Jetzt bei Amazon Prime Video: Einer der besten Coming-of-Age-Filme, den viel zu wenige kennen

28.01.2025 - 07:48 UhrVor 2 Monaten aktualisiert
Hana and Alice
Toho
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Einen der schönsten Coming-of-Age-Filme der 2010er Jahre hat Amazon Prime Video jetzt im Abo enthalten. Viele haben vermutlich noch nie von ihm gehört.

Indie-Darling Shunji Iwai hatte eigentlich nichts mit Anime am Hut. Auf erste Erfolge mit seinem Immigrantendrama Swallowtail Butterfly folgten zwei sehr unterschiedliche Coming-of-Age-Filme: Das ebenso experimentelle wie aufwühlende All About Lily Chou-Chou und das sanfte Teenagerinnen-Porträt Hana and Alice von 2004. Alles sehr weit entfernt von fantastischen Otaku-Welten.

Elf Jahre später präsentierte Iwai, der allmählich auch international ein Begriff war, das dazugehörige Prequel The Case of Hana and Alice und fand einen genialen Weg, seine beiden damaligen Teen-Darstellerinnen Anne Suzuki und Yu Aoi erneut zu beteiligen: Rotoskopie, das Animieren über Live-Action-Material. Das Ergebnis ist einer der schönsten Jugendfilme der jüngeren Vergangenheit, den durch die überraschende Inklusion bei Amazon Prime Video * nun noch mehr Leute entdecken können.

The Case of Hana and Alice bei Amazon Prime Video: Coming-of-Age vom Ausnahmeregisseur

Beide Hana und Alice-Filme sind Momentaufnahmen einer authentisch wirkenden Mädchenfreundschaft. So etwas wie eine Handlung raschelt jeweils im Kleinen, aber dafür sind wir nicht hier. Vielmehr fühlt es sich nett und sogar nostalgisch an, Zeit mit den beiden Titelfiguren zu verbringen und diese manchmal verschwenderisch verstreichen zu lassen wie an einem Nachmittag ohne Hausaufgaben. Dass ein erwachsener Mann das alles zu Papier und Film gebracht hat, überraschte höchstens im Fall des Realfilms Love & Pop von Evangelion-Regisseur Hideaki Anno noch etwas mehr.

Während der Realfilm über Hana und Alice von Freundschaft, einem schulischen Liebesdreieck und einer hanebüchenen Amnesie handelt, dreht sich The Case of Hana and Alice tatsächlich um eine Art "Fall". Nachdem Alice mit 14 in eine neue Schule kommt, erfährt sie von einem Judas genannten Jungen, der unter mysteriösen Umständen ums Leben gekommen sein soll. Bei ihren Nachforschungen lernt die Neue schließlich Hana kennen, die mehr über das Mysterium wissen soll.

Meine Mutter sagt immer: Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird – und am Ende gibt es auch hier eine recht banale Erklärung für die vermeintliche Hexerei. Das könnte Plotversessene enttäuscht zurücklassen, trägt aber viel wichtiger zum Charme der jugendlichen Naivität bei, die dieser Film wie ein großzügiger, vermutlich leicht defekter Rasensprenger aussprüht.

Vor den Kopf stieß The Case of Hana and Alice vor allem aber eine ganz andere Gruppe ...

The Case of Hana and Alice als Anti-Anime

Animationsfilme und -serien aus Japan werden heute allgemein als Anime bezeichnet, was früher ein etwas abfälliger Begriff für weniger angesehene TV-Produktionen war, der von japanischer Animation als Kunstbegriff abgegrenzt wurde. Der Animationsfilm von Hana und Alice scheint sich selbst jenseits dieses Diskurses zu bewegen. In etwa so, wie niemandem beim kunstvollen Experimentalfilm Die Tragödie der Belladonna einfallen würde, ihn als Anime zu bezeichnen. Außer vielleicht, um einen Punkt bezüglich der Vielfalt japanischer Animation zu machen.

Da der Film aber über dieselben Vertriebswege wie allgemeingültige Animes unter die Leute kommt, wird The Case of Hana and Alice hin und wieder von Purist:innen des Mediums kritisiert – weil er eben nicht richtige Animation sei, weil er nur ein Slice of Life-Geschichtlein statt großem Abenteuer erzähle, weil die Animation schief aussehe. Dabei ist die wackelige, Proportionen verlierende, fast schon expressionistische Ästhetik kein Bug, sondern ein Feature, das die Ungewissheit des Heranwachsens unterstreicht.

Hier der Trailer zu The Case of Hana and Alice:

The Case of Hana & Alice - Trailer (English Subs) HD
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Im Interview mit dem britischen Label All the Anime  offenbarte Regisseur Iwai, wie ihn der amerikanische Rotoskopie-Künstler Ralph Bakshi (Cool World, Der Herr der Ringe) dazu inspirierte, einer der wenigen Japaner in diesem fast vergessenen Animationsbereich zu werden und warum ihm die Machart entgegenkam:

Es war mir wichtig, Live-Schauspielende einzusetzen, da ich es gewohnt bin, Realfilme zu drehen. Anstatt also zu versuchen, jede Bewegung zu erklären, damit die Animatoren sie zeichnen können, war es für mich einfacher, die Bewegung und die Szenen gemeinsam mit den Schauspieler:innen zu erstellen und diese dann in Animation umzuwandeln.

Eines des der wenigen anderen Rotoskopie-Projekte aus Japan ist die kurzlebige Serie Aku no Hana - Die Blumen des Bösen, die wenige Jahre vor dem animierten Abenteuer von Hana und Alice erschien. Ein ebenfalls brillantes, aber ausgesprochen düstereres Teendrama mit Manga-Vorlage, das bis auf die Herstellungsweise nur wenig mit der soften Rumdudelei von Hana und Alice zu tun hat. Manchmal möchte man eben nur ein bisschen abhängen ... und vielleicht ein bisschen Ballett dazu.

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