Die lakonischen Weisheiten aus Miller's Crossing

09.08.2012 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Gabriel Byrne als Tom Reagan in Miller's Crossing
20th Century Fox
Gabriel Byrne als Tom Reagan in Miller's Crossing
8
5
Heute stellt sich ein Zitat aus Miller’s Crossing den unbestechlichen Augen des Filmzitate-TÜVs. Es handelt sich um eine Lebensweisheit, die Hauptcharakter Tom Regan zwar recht lakonisch von sich gibt, die es aber trotzdem in sich hat.

Modell
Kein Mensch kennt den andern … wie er wirklich ist. Oder auch: Niemand kennt irgendjemanden. Nicht auf diesem Gebiet.

Baujahr
1990

Karosserie … oder in was das Zitat eingefasst ist
Tom Reagan (Gabriel Byrne) ist die rechte Hand des irischen Mob-Bosses Leo (Albert Finney). Als solche gerät er in Miller’s Crossing in ein Labyrinth aus Loyalität, Verrat und doppeltem Spiel, da Leo im italienischen Gangster Johnny Caspar (Jon Polito) einen Rivalen hat, der Buchmacher Bernie Bernbaum (John Turturro) beseitigen lassen möchte. Bernbaum erzählt seinen Kunden nämlich von Caspars manipulierten Boxkämpfen, steht aber unter Leos Schutz. Um das Ganze noch mehr zu verkomplizieren, haben sowohl Leo als auch Tom Reagan eine Affäre mit Bernbaums Schwester Verna (Marcia Gay Harden). Nachdem einer von Leos Leuten verschwunden ist, der sie beschatten sollte, fragt Verna Tom, ob er denn wirklich glaube, sie habe jemanden ermordet; ein wenig sollte er sie doch kennen. Toms Antwort: Kein Mensch kennt den andern … wie er wirklich ist. Später im Film fragt sich Johnny Caspar, ob einer seiner Leute das Gerücht gestreut habe, Bernbaum sei noch am Leben, um Casper zu betrügen; das sähe ihm nicht ähnlich, Casper würde ihn kennen. Toms Antwort: Niemand kennt irgendjemanden. Nicht auf diesem Gebiet.

Überführung nach Deutschland … oder wie das englische Original lautet
Nobody knows anybody. Not that well. Lustigerweise wird das Original beide Male unterschiedlich übersetzt, wobei sich die Übersetzungen gewisse Freiheiten nehmen. Während der erste Teil im Original sehr weit greift – Niemand kennt irgendjemanden –, kommt die erste deutsche Version – Kein Mensch kennt den andern – ein weniger enger daher, indem sie sich fast auf eine Zweierkonstellation bezieht. Und während das Original im zweiten Teil auf nicht vorhandenes gutes Kennen abhebt, geht es auf Deutsch um das wirkliches Wesen eines Menschen. Keine großen Unterschiede, aber doch eine leichte Verschiebung der Betrachtungsweise. Bei der zweiten deutschen Übersetzung ist der erste Teil zwar 1:1 wiedergegeben, der zweite wird aber doch sehr frei und spezifisch eingedeutscht. Und die exakte Dopplung im Englischen geht durch die beiden unterschiedlichen Übersetzungen ohnehin verloren.

Profiltiefe … oder wie tiefschürfend diese paar Worte sind
Die scheinbar simplen Worte verbergen doch eine Menge Tiefsinn, gibt es doch in unser aller Leben zumindest einige Menschen, von denen wir annehmen, sie ganz genau zu kennen. Sollte jedoch tatsächlich zutreffen, was Tom Reagan in Miller’s Crossing äußert, macht uns das Zitat eines klar: Letztendlich ist es nur eine bequeme Illusion, zu glauben, wir könnten jemals wirklich wissen, was in einem anderen Menschen vor sich geht, wie er sich wohl in Zukunft verhalten wird, mögen wir ihn auch noch so lange und tiefgehend kennen.

Alltagstauglichkeit … oder wie ich das Zitat selbst anwenden kann
Wann immer euch jemand eine traurige Geschichte erzählt, wie ihn sein bester Freund/seine Freundin/sein Sohn/sein Hund oder sonst jemand durch ein nie für möglich gehaltenes Verhalten entgeistert und enttäuscht habe, könnt ihr mit Toms Zitat ganz altersweise zum Besten geben, dass euch Person XY damit nicht überrascht hätte, schließlich wisst ihr ja: Niemand kennt irgendjemanden. Nicht so gut.

Pferdestärken … oder wie viel Power das Zitat unter der Haube hat
Jetzt könnt ihr abstimmen, wie viel Pferdestärken das Zitat hat. Ist es eine tatsächlich fast universell anwendbare tiefgreifende Erkenntnis oder nur eine inhaltsleere Platitüde?

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News