Britisches Multikulti-Kino at its best

13.06.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Auf East is East folgt nun West is West
Kool
Auf East is East folgt nun West is West
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Morgen startet West is West in den deutschen Kinos. Da neben all den Blockbustern einige kleinere Filme schnell untergehen, möchten wir euch auf die Fortsetzung von East is East aufmerksam machen. Begleitet Familie Khan in der Komödie nach Pakistan.

Bei den zahlreichen Nachrichten aus der Filmwelt gehen kleine, herzerwärmende Tragikomödien neben all den Blockbuster-Produktionen oft einfach unter. Im Sommer geht es in den deutschen Kinos ja bekanntlich etwas ruhiger zu, die großen Kinostarts erwarten uns erst in ein paar Wochen und so haben wir auch mal Zeit, uns den nicht allzu bekannten Filmen zu widmen, die in den Kinorubriken oft übersehen werden. West Is West ist so ein Film, auf den wir euch gern aufmerksam machen möchten.

East is East
Doch ehe wir uns dem neuen Film über die Familie Khan widmen können, müssen wir natürlich ein paar Worte zum Vorgänger East is East verlieren. Die Tragikomödie basiert auf einem Drehbuch von Ayub Khan-Din, das 1996 bereits in Birmingham uraufgeführt wurde. Das Spielfilmdebüt von Damien O’Donnell spielt im Jahre 1971 in Salford, im Nordwesten Englands. Im tristen Arbeiterviertel lebt die Großfamilie Khan. Georges Khan (Om Puri), das Familienoberhaupt, stammt aus Pakistan, lebt nun aber schon seit Jahrzehnten in England. Er ist Inhaber eines Fish and Chips-Imbisses und seit 25 Jahren glücklich mit Ella (Linda Bassett) verheiratet, einer Britin irischer Herkunft. Ihre sieben Kinder Nazir, Tariq, Abdul, Maneer, Saleem, Meenah und der kleine Sajid haben jedoch so ihre Probleme damit, den muslimischen Traditionen des väterlichen Herkunftslandes gerecht zu werden. In der Familie Khan geht es deshalb mehr als nur turbulent zu, denn die unterschiedlichen Lebensvorstellungen sorgen für eine Menge Konfliktpotential. Da geht es natürlich vor allem um Liebe, Sex und Zärtlichkeit, um arrangierte Hochzeiten, religiöse Rituale wie die Beschneidung und vieles mehr. Georges Kinder rebellieren, anfangs nur heimlich, doch dann spitzen sich die Ereignisse zu und es gibt kein Zurück mehr.

East is East ist ein unterhaltsamer Film, der es jedoch trotzdem vermag, das ernste Thema geschickt, angemessen und authentisch in Szene zu setzen. Besonders der kleine Sajid (Jordan Routledge), der sich gern unter seiner Fellkapuze versteckt, entzückt hier. Auf die Frage nach seinem Alter entgegnet er nur: Noch zu jung, um schon verheiratet zu werden. Doch auch der konservative George hat auch seine putzigen Seiten. Er ist kein platter Charakter, der nur als herzloser Tyrann gezeigt wird. Mit herrlichem britisch-pakistanischen Akzent schwärmt er in höchsten Tönen von Ella, seiner luvly und dem Rest seiner famly. Schriftlich ist seine Aussprache kaum darstellbar. Das müsst ihr einfach gesehen haben – am besten natürlich im britischen Original. Zu recht hat der Film Einzug in den Englischunterricht gehalten. Hier gibt es jedoch mehr zu lernen als nur die englische Sprache.

West is West
Auch in West is West lieferte Ayub Khan-Din mit seinem autobiografisch geprägten Skript die Drehbuchvorlage zum Film. Mit der Fortsetzung vom Newcomer Andy De Emmony wird erneut auf Rudyard Kiplings Ballade The Ballad Of East And West angespielt. Darin heißt es: Oh, East is East, and West is West, and never the twain shall meet. Das passt doch ganz wunderbar zum zweiten Film über die Familie Khan, der jetzt jedoch nur noch teilweise im englischen Salford spielt. Es gibt ein Wiedersehen mit den Darstellern Om Puri, Linda Bassett und Emil Marwa (Maneer). Fünf Jahre sind vergangen: Sajid (Aqib Khan), der jüngste Sohn, ist mittlerweile im schwierigen Teenager-Alter, schwänzt die Schule und macht seinen Eltern Kummer. Vater George will seinem Sohnemann eine Lektion erteilen. Im fernen Pakistan, das Sajid noch nicht einmal auf der Landkarte findet, soll der Junge die guten, alten Werte kennenlernen, auf die es im Leben ankommt. Doch der Trip in Georges Heimat wird zu einer abenteuerlichen Reise in die Vergangenheit des Familienoberhauptes, denn dort trifft George auf eine Frau, zu der er sehr lange keinen Kontakt hatte.

Britische Filme mit Blick auf fremde Kulturen
Das passt nicht auf die beiden Filme, sondern auch auf auf Kick It Like Beckham (indischstämmiges Mädchen will kicken), Four Lions (Vorsicht: Satire!), Best Exotic Marigold Hotel (Rentner in Indien) und Alles koscher! (Moslem mit jüdischen Wurzeln im Glaubenskonflikt). Die beiden Tragikomödien East is East und der Nachfolger West is West zeigen, dass das britische Kino immer noch in der Lage ist, einen amüsanten, aber doch gleichzeitig auch sehr eindringlichen Blick auf die verschwimmenden Grenzen zwischen Tradition und Moderne, Heimat und Herkunft zu werfen. Sie zeigen auf, dass der Heimatbegriff in einer globalen Welt völlig neu definiert werden muss und trotzdem greift der Zuschauer dabei nicht den ganzen Film über zum Taschentuch. Es darf auch herzlich gelacht werden. Mit viel Witz und herzerwärmendem Charme wurde East is East 1999 ein Überraschungshit und spielte sich in die Herzen der Zuschauer und Kritiker. Der Film nimmt die Migrationsthematik nicht auf die leichte Schulter. Hier wurde genau die Mitte getroffen, ohne jedoch in der Mittelmäßigkeit zu verschwinden. Wir sind gespannt, wie der Nachfolger West is West beim Publikum ankommt.

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