7 Fragen an ezemeze

01.12.2013 - 08:50 UhrVor 11 Jahren aktualisiert
Oh wouldn't it be great if I was crazy? Then the world would be okay.
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Oh wouldn't it be great if I was crazy? Then the world would be okay.
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Diese Woche bringen die 7 Fragen Bären, Affen und andere Tiere mit, die das Kinoerlebnis mal versüßen, mal zerstören, und beinhalten das wahrscheinlich beste Pro für einen Film mit den Supernasen… ever!

Macht das Handy aus und legt die Nagelschere weg, es ist 7-Fragen-Sonntag! Unser heutiges Fragebogenopfer ezemeze liefert uns eine Liebeserklärung an das Kino, an all die Welten, die es uns schenkt, und all die Erfahrungen, die es uns ermöglicht – oder eben auch nicht, denn wo der Himmel des Kinos ist, ist die Hölle des Kinopublikums nicht weit… Den Fragebogen hierzu gibts übrigens kostenlos, ohne Vertrag oder Prepaidkarte, und garantiert phosphatfrei, im Gegenzug für eine kleine Nachricht an Kängufant…

Was ist deine erste Erinnerung an Film, Kino oder Fernsehen? Womit fing alles an?

Das war 1988. Mein erster Film im Kino war Der Bär von Jean-Jacques Annaud. Für mich war das damals ungewohnt, mit fremden Leuten in einem relativ leeren dunklen Raum diesen wirklich eindrucksvollen Film zu sehen, der war für einen 6jährigen stellenweise doch sehr heftig. Das Sterben der Mutterbärin, die vom Bär zerfetzten Pferde der Jäger, die aufgefeilten Patronenkugeln, das viele Blut. Über den anfänglichen Schock bin ich dann doch hinweggekommen und bin als Kind gerne in die Nachmittagsvorstellungen gegangen.

Das prägende Bild von Kino das ich davon immer noch im Kopf habe ist der dunkle Raum und der Lichtkegel des Projektors, der über die Sitzreihen hinwegleuchtet. So ein bischen wie die Einstellung in 12 Monkeys als sich Bruce Willis und Madeleine Stowe im Kino verstecken. Später hab ich dann auch angefangen manche Filme mehrmals zu sehen, wenn die mich wirklich geflasht hatten und ich das nötige Geld dafür hatte. Ich war damals dreimal in Stargate und dreimal in Waterworld. Und ja: das Sternentor würde ich auch gerne benutzen, und den Trimaran würde ich auch gerne Segeln! Ich liebe immer noch Filme, die meine Phantasie beflügeln.

Welcher Film, welche Serie hat dein Leben verändert? Was war danach nie wieder so wie vorher?

American Beauty von Sam Mendes. Weil ich das erste Mal richtig ergriffen war von der Brillianz und Genialität und absoluten Tiefe dieses Films. Ich war, nachdem ich ihn gesehen hatte, wirklich sprachlos und konnte nur das Wort „Wow“ immer wieder wie eine Gebetsmühle wiederholen. Er beschreibt einfach punktgenau, schnörkellos und einfach die menschliche Existenz in westlichen Industrienationen. Komplexe Sachverhalte einfach auszudrücken, ist ein Zeichen von wahrer Intelligenz. Da hab ich, glaub ich, das erste Mal wirklich bewusst wahrgenommen, wie genial Film sein kann.

Von da an hab ich mehr und mehr Interesse an Film gewonnen und mein Wissen um Film langsam ausgebaut. Mit Wissen um Film meine ich, dass ich Filme gesehen habe. Ich habe mich nicht in die Theorie der verschiedenen Genres eingelesen, so mache ich das nicht. Ich schaue Filme, und wenn einer mir gefällt, frage ich mich warum er mir gefallen hat und falls nich, auch warum eben nicht. Da kann man für sich selbst auch viel heraus ziehen.

Dann bin ich dazu übergegangen Filme nach Regisseuren zu sehen und nicht mehr nach den Schauspielern, die im Film mitspielen. (Das war ein großer Sprung für mich und hat mich erkenntnismäßig weitergebracht.) Ich versuche, den Informations-Merchandise-Overkill vor einem Film möglichst gering zu halten, es reicht, den Trailer zu sehen der einen meist eh schon in die Irre führt. Ich versuche, zuviel Info vor einem Film zu vermeiden, weil es meine Sicht der Dinge beeinflusst oder auch vorkonditioniert, und weil ein Film primär für sich selbst stehen muss und nicht dafür, welcher Regisseur, welche Schauspieler, welche Produktionsfirma etc. für ihn verantwortlich zeichnen. Ich finde es wichtig, so uneingenommen wie möglich einen Film zu sehen, und dann später evtl. ein Making-Of drüber zu sehen und mit sich selber abzugleichen, ob man es genauso empfunden hat, wie es z.B. der Regisseur oder der Schauspieler im Interview interpretiert hat. Das ist spannend.

Herr Verteidiger, Sie haben das Wort: Welcher Film, welche Serie hat, deiner Meinung nach, eine viel zu schlechte Bewertung auf moviepilot?

Der Film Piñero von Leon Ichaso. Ich mag biographische Filme und lese am liebsten Autobiographien. Mich interessiert, wie Leute denken, nicht was andere Leute, über Leute, über die sie schreiben, denken. Man muss an die eigentliche Quelle gehen, wenn das möglich ist. Im Fall von Pinero ist der Regisseur mit dem Biographierten befreundet gewesen, und hat mit ihm vorher am Set von Miami Vice gearbeitet. Und diesen Film finde ich extrem gelungen, er hat eine durchschnittliche Bewertung von 5,2 was ich dem Fakt schulde, dass der Film und der Biographierte so gut wie unbekannt sind in Deutschland. (Soviel ich weiß, ist der Film nur im DVD-Verleih, aber nicht im Kino gewesen). Es geht um den puertoricanischen Streetpoetry-Künstler Miguel Pinero, der im New York 70er in der Lower East Side lebt und arbeitet, und an sich selbst zu Grunde geht.

Ich habe bis jetzt keinen anderen biographischen Film gesehen, den ich so gut fand. Unglaublich intelligent und einfühlsam wird beschrieben, was es ist und ausmacht, Künstler zu sein. Das Projekt ist nicht auf Zelluloid, sondern auf MiniDV gedreht, was aber überhaupt nicht auffällt, da der Film einen einfach nur in seinen Bann zieht und viele universelle Fragen zu Kultur, Leben, Sucht, Kreativität, sexueller Orientierung und ethnischer Identität in der Diaspora usw. aufwirft. Strukturell ist er fragmentarisch, und der Zuschauer formt aus den narrativen Mosaiksteinen dann alles zusammen. Die bis jetzt immer noch beste Rolle von Benjamin Bratt, in der er einem zeigt, wie gut er als Schauspieler sein kann, und Talisa Soto ist auch die Wucht. Der Soundtrack mit südamerikanischer Musik ist ebenfalls wunderbar. Leute mit Faible für das New York der 70er Jahre, für die Vorläufer der HipHop Kultur und für den Vibe der damaligen Ära , (vgl. Carlito’s Way mit Al Pacino), sind mit dem Film bestens bedient, und die 10€ für die DVD sind hervorragend angelegt. Ich hab ihn schon zigmal gesehen und er bleibt einfach gut.

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