Es geht doch, Netflix: Die beendete Hit-Serie Sex Education muss nach so vielen Enttäuschungen zur Blaupause für neue Serien werden

02.10.2023 - 14:15 UhrVor 7 Monaten aktualisiert
Sex Education endet mit Staffel 4 bestmöglichNetflix
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Netflix' hauseigene Hit-Serie Sex Education endete kürzlich mit Staffel 4. Inmitten des ständigen Ärgers über Absetzungen sollte der überraschend gelungene Abschluss zum Vorbild für den Streaming-Dienst werden.

Es gibt gerade viele Gründe, wütend auf Netflix zu sein. Gefühlt setzt Netflix all meine Lieblingsserien ab, ohne sie zu beenden ... oder führt nur die Serien weiter, denen ich seit mindestens 4 Staffeln den Gnadentod wünsche.

Der Frust über den Streaming-Dienst geht so weit, dass viele gar keine Lust mehr haben, neue Netflix-Serien anfangen, weil sie wahrscheinlich sowieso nicht über ihre erste Staffel hinauskommen. Allein dieses Jahr wurden über 20 Netflix-Serien unfertig abgebrochen und die Zukunft von 60 weiteren ist ungewiss. Doch zumindest mit dem Ende von Sex Education macht Netflix alles richtig.

Zwischen Serien-Frust und -Müdigkeit: Sex Education findet bei Netflix den schwierigen Mittelweg

Ob sich das Netflix-Abo noch lohnt, fragen sich in letzter Zeit viele. Denn Netflix macht es mir in letzter Zeit nicht leicht, Serien-Fan zu sein. Wenn ich mich nicht gerade der abrupten Absetzung meiner Mystery-Obsession 1899 hinterhertrauere, die ihren Mega-Cliffhanger niemals auflösen wird, quält mich die Unwissenheit zur Verlängerung meiner Lieblings-Fantasy-Serie bei Netflix.

Sex Education Staffel 4: Maeve schaut kritisch

Als Netflix vor zwei Monaten bekannt gab, dass Staffel 4 das Ende von Sex Education sein würde, war das zunächst ein Schock. Schon wieder ein plötzlicher Abschied von einer tollen Serie! Nachdem Laurie Nunns Teenie-Dramedy nun ihre letzten 8 Folgen veröffentlicht hat, entpuppt sich der vollendete Abschied allerdings als richtige Entscheidung. Denn hier gelang Netflix die Seltenheit, einen Serien-Hit im richtigen Augenblick zu beenden. Nicht zu früh und nicht zu spät.

Damit hatte der Streaming-Dienst in den letzten Jahren nicht immer Erfolg. Die Teenie-Serie I Am Not Okay With This brach nach Staffel 1 ab und spiegelt bis heute in ihrem Titel die Fan-Gefühle dazu wider. Der spanische Schul-Thriller Elite hingegen erhält nach der diesjährigen 7. auch noch eine 8. Staffel. Die Serie hat mich aber irgendwo in Staffel 5 zwischen der tausendsten Party und dritten Wasserleiche verloren.

Kurz ausgedrückt: Viele Netflix-Serien pendeln zwischen Zu-Wenig und Zu-Viel, aber Sex Education fand den perfekten Mittelweg.

Netflix' 4. Staffel von Sex Education hat das notwendige Serien-Ende rechtzeitig erkannt

Nachdem in der Vergangenheit immer mehr Sex-Education-Stars die Serie verließen, sah es zunächst so aus, als würde die Netflix-Serie den Elite-Weg wählen: die zu alt für ihre Schüler:innen-Rollen gewordenen Stars nach und nach mit frischen Gesichtern austauschen. Aber für sichtbare Veränderung innerhalb der Figuren braucht es ein gleichbleibendes Personal. Wie sonst sollten wir die Erfolge des jungen Sex-Therapeuten Otis (Asa Butterfield) bei der Aufklärung seiner Mitschüler:innen * messen?

Sex Education Staffel 4: Eric & Otis

Folglich funktioniert Sex Education nicht nach dem gleichen, endlos wiederholbaren Krimi-Prinzip, das die spanische Schul-Serie Elite so langlebig (und auf Dauer langweilig) macht.

In Sex Education findet eine Entwicklung statt. Staffel 1 stellte uns die Figuren und den außergewöhnlichen Ansatz einer Schul-Sex-Klinik vor. Staffel 2 erweiterte die Schattierungen von Sexualität und Gender. Staffel 3 zeigte, was unter einem allzu verklemmten Schul-Regime passierte. Und Staffel 4 stieß schließlich zum Ideal einer aufgeschlossenen neuen Schule vor, die andere Hürden der Diversität überwinden muss.

In dieser echten Serien-Evolution abseits eines breitgetretenen 4-Staffel-Trauerspiels à la Tote Mädchen lügen nicht gediehen die Charaktere zu vollwertigen Menschen. Sie auszutauschen, hätte diese Entwicklung unterbrochen. Weil wir sie aber vom Anfang bis zum Serien-Ende begleiten, sehen wir, wie Schul-Bully Adam (Connor Swindells) Schritt für Schritt in seine bisexuelle Identität hineinwächst und wie Maeve (Emma Mackey) ihren Weg vom Wohnwagenpark zur New Yorker Autorenschule findet.

Sex Education zeigt in Staffel 4, wie ein gelungener Netflix-Abschied aussieht

Wenn ich in Staffel 4 laut lachend dem Minenspiel von Eric (Ncuti Gatwa) beiwohne, über Aimees (Aimee Lou Wood) emotionale Intelligenz staune oder hoffe, dass Erics Mutter Jean (Gillian Anderson) die richtigen Entscheidungen trifft, hat sich in Sex Education seit Staffel 1 nichts verändert. Zumindest nicht im unverblümt-witzig-eindringlichen Tonfall, der die Serie so besonders machte. Aber die Figuren haben sich verändert, weil wir ihren Fehlern, Schicksalsschlägen und der anschließenden Reifung beiwohnen durften.

Sex Education-Versöhnung in Staffel 4: Vater & Sohn - Michael & Adam Groff

In Staffel 4 geht Erics Verhandlung seiner schwulen Identität im Widerstreit mit seiner Religion ebenso zu Herzen, wie Aimees Bewältigung ihrer sexuellen Belästigung. Wir überschreiten an ihrer Seite die sexuellen Stolperfallen des Lebens. Weil wir sie in Sex Education vom Anfang bis zum Ende begleiten, kann ihr Werdegang einen würdigen Höhepunkt erreichen. Und das gelingt der Netflix-Serie in Staffel 4. Die liebgewonnenen Figuren bis zur Rente zu verfolgen, hätte ihre Entwicklung totgeritten.

Nach dem (Schul-)Abschluss mag der Abschied von Sex Education schwerfallen. Aber wir können die Stars und ihre Charaktere guten Gewissens wie stolze Eltern in die Freiheit entlassen. Da die halbe Besetzung in Barbie mitspielt und Ncuti Gatwa der nächste Doctor Who wird, winkt ihnen bestimmt eine glänzende Zukunft.

Am Ende ist in Sex Education alles gesagt und so passiert der Abschied im gefühlten Einvernehmen von Netflix und Zuschauerschaft. Und was könnte in harten Absetzungs-Zeiten wie diesen ein besseres Netflix-Vorbild sein?

Podcast: Lohnt sich Netflix oder ist es Geldverschwendung?

In dieser Podcast-Folge stellen wir uns die Frage: Lohnt sich das Netflix-Abo noch?

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