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Ichundso schaut Doctor Who - Staffel 8, Folge 4

15.09.2014 - 10:09 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
"Well I couldn't have written it and forgotten, could I?"
BBC
"Well I couldn't have written it and forgotten, could I?"
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Das Universum ist tot. Der letzte Mensch, das letzte Lebewesen steht auf dem letzten Planeten in seinem gestrandeten Raumschiff. Und hat panische Angst davor, die Tür zu öffnen. Was versteckt sich da draußen?
Was ist es, das Rascheln unter dem Lattenrost, das Huschen über den Bodendielen, der Schatten in der Nacht... Die Angst eines Kindes vor dem Monster unter dem Bett ist wahrscheinlich die bekannteste Kindheitsangst überhaupt und inspirierte bereits How-To-Guides , Hollywood-Filme und einige großartige Calvin & Hobbes-Strips . Aber es gibt nur eine einzige Person, die uns wirklich Aufschluss darüber geben kann, was es ist, das sich da nachts unter die Matratze schleicht, und die ist 2000 Jahre alt, hat zwei Herzen und seit neuestem einen schottischen Akzent. Auch den Doctor lässt diese Sache nicht los. Aber gibt es wirklich eine Antwort auf die Frage? Oder landen wir am Ende nur wieder am Bett eines kleinen Kindes mit Angst vor der Dunkelheit? Es gab schon hunderte Monster in Doctor Who. Dieses ist wie keines zuvor.

Im Kopf des Doctors (Peter Capaldi) ist eine Idee gereift, die ihn in seinen einsamen Stunden umtreibt: Was, wenn wir nie wirklich allein sind? Was wenn jedes Lebewesen einen ständigen Begleiter hat, so gut versteckt, dass wir ihn nie bewusst wahrnehmen? Clara (Jenna Coleman), die gerade ein wenig fruchtvolles Date mit ihrem Kollegen Danny Pink (Samuel Anderson) hinter sich hat, sieht das Ganze etwas weniger dramatisch und sorgt sich sogar etwas um den Geisteszustand ihres Reisegefährten. Aber dieser ist unbeirrt und macht sich zusammen mit ihr auf die Suche nach dem Ursprung eines Albtraums aus Claras Kindheit, von einer Hand, die von unter dem Bett nach dem Bein greift. Er will nachsehen, ob sich damals tatsächlich etwas unter dem Bett versteckt hat.

Doch stattdessen landen die beiden zunächst in der Kindheit von Claras Date Danny und schließlich am Ende des Universums, wo sich ein gestrandeter Zeitreisender namens Orson Pink mehr schlecht als recht häuslich eingerichtet hat. Und an beiden Orten scheint sich etwas zu verstecken, gelangt jedoch ungesehen davon. Und während des Fluchtversuchs aus der zusammenstürzenden Basisstation krallt sich die TARDIS erneut an die Zeitlinie der falschen Person. So findet sich Clara in einer Scheune wieder, die wir schon einmal in The Day of the Doctor gesehen haben. Ein kleiner Junge weint unter der Bettdecke. Clara versteckt sich unter dem Bett und als der Junge aufstehen will, greift sie unwillkürlich nach seinem Bein. Die Geschichte nimmt ihren Anfang. Vielleicht war nie irgendein Monster unter dem Bett. Nur ein Freund, der helfen wollte. Clara verlässt den Jungen, kehrt in ihre Zeit zurück und steht wieder vor Dannys Haustür. In den Schlussmomenten erfahren wir, was sie dem Jungen mit auf den Weg gegeben, und was sie bei ihm gelassen hat.

“It wasn't improving or good for you, it just wanted to scare the crap out of you. It was the bad boy of children's television.“ So äußerte sich Steven Moffat einmal im Guardian  über die frühen Jahre von Doctor Who. Und bei allen Modernisierungen und Veränderungen, diesem Ziel ist er immer treu geblieben. Wenn Doctor Who eines kann, dann ist es Kinder traumatisieren, und niemand beherrscht diese Kunst wie Steven Moffat. Durch sein Schaffen zieht sich das Motiv der Wahrheit gewordenen Kindheitsfurcht, von Schulkindern, die bei schlechten Noten an eine Bestie verfüttert werden über eiskalte mörderische Kindermädchen und gruselige Statuen, vor denen man sicher ist, solange man nicht für auch nur eine Sekunde seine Augen schließt... Dank ihm fürchten wir uns vor Gasmasken, Schatten, Rissen in der Wand, unserer eigenen Erinnerung und mittlerweile sogar WLAN.

Was ist es also diesmal? Monster unter dem Bett? Oder einfach alles, was existiert? Das scheint zumindest in den ersten 35 Minuten von Listen der Fall zu sein. Die Szene unter Ruperts Bett ist ein kleines Meisterwerk an Low-Budget-Horror und auch eine leichte Abwandlung der kürzesten Horrorgeschichte  der Welt ("Der letzte Mensch der Erde saß einsam in einem Raum. Es klopfte.") tut mehr als nur ihren Job, jedes Rückenmark in Eiswasser zu tauchen. Und doch: Gerade als man glaubt, Moffats Monster-Rezept durchschaut zu haben, dreht der Showrunner den Spieß um. Denn gerade in der Bekanntheit der Idee, der Vertrautheit der Geschichte, liegt der Hund begraben.

Als Doctor Who-Zuschauer ist man darauf konditioniert, dem Doctor seine Theorien abzunehmen, wie abwegig sie auch klingen mögen. Klar, natürlich ist da ein Monster unterm Bett. Wieso auch nicht? Steven Moffat nutzt seinen eigenen Folgenkatalog als Referenz, um uns den größtmöglichen Bären aufzubinden: Dass da überhaupt jemals etwas in der Dunkelheit war. Für jedes einzelne Phänomen, für jedes Geräusch, jede Bewegung findet sich im Dialog der Folge eine rationale Erklärung: „So is it possible we just saved that kid from another kid in a bedspread?“, „it's a pressure lock - releasing it could trip the opening mechanism“, „that's probably just the rest of the air escaping“, et cetera. Die Informationen waren alle da. Wir haben nur nicht zugehört ("Listen!").

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