Val Lewton – Schrecken im Schatten

15.05.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
War da was? Bei Val Lewton kommt das Grauen auf leisen Sohlen daher.
Studiocanal
War da was? Bei Val Lewton kommt das Grauen auf leisen Sohlen daher.
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Schritte in einem einsamen Park. Ein Weinen in einem verlassenen Turm. Schatten an der Wand eines menschenleeren Schwimmbades. Aus solchen Zutaten mischte Produzent Val Lewton seine Horror-Mixtur und perfektionierte die Kunst der Andeutung.

In der letzten Woche ging es um die Monsterfilme aus dem Hause Universal. Während bei diesen zeitweilig fast schon im Minutentakt ein Untier aus dem Dickicht sprang, um sich ein ahnungsloses Opfer zu schnappen, gingen die Gruselfilme aus dem King Kong-Studio RKO-Pictures einen anderen Weg: Hier waren es vor allem Vorzeichen, Andeutungen und Symbole, die den Schauer heraufbeschworen. Unheilvolle Schatten, Halb-Gesehenes, eigentlich ganz harmlose Geräusche sorgten für Gänsehaut und Herzrasen bei den Zuschauern. Verantwortlich für diesen Horrorfilmzyklus von neun Filmen in nur fünf Jahren der 1940er war mit Val Lewton ein Mann, der ebenfalls in den Schatten verblieb, anstatt im Rampenlicht zu stehen. Offiziell trat er nur als Produzent und teilweise Ko-Autor in Erscheinung, sein Einfluss prägte jedoch unverkennbar jeden einzelnen der Filme. Vor seiner Zeit beim Film war Lewton als Romanautor tätig, wobei er es hier nicht nur bei Andeutungen beließ: Sein größter Erfolg kam aus dem Pulp-Genre, zudem schrieb er auch einen pornografischen Roman.

Zwar fanden sich auch bei Val Lewton gängige Horror-Themen wie Tiermenschen, Zombies, Geisterschiffe oder Vampire, und eine Fortsetzung gab es ebenfalls, all das jedoch stets auf ganz eigene Art: Mit originellen Drehs in der Handlung, wohlplatzierten Szenen voller bedächtig eingesetzter Schocks und Spannung, unheilverkündenden Liedern und Voice-overs. Die Schrecken wurden in homöopathischen Dosen statt mittels Dauerinfusion verabreicht, wodurch sie umso stärker wirkten. Die schreienden Titel bekam Lewton oft vom Studio vorgegeben, der flüsternde Inhalt trug seine ganz eigene Handschrift.

Lewtons Filme waren – auch aus Budget-Gründen – nicht von monströsen Schreckgestalten in aufwendigen Masken bevölkert, die durch verwunschene Bergdörfer, verfallene Schlösser oder neblige Friedhöfe eines Fantasie-Europas schlurften. Sie spielten zumeist in der Neuen Welt: im New York der 40er-Jahre, in Neu-Mexiko oder auf einer Karibik-Insel. Das Grauen kam jedoch oft aus der Alten Welt hinüber. Auffallend häufig standen Frauen im Mittelpunkt der Geschichten – oder Boris Karloff. Oft widmeten sich die Filme dem gequälten Innenleben der Protagonisten, die ihren Platz in der Welt nicht fanden.

Katzenfrauen und Leopardenmänner
So ist die serbische Modedesignerin Irena (Simone Simon) in Katzenmenschen davon überzeugt, sich bei sexueller Erregung in eine mordende Raubkatze zu verwandeln, da sie von Teufelsanbetern abstamme. Nun in New York, heiratet sie trotzdem den Ingenieur Oliver (Kent Smith), möchte ihm aber aus Angst vor ihrer Verwandlung nicht nahe kommen. Statt detaillierter Verwandlungsszenen gibt es sparsam eingesetzte Verfolgungs-Sequenzen im Zwielicht, bei denen die Bedrohung nie greifbar wird, sondern Schritte (oder ihre Abwesenheit), Schatten und Raubtiergeräusche Figuren wie Zuschauer auf die Folter spannen. Trotz aller ominösen Andeutungen ist auch lange Zeit nicht klar, ob Irenas Befürchtungen berechtigt sind. Eine Verwandlung ist jedoch unübersehbar: Je weiter der Film voranschreitet, desto mehr weicht Irenas Ängstlichkeit einem entschlossenen, bedrohlichen Verhalten.

In Val Lewtons einziger Fortsetzung, The Curse of the Cat People, bricht er abermals mit Konventionen. Anstatt das gleiche Geschehen nur aufzuwärmen, wird das Thema der Isolation aus einem anderen Blickwinkel betrachtet: Das stets tagträumende kleine Mädchen Amy (Ann Carter) freundet sich mit Irena an. Doch haben sich hier zwei Seelenverwandte gefunden, oder stellt Irena eine Bedrohung für Amy dar? Im Mittelpunkt steht hier ganz die Weltsicht eines kleinen Kindes, für die die Erwachsenen nicht allzu viel Verständnis aufbringen.

Ebenfalls mit der Angst vor Raubkatzen spielt The Leopard Man. In einem Neu-Mexikanischen Dorf ist ein Leopard entkommen, und schon bald werden etliche Bewohnerinnen getötet. Aber ist wirklich das Raubtier Schuld? Ebenso subtil wie effektvoll werden die Tode der Frauen, die doch eigentlich Großes vorhatten, inszeniert, wobei besonders ein Ableben vor einer geschlossenen Tür erschauern lässt: Panische Schreie lassen dem Zuschauer die Haare zu Berge stehen und ihn fast selbst aufspringen, um die Tür zu öffnen. Am Ende bleibt jedoch nur eine Blutlache, die ins Zimmer hereinsickert.

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