Ist die Crowdfunding-Kritik an Zach Braff unfair?

08.10.2014 - 10:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Zach Braff in seinem Kinoregiedebüt Garden State
Buena Vista / Miramax
Zach Braff in seinem Kinoregiedebüt Garden State
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Mit millionenschwerer Unterstützung seiner Fans wollte Zach Braff einen Film ganz nach eigenen Vorstellungen drehen. Den spöttischen Einwand, Crowdfunding sei für ihn und eine Produktion wie Wish I Was Here nicht gedacht, findet er unangemessen.

Nein, nein, nein! Ich bin ja nicht arm. Um Geld zu betteln, obwohl man es hat, wäre unehrlich. Schließlich könnte ich immer noch meine Häuser verkaufen.

(Regisseur John Waters auf die Frage,  ob er schon einmal über Crowdfunding nachgedacht habe)

Leicht hat es Zach Braff wirklich nicht. Erst musste der durch Scrubs - Die Anfänger zum Multimillionär avancierte Serienstar einen "typischen" Studiodeal zur Finanzierung des Films Wish I Was Here abblasen, um die Fortsetzung des Box-Office-Hits Garden State lieber via Kickstarter von seinen Fans bezahlen zu lassen. Und dann hagelte es für diesen superdemokratischen Service auch noch gleichermaßen "unfaire wie uninformierte" Kritik. Während seiner europäischen Kinotour also, auf der Zach Braff den Film endlich einem gespannten Publikum vorstellen durfte, holte er sogleich zum 1A-selbstbesoffenen Rundumschlag aus. Ganz plötzlich sei er in die Pflicht eines Erklärungsbedarfes geraten, sagte der Produzent, Drehbuchautor, Regisseur, Schauspieler und nicht zuletzt auch Grammy-prämierte Sortierer radiotauglicher Soundtracks in Zürich. Warum zum Beispiel jemand wie er einen solchen Film nicht auf traditionelle Art habe finanzieren können. Und überhaupt sei Wish I Was Here ja immer schon als "spaßiges Kunstexperiment" gedacht gewesen.

Das hätten die nörgelnden Presseheinis daher nun wirklich bedenken können: Jene drei der eigentlich geplanten zwei Millionen US-Dollar, die Zach Braff als großen Dienst am Autorenkino per Schwarmfinanzierung organisieren ließ, galten spaßiger Filmkunst! Mehr noch: einem Wagnis, das sich zuvor nicht nur bereits beim ähnlich hochexperimentell ermöglichten Warner-Kinofilm Veronica Mars als maximal risikolos erwies, sondern das die Leute auch zu Kickstarter bringe, um vielleicht andere Projekte zu unterstützen. Da kann einen die kritische Nachfrage natürlich schon mal aus der Bahn werfen, wo doch alle "Fakten", über die Zach Braff laut eigener Auskunft nun ständig "debattieren" müsse, von vornherein auf dem Tisch lagen. Wish I Was Here also: ein Kunstexperiment, für mutmaßlich sechs Millionen US-Dollar produziert, vertrieben von Distributionsgrößen wie Focus Features oder Wild Bunch. So unabhängig, wie ein Hollywoodfilm von einem Hollywoodstar heute nur sein kann. Nicht zu vergessen: spaßig.

So weit, so mimosenhaft. Mangelnde Fairness finde ich in ausgesuchten Fällen völlig okay, aber uninformiert möchte ich besser nicht sein. Ich schaue mir das Kickstarterpamphlet  deshalb noch einmal genauer an. Für sein Werben um Unterstützung nannte Zach Braff vier wesentliche Gründe, die das Crowdfunding-Projekt legitimieren sollten.

Erstens: das Recht auf einen Final Cut, auf die autorisierte Schnittfassung des Films also, ohne etwaige Zugeständnisse oder zu berücksichtigende Forderungen der Produzenten. Obgleich die Filmgeschichte ebenso reich ist an Beispielen verunglückter Studiofassungen wie aus dem Ruder gelaufener Director's Cuts, lässt sich der Anspruch auf die finale Version eines Films im Hollywoodkontext nur als Privileg bezeichnen. Ein grundsätzlich sicherlich wünschenswertes, das schon – wenn auch kompromissbereites künstlerisches Arbeiten noch einmal ganz besonders interessante Ergebnisse befördern kann. Zach Braff, in der Industrie bislang bestens eingerichtet, hat dieses Privileg indes für einen Film genutzt, der genau wie Garden State rundum zu üblichen Bedingungen gefertigt scheint, von narrativen oder ästhetischen Experimenten – auch, äh, spaßigen – ist der gefallsüchtige Wish I Was Here zumindest weit entfernt. Das Recht auf den Final Cut bei Abgabe eines letztlich konventionell gestrickten und zur massenhaften Auslieferung an Multiplexe bereitstehenden Resultats – fragwürdig, einigermaßen.

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