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Wolf Mountain - Historie des Versagens

06.11.2014 - 15:12 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
Kevin Costner in "Open Range", der Film, der ihm über das "Wolf Mountain"-Desaster hinweg half
Universum Film, 2003
Kevin Costner in "Open Range", der Film, der ihm über das "Wolf Mountain"-Desaster hinweg half
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Oft schon sind groß angelegte Filmprojekte gescheitert. Doch das Drama Wolf Mountain steht ohne Wenn und Aber an der Spitze des cineastischen Versagens. Wie kam es dazu, dass ein Filme mit Top-Stars und von einem renomierten Regisseur nur solch ein Desaster wurde? Hier gibt's die Antwort.

Als Eric Morrison, Mitarbeiter des Filmmagazins Empire, am 6. Mai 2010 zum Interview mit Russell Crowe ging, war er bestimmt darauf gefasst, dass der australische Darsteller als schwieriger Interviewpartner gilt, aber er war bestimmt nicht darauf gefeit, dass Russell Crowe das Interview nach wenigen Minuten erbost abbrach und sich für mehrere Stunden in seiner Londoner Suite zurückzog, um dort heftig fluchend seine Wut raus zulassen. Was war nur passiert? Nun Morrison stellte Crowe eine Frage, die ihm wahrscheinlich an einen Film erinnerte, den er liebend gerne aus seinem Gedächtnis löschen wollte: „Wolf Mountain “.

Mr. Crowe, glauben Sie an einen DVD-Release von ‚Wolf Mountain‘?

Dies war die Frage, die Eric Morrison und allen noch wartenden Journalisten den Tag versauen sollte. Doch warum? Nun, gehen wir zurück ins Jahr 1997. Der skandinavische Regisseur Lasse Hallström war gerade bei den Vorbereitungen zu seinem später Oscar©-gekrönten Film „Gottes Werk und Teufels Beitrag“, als ihm das Script „Wolf Mountain“ von Jake Justo in die Hände kam. Hallström fand es umwerfend gut und wollte es verfilmen. Nach dem Erfolg von „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ schien der Weg frei zu sein, doch bereits im Vorfeld gab es Probleme. Warner Bros., die sich die Recht am Script gesichert hatten, feuerten Autor Justo, nachdem dieser durch antisemitische Äußerungen aufgefallen war und eine Kurzgeschichte mit dem Titel „The Big Holocaust Lie“ veröffentlichte. Daraufhin engagierte Warner Bros. mehrere Ghostwriter, die etwaige antisemitische Stellen im Drehbuch von „Wolf Mountain“ entfernten sollten. Einer dieser Ghostwriter war der spätere Regisseur Paul Haggis („L.A. Crash“), der in einem Interview einst publik machte, dass das Drehbuch von Justo keine einzige antisemitische Stelle hatte, Warner das Umschreiben aber dafür nutzte, das Script massentauglicher zu machen. Regisseur Hallström missfiel dies, blieb dennoch beim Projekt, wahrscheinlich weil Warner ihn bereits vertraglich an dieses gebunden hatte.

1999 begann das Casting. Der junge Darsteller Ross Newell sollte die Rolle des Jeb erhalten, doch drei Monate später, kurz nach der Vertragsunterzeichnung, machte der in Louisiana geborenen Ross, mit seinem Freund Gabe Nettinger, einen Ausflug in die Sümpfe. Newell kehrte nie wieder zurück. Gut sechs Tage nach dem Verschwinden, wurde ein stark dehydrierter Nettinger auf einem Baum gefunden. Dieser erzählte der Polizei, dass ein Motorschaden beim Boot, die beiden zwangen zu Fuß weiterzugehen und dass Newell Opfer eines Alligatorangriffs war. Bis heute ist das Verschwinden von Newell noch nicht geklärt. Der Verdacht, dass Nettinger seinen Freund ermordete, keimte kurz, konnte aber nicht bestätigt werden. Nach Newells Tod, musste das Casting zu „Wolf Mountain“ erneut begonnen werden. Die für den Dreh zurückgestellten, finanziellen Ressourcen wurden derweil in ein anders Projekt gepumpt: Die Nachdrehs zu „Der Herr der Ringe: Die Gefährten“. Erst im Frühjahr 2002 wurden die Arbeiten zu „Wolf Mountain“ wieder aufgenommen.

Im März 2003 begannen dann die Dreharbeiten. Gedreht wurde in Utah, Minnesota sowie Wyoming. Da Warner Furcht vor Wetterproblemen hatte, wurden allerdings große Teile der Szenen, die innerhalb der Hütte oder Mine spielen, in Studios gedreht. Das Problem war nur, dass die Firmen, die die Sets an Originalschauplatzen errichten (und dabei durch einen Steinschlag ein Techniker ums Leben kam), nicht davon in Kenntnis gesetzt wurden. Das Ergebnis: zwei Sets. Alleine deshalb verschling „Wolf Mountain“ statt der geplanten 30 Millionen US-Dollar doch stattliche 78 und sorgte dafür, dass bei Warner Bros. in der Finanzabteilung einige Köpfe rollten. Diese Probleme waren aber nichts im direkten Vergleich zu der Beziehung zwischen Russell Crowe, Kevin Costner und Lasse Hallström.

Hallström, der von jeher als ruhiger und fokussierter Mensch galt, litt unter Costner, der immer wieder versuchte das Regiezepter an sich zu reißen, was mehrmals dazu führte, dass Hallström den Dreh frustriert verließ. Kameramann Tak Fujimoto, der zuvor u.a. Meisterwerke wie „Das Schweigen der Lämmer“ und „The Sixth Sense“ einfing, meinte in einem Interview mit Collider.com , dass es einmal sogar so schlimm war, dass Hallström kurzerhand zu seiner Familie nach Schweden flog, dort eine Woche blieb und Costner während dieser Zeit den Film inszenierte, wobei er penibel darauf achtete, dass seine Rolle mehr ins Zentrum rückt, als die von Crowe. Dies hatte zur Folge, dass Crowe öfters mit Costner in Streit geriet. Laut Augenzeugen teilweise so schlimm, dass Bodyguards die beiden Stars auf dem Set begleiten mussten. Fujimoto dazu:

Es gibt da eine Szene in dieser kleinen Bergstadt, in der Costner Vorräte einkauft, die er später mit Crowe auf den Karren hievt. Ich weiß noch, dass Studio rief an und meinte, wir sollten die Statisten, die um Costner und Crowe agieren, gegen ihre Bodyguards austauschen. Das haben wir dann getan. Es klingt bescheuert, aber damals war das wirklich eine ausgezeichnete Idee. Jeder Moment, in dem sich die beiden näher als 3 Meter kamen, war gefährlich. Es war keine Antipathie, es war purer Hass.

Wer nun glaubt, dass Crowe und Hallström, wegen des gemeinsamen Feindes eigentlich gut miteinander auskommen sollten, der irrt sich gewaltig. Crowe sprach Hallström meist mit den Worten „Swedish Bastard“, „Shithead“ oder „Cocksucker“ an. Warum? Nun, vermutlich hielt der damals noch sehr ungestüme und kernige Australier nicht viel, vom eher sanften, skandinavischen Regisseur. Auch soll er dem Schweden öfters böse Streiche gespielt haben. Fujimoto dazu:

Einmal kam Lasse zu mir und war kurz vorm heulen. Jemand hatte ihm in seinem Wohnwagen auf sein Bett geschissen. Wir und er wussten, wer es war, aber keine sprach den Namen aus.“ Warum dies keiner Tat? „Damals war Russell Crowe der große Gewinn für jede Produktion. Nach ‚Gladiator‘ und ‚L.A. Confidential‘ war es sicher, dass jeder Film mit ihm als Darsteller nur Gewinn machen konnte. Hätten wir gewusst, wie es mit ‚Wolf Mountain‘ endet, wir hätten Crowe sofort vom Set geschmissen.

Bevor wir weiter machen, klären wir noch eine dringende Frage: Worum geht es eigentlich in „Wolf Mountain“: Nordamerika, 1902. Der ehemalige Farmer Jeb Tasahrian (Crowe) wird vom Bürgermeister des Bergstädtchens Colton Rock beauftragt, den Einsiedler Mac Beaudry (Costner) zu beobachten. Dieser kaufte vor gut 12 Jahren, nachdem er seine Frau und seine Tochter an die Scharlach verloren hatte, eine stillgelegte Silbermine auf dem Wolf Mountain. Die Leuten hielten Mac für verrückt, denn zum einen galt die Mine als erschöpft, zum anderen verstecken sich auf dem Berg immer noch feindlich gesinnte Indianer, die allerdings nur halb so gefährlich sind, wie die immer wieder plötzlich auftauchenden Steinschläge und Gerölllawinen, die schon viele in den Tod rissen, die am oder auf dem Wolf Mountain unterwegs waren. Weil Mac für Vorräte gelegentlich nach Colton Rock zurückkehrt, ist einigen Leuten aufgefallen, dass er Silberstücke bei sich hatte. Jeb soll nun herausfinden, ob Mac vielleicht eine neue Silberader gefunden hat. Dies könnte der Gemeine zugutekommen. Jeb nimmt den Job an und findet Mac schließlich in einer kleinen Hütte. Zunächst sind die Männer sich feindlich gesonnen, doch nachdem Jeb Mac das Leben rettet, keimt eine Freundschaft auf.

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