Wie es eine einzelne Szene schaffte, meine komplette Sichtweise zu verändern.
Es war noch früh. Zu früh um an einem Sonntagmorgen ins Kino zu gehen. Das Residenz-Kino in Köln zeigt im Rahmen seiner FILMKLASSIKER-Reihe "Lawrence von Arabien" und ich fragte mich, warum ich nochmal die Karten dafür gekauft hatte.Als Kind habe ich den Film bis zum Erbrechen geguckt, ist er doch einer der Lieblingsfilme meines Vaters. Somit haben wir ihn immer und immer wieder geschaut und ich konnte ihn einfach nicht mehr sehen. Es gab Zeiten, da sorgte alleine die Erwähnung des Titels für ein kaltes Schütteln bei mir.
Nun stand ich also hier am frühen Morgen und bereute meine Entscheidung schon, wollte mir aber nichts anmerken lassen um einen Freund, der mich begleitete und den Film gerne sehen wollte, nicht abzuschrecken. So schlimm wird es schon nicht werden, dachte ich mir und setzte mich in den Kinosessel. Immerhin konnte man die Beine hochlegen. Und dann ging es auch schon los.
Die Kinosaal wurde in ein tiefes Wüsten-Rot getaucht und die ersten Paukenschläge der Filmmusik von Maurice Jarre dröhnten über die Lautsprecher. Ich stutze. Den Anfang hatte ich gar nicht so imposant in Erinnerung. Skeptisch war ich aber nach wie vor.
Doch nach genau 13 Minuten und 48 Sekunden kam die Szene, die mein gesamte Sichtweise auf diesen Film veränderte.
Officer P.T. Lawrence bläst mit einem verschmitzten Lächeln auf den Lippen ein Streichholz aus. Es folgt ein harter Schnitt. Die Wüste im Morgengrauen. Sonnenaufgang, begleitet von einem Crescendo unangenehmer Musik. Dann plötzlich die "Explosion" der Szene. Ein langsam übergleitender Bildwechsel in eine andere Wüstenszenerie, diesmal eine bergige. Weit hinten in der Ferne sieht man zwei winzige Reiter auf Kamelen die Hügel erklimmen. Die Musik indes erreicht im berühmten "Theme" ihren Höhepunkt.
Ich war wie weggeblasen. Etwas derartiges hatte ich noch nicht im Kino gesehen. Kein "Avatar" und auch kein "Inception" konnten mir bisher so etwas bieten. Hier waren keine Computereffekte am Werk, hier war alles echt. Die Weite der Wüste, die pompöse Breite des Bildes und die Figuren der Szenerie. Der Film hatte mich ab diesem Moment vollkommen in seinem Bann. Ich wurde hinein gesogen in schiere Unendlichkeit der arabischen Wüste, spürte die Hitze der Sonne auf meiner Haut und war empört, als die Betreiber des Kinos es wagten, nach knapp zweieinhalb Stunden die planmäßige Pause durchzuführen. Ich wollte hier nicht raus, ich wollte nicht aus der Illusion gerissen werden, selbst in der Wüste zu sein.
Der Film hat nach dieser noch viele weitere grandiose Szenen, wie die Einführung Omar Sharifs, die Erstürmung Akabas oder die Rettung des verlorenen Kameraden aus dem Glutofen der Welt. An alle erinnere ich mich gerne, jedoch schafft es keine mir beim bloßen Gedanken an sie, eine solche Gänsehaut zu verpassen, wie ich sie beim Sonnenaufgang in der Wüste hatte.
Mittlerweile habe ich meinen Frieden mit diesem Meisterwerk der Filmgeschichte mehr als gemacht und gucke ihn mir immer wieder gerne an. Jedoch wird es nie wieder so wie im Kino sein, nie wieder so wie damals, als ich Seite an Seite mit Lawrence von Arabien durch die Wüste ritt.
Und deswegen ist dieser unvergessliche Moment mein liebster Kinomoment.
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Denk daran: Stimme ab für Deutschlands Lieblingskino 2017!
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