30 Jahre nach Forrest Gump: Tom Hanks durchlebt ab jetzt eine außergewöhnliche Zeitreise, die viel besser ist als ihr Ruf

13.12.2024 - 10:02 Uhr
Here läuft ab dieser Woche in den deutschen Kinos
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Here läuft ab dieser Woche in den deutschen Kinos
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Tom Hanks, Robin Wright und Robert Zemeckis haben 30 Jahre nach Forrest Gump einen außergewöhnlichen Film gedreht, der durch die Zeit reist. Here läuft jetzt im Kino und lohnt sich mehr, als die Kritiken glauben lassen.

Kitschig, beschönigend und bahnbrechend war Forrest Gump, als er 1994 in die Kinos sprintete und diese Merkmale treffen auch 30 Jahre später noch zu. Man liebt diesen Film oder man hasst ihn und manchmal auch alles gleichzeitig.

Jetzt haben Tom Hanks und Regisseur Robert Zemeckis wieder einen gemeinsamen Film gedreht und das ist nicht alles: Robin Wright, deren gequälte Jenny dem süßlichen Historien-Speedrun damals die notwendige bittere Note verliehen hatte, ist ebenfalls dabei. Ergebnis ist die Comic-Verfilmung Here, die seit dieser Woche in den deutschen Kinos läuft.

65 Millionen Jahre Geschichte im Here und Jetzt

Ein Robert-Zemeckis-Film ohne einen genialen/grenzdebilen technischen Kniff wäre kein Robert-Zemeckis-Film, ob er nun Tom Hanks in Dokumentaraufnahmen auf John F. Kennedy treffen lässt oder 65 Millionen Jahre Geschichte mit nur einer Kameraeinstellung erzählt. Letzteres geschieht in Here. Das Konzept geht auf die gleichnamige Graphic Novel von Richard McGuire zurück und wird in Here für einen Hollywood-Film erstaunlich konsequent umgesetzt.

Die feste Kameraeinstellung blickt auf einen von Dinosauriern bewohnten Landstrich zur ausgehenden Kreidezeit. Vom Himmel regnet es Gesteinsbrocken, dann wandelt sich das Bild, springt durch 65 Millionen Jahre, bis Indigene über diese paar Quadratmeter Wald stromern. Mehrere Jahrhunderte weiter saust der Film, und das Fundament eines Hauses wird errichtet. Ein Wohnzimmer entsteht vor unseren Augen.

Hauptfiguren kristallisieren sich im Wandel der Zeit: Al (Paul Bettany) zieht nach dem Zweiten Weltkrieg mit seiner Frau Rose (Kelly Reilly) in dieses Haus. Sein Sohn Richard (Tom Hanks) kommt hier seiner zukünftigen Ehefrau Margaret (Robin Wright) näher. Das "Zuhause" entwickelt sich für sie zu einem zwiespältigen Ort, einem des Glücks, der Nostalgie, aber Gemütlichkeit kann auch Grenzen setzen und Träume ersticken.

Das Konzept des Films mit Tom Hanks ist radikal

Wir werden als Publikum in der Ecke abgestellt und schauen zu, wie die Bewohner:innen und innenarchitektonischen Modeerscheinungen vorbeifliegen. Das Konzept lässt sich so lapidar erklären, aber formal ist Here einer der radikalsten Hollywood-Filme der letzten Jahre. Da Robert Zemeckis kein Slow Cinema-Regisseur, sondern ein geborener Unterhaltungskünstler ist, findet er natürlich Bewegung in der Statik.

Die Menschen kämpfen mit ihren Berufsentscheidungen und Lebensentwürfen, aber ihren Bildern sind keine zeitlichen Grenzen gesetzt. Dank Splitscreens und Comic-ähnlichen Montagen schauen wir eben noch auf ein beiges 60er-Jahre-Heim mit Schwarz-Weiß-Fernseher und in der nächsten Sekunde auf den Vorgarten von Benjamin Franklins Sohn. Eine Zeitebene bricht die andere auf, verdrängt sie, und wird dann selbst ersetzt. Das Hier in Here, so lernen wir schnell, ist ein Schichtsalat aus Schicksalen, Tränen und Gelächter. Robert Zemeckis futtert sich mit filmischer Inbrunst da durch.

Here ist viel besser als sein Ruf – trotz Schwächen

Zemeckis und Co-Autor Eric Roth adaptierten nicht nur die Story der Graphic Novel, sondern auch ihre Erzählweise. Darin ähnelt Here Ang Lees famosem Marvel-Abstecher Hulk, der Action und Charakter-Momente mit Comic-Stilmitteln aufgepeppt hatte. Wie beim grünen Hühnen fallen die Kritiken für Here allerdings negativ aus. In den USA wurde der Film regelrecht abgewatscht , als hätte man nur darauf gewartet, endlich wieder auf einem gescheiterten Technik-Experiment von Zemeckis herumhauen zu können.

Schaut euch den Trailer für Here an:

Here - Die besten Jahre deines Lebens - Trailer (Deutsch) HD
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Die Kritikpunkte stechen ins Auge, allen voran in die etwas untoten Äuglein einer per KI-Engine verjüngten Robin Wright. Bei ihr hinterlassen die Effekte unangenehmere Spuren, als es bei ihrem Filmehemann Tom Hanks der Fall ist.

Andererseits ist das gesamte Konzept von Here dermaßen konstruiert, dass "Realismus" als Kriterium sowieso in die Irre führt. Es ist eine Hollywood-Fabel mit fantastischen Ausmaßen und Ambitionen, die sich wie ein naiver Held eine absurde Aufgabe aufhalst – à la Forrest Gump, könnte man sagen.

Dabei unterscheidet sich Here in einem entscheidenden Detail vom großen Vorgänger: Forrest rannte durch die große Geschichte. In Here fließt das Leben unspektakulär dahin. Geburt und Tod könnten fast schon austauschbar sein, wäre da nicht die Erzählweise. Diese stilisiert das Geschehen, als würde sich die größte – die einzige – Geschichte aller Zeiten vor uns ausbreiten: kitschig, bahnbrechend, bitter und einzigartig.

Here läuft ab dem 12. Dezember in den deutschen Kinos.

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