Chuck Norris - Von der Memme zum Meme-Gott

10.03.2015 - 09:20 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
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Wie doch die Zeit vergeht: Gefühlt gestern saßen wir noch gebannt vor dem Röhrenfernseher und bewunderten einen Roundhousekicks-verteilenden Chuck Norris, und heute wird die rotbärtige Legende schon geschlagene 75 Jahre alt. Zeit für einen Rückblick!

Chuck Norris heißt mit bürgerlichem Namen Carlos Ray Norris und wurde am 10. März 1940 in Ryan, Oklahoma geboren, was bedeutet, dass der gute Mann heute sage und schreibe 75 Jahre alt wird. Dabei mögen wir uns kaum vorstellen, dass der sympathische Rotbart nicht immer der wohl männlichste Mann aller Männer war, eine Kultfigur, zu der er insbesondere durch das Internet zu Beginn des neuen Jahrhunderts aufgebaut wurde. Denn entgegen seiner späteren Laufbahn und seiner damit einhergehenden Reputation muss Norris laut eigener Aussagen zu Teenagerzeiten ein eher unsportlicher und schüchterner junger Mann gewesen sein, der in der Schule nur mittelmäßige Leistungen erbrachte und wohl nicht gerade als amerikanischer Hoffnungsträger in Sachen Martial Arts angesehen wurde.

Die Entdeckung einer Leidenschaft

Im Jahr 1958 trat er nach seinem Highschool-Abschluss der United States Air Force bei und wurde im Jahr 1960 als Militärpolizist in Südkorea stationiert. Eine glückliche Fügung des Schicksals für den damals wenig ambitionierten Amerikaner? In Korea wurden sein Interesse und seine Leidenschaft für die Kampfsportart Tang Soo Do geweckt, für die er eisern trainierte und dabei mehrere schwarze Gürtel gewinnen konnte. Von seinen Kollegen bekam er den Spitznamen Chuck - ein Name, der zukünftig im Wörterbuch als Synonym für "mindestens drei Knöpfe offen lassen und stolz das Brusthaar präsentieren" aufgeführt werden sollte.

Nach dem Ende seiner vierjährigen Dienstzeit bei der Air Force eröffnete Norris aufgrund seines Erfolges seine eigene Kampfsportschule - es folgten Teilnahmen und Erfolge an großen Turnieren und im Jahr 1967 eine folgenschwere Begegnung, die, wie die Entdeckung des Kampfsports selbst, sein Leben verändern sollte: Denn in diesem Jahr trat niemand Geringeres als die Martial Arts-Legende Bruce Lee in Chuck Norris' Leben.

Lee verhalf Norris zu seinen ersten Filmauftritten in Rollkommando und im Jahr 1972 in Die Todeskralle schlägt wieder zu, in dem Chuck Norris als Antagonist von Bruce Lee glänzen und gleich einen der ikonischsten Auftritte seiner Karriere hinlegen durfte. Seinen charakteristischen Bart trug Norris zu der Zeit zwar noch nicht, bot der asiatischen Legende aber durchaus Paroli und sorgte für spannende Kampfszenen. Später ermutigte Schauspieler Steve McQueen Norris dazu, Schauspielunterricht zu nehmen und stärker ins Filmgeschäft einzusteigen. Ob das mit dem Schauspielunterricht allzu viel gebracht hat, darüber lässt sich streiten, doch Filme wie Invasion U.S.A. und Missing in Action sind in Fankreisen sicherlich auch nicht wegen ihrer schauspielerischen Qualitäten beliebt.

Das Internet-Phänomen Chuck Norris

Mit Walker, Texas Ranger versüßte uns Chuck Norris in den 1990er Jahren in über 200 Episoden das Leben - nicht, weil die Serie sonderlich gut geschrieben oder produziert gewesen wäre, sondern weil Chuck Norris als Roundhousekick-verteilender Texas Ranger mit grimmigem Blick für ein so dermaßen hohes Maß an unfreiwilliger Komik sorgte, dass die Serie schnell Kultstatus erreichte. Dessen war sich offenbar auch Conan O'Brien bewusst, der in seiner damaligen Late Night Show regelmäßig Clips aus der Serie zum Besten gab - von den albern inszenierten Martial-Arts-Einlagen bis hin zu zahlreichen schauspielerischen Totalausfällen war da alles vertreten.

Durch den US-amerikanischen Humoristen Ian Spector kam Norris dann endgültig bei der breiten Masse zur Geltung. Spector veröffentlichte einen Chuck Norris-Fakten-Generator im Internet sowie mehrere Bücher, die sich mehr scherz- als ernsthaft mit dem Menschen Norris auseinandersetzten. Von "Chuck Norris isst keinen Honig - er kaut Bienen!" bis hin zu "Chuck Norris braucht keine Sonnenbrille! Die Sonne braucht eine Chuck Norris-Brille!" - Die Sprüche über den scherzhaft zur übergroßen Legende aufgebauten Norris waren vielfältig und eroberten im Jahr 2005 im Sturm das Internet, das die beliebten Norris-Fakten eifrig weiter spann, womit der Texas Ranger im popkulturellen Bewusstsein als eines der ersten riesigen Internet-Memes überhaupt in Erscheinung trat. Später machte auch witzige Werbung  zum Online-Rollenspiel World of Warcraft  von der Beliebtheit Norris' Gebrauch, einen der Spots findet ihr oben.

Ein Heldenbild mit Makeln

Bei allem Witz und Fankult ist die Person Chuck Norris bei weitem nicht frei von Kritik. Der konservative Christ und Anhänger des Kreationismus vertrat in der Vergangenheit durchaus zweifelhafte und intolerante Meinungen, die er auch frei in der Öffentlichkeit äußerte. So hatte der ansonsten menschenrechtlich durchaus engagierte Schauspieler in der Vergangenheit homophobe Äußerungen an den Tag gelegt. Das ist schade und absolut inakzeptabel, aber müssen wir deswegen die Kultfigur Chuck Norris vollständig abschreiben? Keineswegs. Bei vielen Berühmtheiten müssen wir leider die privaten Ansichten vom Unterhaltungsfaktor trennen, siehe Tom Cruise mit seiner Anhängerschaft zur Scientology-Kirche und Mel Gibson mit seinen antisemitischen Äußerungen.

Private Überzeugungen hin oder her, gilt es heute, den mittlerweile 75-jährigen Chuck Norris zu ehren für seinen Arbeitswillen, für seine Hingabe zum Kampfsport, seinen unfreiwilligen Trash-Geist und ein daraus entstandenes Internet-Phänomen, das uns in seinen gigantischen Ausmaßen wohl ewig in Erinnerung bleiben wird: Danke, alter Haudegen!

Wie ist eure Meinung zu Chuck Norris?

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