Aus hunderten Kinobesuchen in den unterschiedlichsten Kinos habe ich einige meiner schönsten Erinnerungen mitgenommen und dabei ein ganzes Meer aus Tränen vergossen, von Herzen gelacht, vor mich hin gegrinst, mitgefiebert, mich schockieren und begeistern lassen. Und doch kann ich einen Abend aus all diesen Besuchen herauskristallisieren und ihn zu meinem schönsten Kinomoment küren: die Silvester Preview zu La La Land.
Seit Monaten hatte ich diesen Film sehnlichst erwartet. Als ich von der Möglichkeit erfuhr ihn fast zwei Wochen vor dem offiziellen Kinostart in Deutschland zu sehen, wusste ich, dass mich kein Hindernis davon abhalten würde. Und es gab einige. Zu allererst musste ich meine Freundin davon überzeugen mich zu begleiten. Nach schwierigen Verhandlungen bekam ich schlussendlich ihre Zustimmung. Also fuhren wir eine Stunde und zwanzig Minuten über die Autobahn. Wobei ein Loch im Beifahrerfußraum unseres kleinen Nissan Micras dafür sorgte, dass meine Füße - trotz voll aufgedrehter Heizung - zu Eis gefroren. Doch diese schmerzliche Kälte vermochte meine Euphorie nicht zu trüben.
Schwieriger wurde es hingegen, als wir das Kino in der fremden Stadt nicht fanden. Das Navigationsgerät schickte uns immer wieder im Kreis durch die Innenstadt von Bamberg und der Zeitpuffer, den ich für solche Fälle eingeplant hatte, schwand langsam dahin. Schließlich bestand ich darauf auszusteigen und Passanten anzusprechen, die zwar ortsansässig waren, aber dennoch nicht helfen konnten. Sie wollten uns zu einem großen CineStar schicken, doch wir suchten ein winziges Lichtspiel. Gemeinsam mit den Passanten liefen wir die Straße entlang und fanden tatsächlich - nur drei Häuser weiter - eine kleine Tür mit einem noch kleineren Schild für den Eingang zu unserem Kino.
Ich ging alleine herein, während meine Begleitung in ein angrenzendes Parkhaus fuhr. Ein schmaler Gang führte mich in eine Bar, die gleichzeitig als Kinokasse fungierte. Der spärliche Raum war völlig überfüllt, als wäre ich statt in ein Kino mitten in ein Kneipenkonzert geraten. Ich konnte kaum zum Tresen vordringen, um meine Karten zu bestellen. Überall tummelten sich Menschen und es sprudelte der Champagner, denn das Tagesangebot bestand zur Feier der Silvesternacht aus edlem Schampus und feinen Lachshäppchen.
Bei diesen Massen fürchtete ich, die Vorstellung wäre so gut wie ausverkauft und mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich endlich an die Reihe kam. Strahlend hielt ich die Karten in den Händen. Doch es blieben nur noch fünf Minuten bis zum Einlass und meine Begleitung war noch immer nicht angekommen. Bei der Lautstärke im Raum, eingequetscht zwischen Menschen, meinen Wintermantel über dem Arm, Getränke, Karten und mein Portmonee in den Händen, versuchte ich kläglich zu telefonieren.
Es stellte sich heraus, dass der Ausgang des Parkhauses in eine völlig andere Straße führte und sich meine Freundin verlaufen hatte. Wieder versuchte sie Passanten nach dem Weg zu fragen, doch auch diese schickten sie in Richtung des falschen Kinos. Also lief ich heraus auf die Straße und rief nach ihr, hoffend sie würde mich hören und meiner Stimme folgen. Verzweifelt schaute ich mich um, zitterte zähneklappernd in der Kälte, doch genau in diesem Moment geschah ein Wunder. Meine Freundin bog um die Ecke und eilte auf mich zu.
Nach einer überschwänglichen Begrüßung liefen wir schleunigst herein und kamen gerade noch rechtzeitig zum Einlass. Als wir eintreten durften, schienen wir durch die Zeit zurück in einen Kinosaal des letzten Jahrhunderts teleportiert. Ein nostalgischer Zauber lag auf dem kleinen Saal. Trotz der freien Platzwahl und des großen Andrangs bekamen wir die perfekten Plätze in der Mitte des Raumes. Kuschelige rote Sessel empfingen uns, während an der Rückseite der Sitzreihe vor uns eine kleine Tischplatte angebracht war, auf der wir bequem unsere Getränke abstellen konnten. Wir mussten noch einige Minuten warten bis alle ihre Plätze eingenommen hatten, bevor sich der Saal verdunkelte. Und der Film begann, zum ersten Mal in meinem Leben ganz ohne Werbung.
Nach all den Hindernissen, die wir überwunden hatten, wurden wir wahrlich belohnt. Schon die Anfangsszene riss den ganzen Kinosaal in seinen Bann. Es folgte eine bunte Liebesgeschichte, die tief ins Herz traf. Musik, die bewegte. Bilder, die faszinierten. Ein Musical, das sprudelte wie der Champagner in den Gläsern der Zuschauer. Und ja, ich habe gegrinst, gelacht, geweint, mitgefiebert und wurde über alle Maßen begeistert. Meine Füße haben gewippt und getanzt wie bei keinem Film zuvor. La La Land entfaltete sich zum schönsten Feuerwerk der Nacht!
Als der letzte Ton des Abspanns verklang, verließen wir das Kino in Hochstimmung. Da mich sonst zum Jahreswechsel eine bittersüße Melancholie überkommt und das Ende des Films eine ähnliche Stimmung vermittelt, war ich von meinem eigenen Enthusiasmus überrascht. Doch der nachwirkende Effekt dieses Meisterwerks besiegte jede Bitternis mit überwältigender Süße. Auf dem Heimweg diskutierten wir über all unsere Eindrücke und beobachteten von der Autobahn aus das vormitternächtliche Feuerwerk in den angrenzenden Städten und Dörfern.
Dieses magische Silvesterfest, diese schillernde Vorpremiere, strahlt als mein liebster Stern am Firmament aller Kinomomente.
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Denk daran: Stimme ab für Deutschlands Lieblingskino 2017!
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