Adam Sandler war schon immer ein großartiger Schauspieler

31.01.2020 - 15:00 UhrVor 4 Jahren aktualisiert
Der schwarze DiamantNetflix
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In Der schwarze Diamant bei Netflix belegt Adam Sandler wieder einmal, dass er ein großartiger Schauspieler ist. Diesen Beweis ist er uns allerdings schon lange nicht mehr schuldig.

Wir kennen Adam Sandler in erster Linie als irgendwie schluffigen, Zoten-klopfenden Klassenkasper, der in den 1990er Jahren mit Happy Gilmore, Billy Madison, Waterboy und Big Daddy nicht nur stinkreich wurde, sondern auch berüchtigt unter Kinogängern. Der Stand-Up-Comedian kann jedoch auch ganz anders.

Mit der Netflix-Produktion Der schwarze Diamant von den Good Time-Machern Joshua und Benny Safdie belegt der Saturday Night Live-Veteran nun um ein weiteres Mal, dass in ihm ein hervorragender Charakter-Darsteller steckt. Ein Beweis, den uns Adam Sandler in Wahrheit schon lange nicht mehr schuldig ist, führt man sich sein nunmehr fast vierzig Filme umfassendes Schaffen detailliert vor Augen.

Adam Sandler findet das Tragische im Komische und umgekehrt

Man tut dem Mann jedoch großes Unrecht an, grenzt man sein Werk auf den bisweilen vulgären Pennälerhumor der eingangs erwähnten und mit Die Wutprobe, 50 erste Dates, Jack & Jill, Der Chaos-Dad und The Ridiculous 6 fortgeführten Brachialkomödien ein. Auch aus dem Grund, weil selbst in diesen Filmen abseits der vulgären Oberfläche immerzu auf liebenswerte Art und Weise profunde Themen wie Verantwortung, Nächstenliebe und Vergebung verhandelt werden.

Das schauspielerische Genie Adam Sandlers kommt in den Momenten vollends zum Greifen, wenn sich das Tragische aus dem Komischen und das Komische aus dem Tragischen ergeben darf. Kein anderer Regisseur als Paul Thomas Anderson hat es besser verstanden, Sandler in Szene zu setzen, als er ihm das Privileg zuteil werden ließ und ihn zum Hauptdarsteller in seiner zärtlichen Romanze Punch-Drunk Love erkor.

Punch-Drunk Love

Sandlers Augen scheinen von einer geradezu naturgegebenen Traurigkeit beladen. Diese kann sich sowohl in eine bisweilen diebische Gedankenlosigkeit transformieren, die es benötigt, um der Situationskomik in Meine erfundene Frau, Kindsköpfe oder Leg dich nicht mit Zohan an den nötigen Drive einzuverleiben. Vielmehr aber zeugt diese verletzliche Bedrücktheit von der Hilflosigkeit einer verlorenen Seele, die sich auf einer schier endlosen Suche nach einem für sie geeigneten Platz in der Gesellschaft befindet.

Überfällige Imagekorrektur: Adam Sandler war nie der debile Klassenkasper

Wie in Punch-Drunk Love, in dem sich Adam Sandler als autistisch anmutender Barry Egon nicht nur über unbegründete Heulkrämpfe wundern darf, sondern auch in den Geschmack der Großartigkeit der Liebe kommen darf, waren es gerade die Auftritte, in denen er als menschliches Strandgut Eindruck hinterließ. Unvergesslich ist dabei ebenfalls seine feingliedrige Performance als Charlie Fineman in Die Liebe in mir. Darin gibt er ein vollkommen apathisches Wrack, das sich seit dem Verlust seiner Familie in die Videospielwelt von Shadow of the Colossus zurückgezogen hat.

Darüber hinaus wusste der gebürtige New Yorker in Wie das Leben so spielt, Cobbler – Der Schuhmagier, The Meyerowitz Stories und auch in Eine Hochzeit zum Verlieben wie Die Woche gegen sein Image als debiler Klassenkasper anzuspielen. Dennoch hat es Sandler bis heute nicht geschafft, als ernstzunehmender Darsteller im kollektiven Bewusstsein anzukommen. Nicht nur, weil die Filmkritik mit Vorliebe einhellig auf ihn einprügelt, sondern auch, weil es keine Ambitionen zu geben scheint, sich auf Augenhöhe mit seiner Kunst auseinanderzusetzen.

Der schwarze Diamant

Stattdessen wird sich gehässig darüber amüsiert, dass Adam Sandler einen Nominierungsrekord für die Goldene Himbeere aufgestellt hat (elf an der Zahl sind es inzwischen) und seine Filme auf Rotten Tomatoes  und Metacritic  regelmäßig mit desaströsen Durchschnittswertungen bloßgestellt werden. Dass Sandler dabei ein nahezu einzigartiges, vollkommen entfesseltes Humorverständnis an den Tag legt, welches sich gezielt modernen Sehgewohnheiten verweigert, wird weitreichend verschwiegen.

Die Hoffnung stirbt zuletzt: Späte Anerkennung als Charakterdarsteller durch Netflix?

Als treuer Befürworter Adam Sandlers scheint man indes auf verlorenem Posten zu verweilen, versucht man in Diskussionen positiv im Namen seiner größtenteils grauenhaft beleumundeten Komödien zu argumentieren. Um den Ruf von Sandler aufzupolieren, müssen also seine famosen Darbietungen zerstörter, verlassener und vergessener Individuen in jenen Dramen und Tragikomödien stärker in die allgemeine Wahrnehmung gerückt werden.

Vielleicht unterstützt hier nun die Netflix-Veröffentlichung vom heiß erwarteten Der schwarze Diamant, in dem Adam Sandler in die Rolle des spielsüchtigen Edelsteinhändlers Howie Ratner schlüpft. Sogar Hoffnungen auf einen Oscar-Nominierung in der Kategorie Bester Hauptdarsteller durfte er sich hier ausrechnen. Letztlich aber gilt: Die Verrisse der Sandler-Werke sagen oftmals mehr über den Rezensenten als über die eigentlichen Filme aus. Einen Qualitätsnachweis seines schauspielerischen Größe nämlich muss Sandler schon lange nicht mehr erbringen.

Was haltet ihr von Adam Sandler?

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