John Carpenter ist der Meister des abseitigen Mainstreams, der Autorenfilmer des Trashs, der Visionär des Horrorfilms. Auch wenn es um den Regisseur schon längere Zeit still geworden ist, verspüren wir bis heute den Nachhall seiner Filme aus den 70er und 80er Jahren.
Gerne verweisen Kritiker, namentlich Frank Schnelle, darauf, dass Carpenter keine gesellschaftspolitischen Botschaften mit seinen Filmen artikulieren wolle, dass er ein unpolitischer Regisseur sei, der ein reines, unmittelbares Kinoerlebnis beabsichtige. Weit gefehlt! John Carpenter ist ein großer linker, ideologiekritischer Regisseur und das seit Beginn seiner Karriere.
1974 kam sein Anti-Kubrick Dark Star in die Kinos. Alles Sakrale und Metaphysische bleibt bei dieser Weltraumodyssee außen vor. Carpenter bekennt sich zu einem erkenntnistheoretischen wie dialektischen Materialismus und beharrt gerade in der Schwerelosigkeit auf Erdenschwere, ja, auf alltägliche Trivialität: „Wie wäscht man eigentlich seine Unterwäsche in einem Raumschiff?“. In The Fog – Nebel des Grauens von 1979 entlarvt er den Gründungsmythos eines beschaulichen Städtchens. Der mörderische, vom Meer kommende Nebel ist jedoch kein mystisches Symbol, sondern die Materialisierung eines historischen Unrechts, das nun unerwartet aufsteigt und seinen Tribut fordert. Sein 1988 erschienener Film Sie leben! richtet sich offensiv gegen die neoliberale Ronald-Reagan-Ära, deren Vertreter wie Außerirdische mit menschlichem Antlitz die USA oligarchisch regieren. Die Ideologiekritik ist ein heikles, ein kompliziertes Unterfangen; doch auch hier kann Carpenter Komplexität in Form einer Sonnenbrille konkret materialisieren, ohne banal zu werden. Der Held aus Sie leben! sieht durch eine Sonnenbrille die Welt hinter den herrschenden Ideologien: Auf den Geldscheinen prangt in Wahrheit die Sentenz „Das ist euer Gott“ und Kulturindustrie und Werbung wollen nur eines: „Schlaft weiter!“. Steht diese Sonnenbrille nicht paradigmatisch für Carpenters aufklärerisches Kino?