Wie Crowdfunding Iron Sky zum Fliegen bringt

20.02.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Iron Sky wurde u.a. durch Crowdfunding finanziert
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Iron Sky wurde u.a. durch Crowdfunding finanziert
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Euch fehlt es im Kino an Originalität? Ihr wollt, dass abgefahrene Projekte finanzielle Unterstützung finden? Dann solltet ihr mit Hilfe des Crowdfundings selbst Hand anlegen, wie der heiß erwartete Streifen Iron Sky vormacht.

Verfolgen wir die vorwiegend im Internet stattfindende Betrichterstattung, könnten wir das Crowdfunding für eine Wunderwaffe halten, die selbst die Space Nazis in Iron Sky beeindrucken dürfte. Der skurrile finnische Streifen feierte letzte Woche im Rahmen der Berlinale Premiere, kommt im April in die deutschen Kinos und darf sich auf ein langes Leben als Hauptprogrammpunkt der Filmabende dieser Welt gefasst machen. Das besondere an Iron Sky sind jedoch nicht die Nazis, die auf dem Mond wohnen, oder Sarah Palin als US-Präsidentin. Das hervorstechende Merkmal des satirischen Genrefilms ist seine Finanzierung. Die Produktion von Iron Sky wurde teilweise durch Fans gestemmt, welche von den Filmemachern über das Internet mobilisiert wurden.

Was ist Crowdfunding?
Beim Crowdfunding wird ein Projekt nicht durch einige wenige Investoren finanziert, sondern durch die breite Masse. Deswegen ist diese “Schwarmfinanzierung” auch ein klassisches Produkt des Internetzeitalters. Durch Kampagnen wird in der frühen Phase eines Projekts auf speziell eingerichteten Internetseiten oder Plattformen wie kickstarter und mySherpas eine möglichst große Aufmerksamkeit generiert. In der Regel gibt es ein Finanzierungsziel, das bei Stromberg: Der Film beispielsweise 1 Million Euro umfasste, bei den meisten Projekten aber wesentlich geringer ausfällt. Im Gegensatz zur klassischen Spende verspricht Crowdfunding eine Gegenleistung. So werden für kleinere Beträge DVDs, signierte Poster und ähnliches versprochen, bei höheren winken Nennungen im Abspann, Mittagessen mit den Beteiligten oder Anteile am Einspielergebnis.

Die Belohnungen sind der Kreativität der Macher überlassen, suggerieren aber stets eines: Du bist Teil dieses Films. So können sich Investoren von Stromberg – Der Film über Zertifikate ihrer Teilnahme freuen und, haben sie genügend bezahlt, kleine Nebenrollen in der Verfilmung der gefeierten TV-Serie übernehmen. Da ist es nicht überraschend, dass der Abspann von Iron Sky nur so überquillt vor Danksagungen. Crowdfunding wird deswegen vielfach als demokratisches Finanzierungsmodell beworben, bei dem die Macher sich nicht den Anforderungen einzelner beugen müssen und die Fans kleine oder große Rädchen im Getriebe einer Filmproduktion werden können.

Wie die Nazis fliegen lernten
Bereits 2008 machte das Projekt Iron Sky von sich Reden, als der Aufruf zur Finanzierung, gepusht von Concept Art und mehr, durch das Internet säuselte. Von Space Nazis auf dem Mond war die Rede. Nicht zuletzt diese ungewöhnliche Kombination ließ Iron Sky im Hinterkopf vieler Leser haften und einige öffneten ihren Geldbeutel für die Produktion. Etwa 10 Prozent der 7 Millionen Dollar teuren Produktion wurden in der Folge mit dem Crowdfunding-Modell gesammelt. Außerdem durften die Fans online Vorschläge einbringen, was das Crowdfunding mit Ansätzen des Crowdsourcing kombiniert, wie es etwa bei Wikipedia praktiziert wird. Ein Nebenprodukt dieser Jahre andauernden Kampagne ist hervorragende Werbung. Seit 2008 ist der Streifen mit den Mondnazis in Filmcommunities Thema und das, obwohl die Dreharbeiten damals noch nicht einmal begonnen hatten. Belohnt wird das Marketing nun mit einem Kinostart, statt einer DVD-Auswertung.

Die Crowdfunding-Kampagne für Stromberg – Der Film sorgte ebenfalls für Aufmerksamkeit, immerhin wurde innerhalb von einer Woche 1 Million Euro von Fans investiert. Iron Sky oder Stromberg sind in der Welt des Crowdfundings jedoch Ausnahmen. Denn für Millionenbeträge ist diese Art von Finanzierung eigentlich nicht ideal. Nur in den seltensten Fällen lässt sich schließlich so viel Aufmerksamkeit für ein Projekt generieren, das noch in der Drehbuchentwicklung steckt. Am meisten dürfte Crowdfunding für die wirklich kleinen Filme bringen. Beträge von 25.000 Euro entscheiden da, ob ein Streifen überhaupt zu Stande kommt und das ist nicht immer der Fall. Von den 15 deutschen Filmprojekten, die zwischen Mai 2010 und April 2011 eine Crowdfunding-Kampagne starteten, erreichten nur fünf das geplante Finanzierungsziel (Quelle: SZ).

Der Mond ist aufgegangen
Crowdfunding ist kein Allheilmittel. Ein Film, der mit einem haarsträubendem Trashkonzept aufwartet oder eine bekannte Serie als Basis nutzt, hat natürlich bessere Chancen als ein künstlerisch ambitioniertes Projekt, das für Filmförderanstalten ebenso wenig attraktiv ist. Es kommt beim Crowdfunding schließlich darauf an, die Idee zu verkaufen und kreative Kampagnen in die Wege zu leiten. Dafür bieten sich kurz und bündig erklärbare High Concept-Ansätze (Nazis auf dem Mond!) eher an, als vor Komplexität strotzende Kunstfilme. Die deutsche Produktion Hotel Desire bestätigt diesen Eindruck. Beworben wurde der Film nämlich mit einer einfachen Tatsache: In den 45-Minüter haben die Schauspieler (u.a. Clemens Schick) echten Sex. Prompt sammelte das “porneografische” Werk 170.000 Euro durch Crowdfunding ein. (Quelle: Der Spiegel) Soviel Glück war einem anderen Berlinale-Film, Electrick Children, nicht beschieden. Der Jugendfilm konnte bei der Plattform Kickstarter.com nicht genügend Fans mobilisieren, doch immerhin kam darüber der Kontakt zu einem Produzenten zu Stande.

Das Crowdfunding ist sicher nicht das Allheilmittel des Independent-Films. Je höher das Finanzierungsziel, desto eingängiger muss die Idee aussehen und verkauft werden. Statt des Produzenten oder studio heads will nun die Masse überzeugt werden. Auch dürfte nach Iron Sky und der steigenden Beliebtheit des Modells die Grenze zwischen Marketing-Coup und notwendiger Finanzierung immer weiter verschwimmen. Doch gerade Low Budget-Filme können durch die demokratisch fundierten Investitionen die entscheidende Hürde vor der Realisierung nehmen. So bricht das Crowdfunding schrittweise die Barrieren zwischen Zuschauern und Filmemachern ein und das Internet wird zum Hort der filmverrückten Marktschreier.

Was denkt ihr: Ist Crowdfunding ein Finanzierungsmodell mit Zukunft?

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