South Park, Scientology & der Sinn von Satire

29.10.2011 - 08:50 Uhr
Nicht jeder versteht Satire
Comedy Central
Nicht jeder versteht Satire
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Es gibt Themen, die erfordern eine weitreichendere Betrachtung, um sie korrekt einordnen zu können – und geht einem schon mal die Galle über. So auch diese Woche wieder, weshalb nun ein wenig geätzt wird.

Es gibt Gruppierungen, für die das Wort “zwielichtig” schon nicht mehr ausreicht. Scientology ist wohl die bekannteste Bewegung, die ihre kruden Ansichten in die Welt hinausposaunt. Dass sich dahinter nicht nur Spinner verbergen, die gegenseitig ihre Thetan-Stufen messen, sondern eine höchstkriminelle Vereinigung, wurde vor kurzem erst wieder deutlich. Aber nicht nur diese Sekte hat den Sinn von South Park nicht verstanden, sondern auch annehmbare Religionsgemeinschaften tun sich damit schwer.

Der Aufreger der Woche behandelt diesmal die offensichtliche Humorlosigkeit religiöser oder pseudoreligiöser Vereinigungen, wenn die Satire ihnen ans Bein pinkelt.

Humor ist nichts für jeden
Trey Parker und Matt Stone werden mittlerweile dran gewöhnt sein, dass irgendwer sich irgendwie an South Park stört. Humorlose Muslime gingen auf die Barrikaden, als eine Mohammed-Karikatur auftauchen sollte, ein radikaler Islamist drohte den beiden Schöpfern der Serie sogar mit Vergeltung. Aber auch Christen fühlten sich schon auf die Füße getreten. Und überhaupt wird jede Glaubens- oder sogar Nicht-Glaubensrichtung in der kontroversen Sendung durch den Kakao gezogen – und damit eben auch Scientology, die es Trey Parker und Matt Stone ja auch wirklich leicht machen, sie zu verulken. Doch wie wir diese Woche mal wieder erfahren haben, versteht Scientology da keinen Spaß und agierte offenbar wie in “besten” Zeiten des Kalten Kriegs, indem der Freundeskreis von Trey Parker und Matt Stone in Rattenmanier unterwandert und ausspioniert wurde.

Satire? Kann man das essen?
Das klingt wie ein schlechter Spionagekrimi aus füheren Zeiten, ist aber wohl bittere aktuelle Realität. Dass Scientology eh nicht mehr alle Nadeln an der Tanne hat, dürfte keine Neuigkeit sein. Aber es geht ja weit über diese Gruppe von Hubbard-Anhängern hinaus. Die Sekte befindet sich mit ihrem Aufschrei in erlauchtem Kreis. Glaubensgemeinschaften allerorten fühlen sich von South Park dumm von der Seite angemacht, empfinden die Karikaturen als blasphemisch, die Darstellungen als Verletzung ihrer religiösen Gefühle. Was dort und an anderen Stellen wohl noch nicht angekommen ist: Satire darf nicht nur (scheinbare) Grenzen überschreiten, sie muss es! Diese Art Humor beruft sich auf Grundrechte, die in einer Demokratie hochgehalten werden. Dass Scientology damit offenbar ein Problem hat, ist nicht überraschend, denn wo diese Organisation ideologisch zu verorten ist, dürfte bekannt sein. Aber darf sich eine Religion wie beispielsweise das Christentum, das Teil demokratischer Gesellschaften ist, so offensichtlich gegen die bedeutsamsten Errungenschaften freiheitlicher Kultur positionieren?

Die Aussage interessiert nicht
Relativierung ist hierbei sicherlich angebracht: Im Fall der christlichen wie der muslimischen Gegner von South Park kam der Aufschrei nicht von höchster Instanz, sondern von kleinen Gruppierungen, die bestimmt nicht repräsentativ für alle Gläubigen stehen. Es gilt jedoch anzuzweifeln, dass die Kirchenoberen große Freunde von South Park sind. Dabei scheint wohl kaum jemand je ernsthaft den Versuch unternommen zu haben, South Park zu verstehen. Diese Serie legt den Finger in die Wunde, macht aufmerksam auf Missstände – und nimmt dabei jeden ins Visier, nicht nur religiöse Personen. Aber anstatt auf die Aussage zu achten und zu berücksichtigen, dass diese Satiresendung radikal durch alle Kulturkreise veralbert, letztlich aber in den meisten Fällen eine relativ einfache wie allgemeingültige humane Botschaft besitzt, wird immer die jeweilige Episode rausgepickt, die angeblich ach so fies und respektlos ist.

Vielleicht wäre es mal an der Zeit, dass sich die Angesprochenen nicht wie Tom Cruise in der Scientology-Folge von South Park zurückziehen und fluchen und heulen, sondern sich Gedanken darüber machen, wie sie mit den Hinweisen, die ihnen in der Serie gegeben werden, umgehen könnten. Von einer Sekte, die von einem erfolglosen Science-Fiction-Autor gegründet wurde, können wir das wohl nicht erwarten. Wir wollen aber hoffen, dass anerkannte Weltreligionen mehr draufhaben und es dazu irgendwann mal keinen Aufreger der Woche geben muss.

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