Afrikanischer Film? Gibt’s das überhaupt? Der botswanische Film Die Götter müssen verrückt sein aus dem Jahr 1980 stellt wohl die absolute Ausnahme eines erfolgreichen afrikanischen Films dar. Jeder von uns kennt Filme, die in Afrika spielen und die meisten werden Jenseits von Afrika kennen, die Romanverfilmung mit dem Dreamteam Meryl Streep und Robert Redford. Oder Nirgendwo in Afrika, Caroline Links Publikumserfolg. Zu nennen wären auch neuerer US-Produktionen, die politische Themen vermehrt in den Vordergrund stellen, wie Hotel Ruanda, Der ewige Gärtner, Blood Diamond oder Der letzte König von Schottland. Doch aus Afrika stammen diese Filme allesamt nicht.
Nun präsentiert das Haus der Kulturen der Welt in Berlin-Tiergarten einen Monat lang Filme, die aus Afrika stammen. Das Festival des neuen afrikanischen Kinos wird heute abend von Bundespräsident Horst Köhler eröffnet und mit dem guinesischen Film Il va pleuvoir sur Conakry von Cheick Fantamady Camara eingeleitet. Es wird von Lesungen, Diskussionen, Musik und Parties begleitet. Filme aus Kamerun, Südafrika, Guinea und vielen anderen afrikanischen Ländern bieten ab heute Einblick in die Werke junger afrikanischer Regisseure und die Geschichte des afrikanischen Films. Ein Besuch von Africa Screens könnte mit den Klischees aufräumen, die wir europäischen Zuschauer seit Jahrzehnten im Kopf haben, wenn wir an Afrika denken.
Denn nicht zu unrecht wurde Filmen, die in Afrika spielen, immer wieder Rassismus vorgeworfen. Afrika-Filme aus den 1930er und 1940er Jahren des 20. Jahrhunderts bedienten sich regelmäßig zeitgenössischer rassistischer Klischees. In Tarzan, der Affenmensch von 1932 beispielsweise verteidigt Jane ihren Helden: “Aber er ist weiß!”. Daraufhin wird nicht er von den westlichen Glücksrittern massakriert, sondern ein paar hässliche Wilde, welche die Überlegenheit des weißen Mannes leichtsinnigerweise in Frage gestellt hatten. Viele Filme, welche an Schauplätzen in Afrika spielen, wurden tatsächlich in Kulissen in Hollywood oder Europa gedreht, so. z.B. Casablanca.
Auch der deutsche Fernsehfilm entdeckte Afrika bereits sehr früh und erhob den Kontinent zum Schauplatz romantischer Sehnsüchte und der Abenteuerlust. Mein Traum von Afrika, Das Traumhotel Afrika, Momella Eine Farm in Afrika, Eine Liebe in Afrika, Afrika, mon amour, Mein Herz in Afrika, Afrika, wohin mein Herz mich trägt, Kein Himmel über Afrika, Der weiße Afrikaner – so lauten, wenig kreativ, die Titel der zumeist fürs öffentlich-rechtliche Fernsehen produzierten Filme.
Der Journaliste Martin Wolf analysiert im Spiegel das klischeebehaftete Afrikabild, welches dem westlichen Zuschauer oftmals vorgegaukelt wurde. Africa Screens wiederum zeigt den afrikanischen Blick auf Afrika. Das Neue afrikanische Kino zeichnet sich dadurch aus, dass darin nicht mehr Antagonismen wie weiß-schwarz, Europa-Afrika etc. bedient werden, sondern neue Themen zum Tragen kommen. Wer sich für postkoloniale Theorien, Nollywood und Négritude interessiert oder einfach nur neugierig darauf ist, was das afrikanische Kino zu bieten hat, dem sei ein Besuch dieses einzigartigen Festivals ans Herz gelegt.
Das gesamte Programm gibt es auf der Seite des HKW zur Einsicht. Der Eröffnungsfilm ist Il va pleuvoir sur Conakry aus Guinea.