I'm walking with the Dead

09.08.2011 - 08:50 Uhr
The Walking Dead mit Andew Lincoln
AMC
The Walking Dead mit Andew Lincoln
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Ein Herz für Kinder oder Tiere haben viele. Die Wenigsten würden ihr Herz aber Zombies schenken, dabei brauchen auch die wandelnden Toten etwas Liebe. Deshalb bekommt The Walking Dead heute mein Herz für Serie.

Ich bin Zombiefan. Nein, ich bin eigentlich sogar zombieobsessiv. Ich lese die Bücher, sehe die Filme, spiele die Videospiele und bin jedes Jahr beim Zombie Walk mit dabei, um mit den wandelnden Toten, nun, zu wandeln. Jeder braucht ein seltsames Hobby und meines sind die fleischhungrigen Untoten.

The world ended. Didn’t you get the memo?
Es sollte also niemanden überraschen, dass ich irgendwann die Comicreihe The Walking Dead von Robert Kirkman entdeckte. Diese fängt ähnlich an, wie 28 Days Later von Danny Boyle: Die Hauptfigur wacht aus einem Koma auf und die Welt hat sich in den letzten Wochen drastisch verändert. Untote, soweit das Auge reicht und ein verwirrter Protagonist, der keine Ahnung hat, was aus seiner Familie wurde. Zuerst war ich skeptisch, was den Comic angeht, da ich schon großer Fan von 28 Days Later bin und der Anfang sich doch verdächtig glich. Im Prinzip ähnelt sich die ganze Grundthematik, nur dass sie bei The Walking Dead auf die Spitze getrieben wird.

Was die Meisten nicht verstehen ist, dass es in Zombiegeschichten in erster Linie gar nicht um die Zombies geht. Nicht, wenn es nach George A. Romero, dem Ur-Vater der Filmuntoten, geht und allen, die verstanden haben, was er eigentlich wollte. George A. Romeros Schöpfungen sind sozialkritisch. Es geht nicht um die Monster, die Menschen von Außen bedrohen. Es geht um die Monster in ihnen, die durch die Extremsituation, mit der sie sich konfrontiert sehen, nach außen gekehrt werden. The Walking Dead greift diesen Grundgedanken George R. Romeros auf und verfeinert ihn, baut ihn aus, zu einem regelmäßigen, realistischen Horror, in dem die Untoten weniger zu fürchten sind als die Lebenden.

There’s us and the dead. We survive this by pulling together, not apart.
Durch das Endzeitszenario zur Zusammenarbeit gezwungen, findet sich eine kleine Gruppe Personen zusammen, die nur eines wollen: Leben. Von Frauenschlägern über Rassisten bis hin zu fremdgehenden Ehefrauen und gutherzigen Cops ist alles vertreten und muss sich zusammenraufen, um gegen die bedrohliche Schar an Untoten anzukommen. Die Gruppe ist verwirrt, planlos und weiß nichts mit sich anzufangen. Sie hoffen noch darauf, gerettet zu werden, doch diese Hoffnung schwindet mit jedem Tag. Sie klammern sich an Strohhalme, streiten sich, kämpfen miteinander und ums Überleben. Ihre Verzweiflung ist so echt, so ungeschönt, so realistisch, dass es mir immer wieder Gänsehaut verpasst. Die Menschen fühlen sich echt an.

Comicadaptionen stehe ich immer kritisch gegenüber, gerade wenn es darum geht, nicht nur ein einzelnes Werk, sondern eine ganze Reihe umzusetzen. Wenn es dann noch um einen Stoff wie The Walking Dead geht, der gerne missverstanden wird und zu einem platten Schocker gemacht werden kann, dann stehen die Zeichen noch einen Tick ungünstiger. Zumindest dachte ich das. Und ich war noch nie in meinem Leben so froh, mich geirrt zu haben. Die Macher der TV-Serie haben den Stoff verstanden, was sicher nicht zuletzt daran liegt, dass Robert Kirkman selbst als Berater, Autor und bei einer Episode sogar als Regisseur fungiert. Geboten wird nicht der x-te Aufguss von mordenden Zombies, sondern genau das, was hinter George A. Romeros erstem Film stand und bis heute gerne ignoriert oder nur sehr vereinfacht dargestellt wird: Menschen sind die wahren Monster. Um diese aus einer eigentlich gutmütigen Person herauszukehren, braucht es jedoch eine Extremsituation, die sich mit der Bedrohung durch Untote gerne findet.

So großer Fan ich auch vom Resident Evil -Franchise bin, es hat mir nie Gänsehaut verpasst oder mich noch Tage später in meinen Gedanken heimgesucht. Bei The Walking Dead ist das ganz anders. Es ist keine hirnlose Zombiesplatteraction. Es ist so, wie ich mir eine Zombieapokalypse vorstellen würde: voller normaler, verängstigter Menschen, die durch Verzweiflung an ihr Äußerstes getrieben werden.

An end to sorrow, grief, regret. Everything.
Der Name The Walking Dead steht nicht für die Zombies. Er steht für die (noch) Lebenden, die jeden Tag mit dem Tod konfrontiert werden. Nicht nur der Bedrohung von Außen, sondern auch von innen. Es gibt viele Arten zu sterben, ohne aufzuhören zu leben. The Walking Dead treibt seine Hauptfiguren an den Rand der Belastbarkeit. Die Frage, die sich immer wieder stellt, ist: Wie viel kann ein Mensch ertragen, bevor er bricht und aufhört, menschlich zu sein? Der Comic beantwortet diese Frage jeden Monat auf erschreckende Art neu und auch wenn die TV-Show erst eine Staffel lang ist, zeigt sie die Tendenz, diesen Kerngedanken verstanden zu haben. Daher sind meine Hoffnungen für die nächsten Episoden hoch.

Wenn wir es genau nehmen, dann ist The Walking Dead trotz subtilem Horror und Gore nichts für Splatterfreunde, denn sie könnten sich schnell langweilen. Wenn du dich aber für Endzeitszenarien, die menschliche Psyche und Soziologie interessierst, dann solltest du auch mal mit den Toten wandeln. Außerdem kannst du hier noch das ein oder andere lernen bis die Zombieapokalypse kommt. Denn machen wir uns nichts vor: Es ist doch nur noch eine Frage der Zeit …

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