern insofern zu eigen, als die Serie nicht nur deren dritte Zusammenarbeit markiert, sondern diese auch aus ihrem bisher allzu komödiantischen Kontext löst. Anders als in den Kinofilmen EDtv und Surfer, Dude sind Matthew McConaughey und Woody Harrelson hier nicht als munteres Brüder- oder freundschaftliches Businessgespann, sondern vollkommen konträre Ermittler der State Police von Louisiana zu sehen. Die Serie greift deren gemeinsame Erfahrung vor der Kamera auf, um zwischen ihnen eine ganz andere, von abgründigen Gegensätzen und intellektueller Dualität definierte Beziehung zu entwerfen.

Kein Film hat die Fähigkeiten dieser beiden Schauspieler bislang so anschaulich offen gelegt, wie es True Detective gelungen ist. Darüber, ob die Serie auch Woody Harrelson zu einer erhöhten Popularität, vor allem jedoch überfälligen Wertschätzung verhelfen wird, lässt sich natürlich nur spekulieren. Aber es wäre schon höchst bedauerlich, würde der spätestens nach Larry Flynt – Die nackte Wahrheit einst hoch gehandelte Harrelson in Hollywood künftig auch weiterhin lediglich Nebenrollen in Filmen wie 7 Psychos, Die Unfassbaren – Now You See Me und Auge um Auge spielen dürfen, oder gar in dystopischen Teenie-Franchises chronisch unterfordert bleiben müssen.

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