Große Politik und private Geschehnisse: Das hat die Berlinale schon immer ausgezeichnet und auch in diesem Jahr vollführt das Filmfest den Spagat. Zwischen Kriegsverbrechertribunal, Heimkehrern aus dem Irak und Toten in dem Sümpfen von Louisiana gibt es auch kleine, weniger weltbewegende Stoffe. Aus Amerika kommt mit Happy Tears ein Streifen, der eine unspektakuläre Geschichte erzählt.
Als ihr über 70-jähriger Vater Hilfe braucht, kehren die Schwestern Jayne und Laura (Demi Moore und Parker Posey) in ihr Elternhaus zurück. Die Rückkehr zwingt die Schwestern, sich mit ihrer Kindheit und nicht perfekten Familienleben auseinanderzusetzen. Der Vater (Rip Torn) interessiert sich wenig für seine Töchter; er spielt den Blues und hat als munterer Witwer eine Geliebte (Ellen Barkin). Doch mit Joes unübersehbar fortschreitender Senilität droht die innerfamiliäre Dynamik vollends aus den Fugen zu geraten. Während Laura meint, der Vater benötige jetzt eine Ganztagsbetreuung, glaubt Jayne nicht, dass es schon so schlecht um ihn steht. Die Abenteuer im Elternhaus sind nicht ohne Magie, richten aber auch beträchtlichen Flurschaden an…
Regie bei diesem Familiendrama führt Mitchell Lichtenstein. Zunächst machte er als Darsteller auf sich aufmerksam, war unter anderem war er in Miami Vice zu sehen, spielte in Kinofilmen von Robert Altman, Ang Lee, Louis Malle und Joel Schumacher mit. Mittlerweile hat er aber den Platz gewechselt und führt selbst Regie. Mit Teeth – Wer zuletzt beißt, beißt am besten war er vor zwei Jahren im Panorama zu Gast. Der Film gewann zwar keinen Preis, wurde aber gelobt, weil er “feministische Highschool-Komödie, Suburbia-Drama und bizarres Coming-of-Age” (Sebastian Handke, Tagesspiegel) in einem ist. Erzählt wird von dem jungen Mädchen Dawn, bei der sich erste sexuelle Bedürfnisse regen und die sich deshalb umso engagierter in der örtlichen Keuschheitsgruppe bewegt. So skurril die Geschichte, der Regisseur verfügte über viel Humor. Happy Tears ist sein zweiter Langspielfilm und hat hoffentlich auch in diesem Film einigen zu bieten.
Angeblich gab es einige Lacher bei der Pressevorführung, aber überzeugt für einen Bären hat der Film nicht, wie Wolfgang Höbel im Spiegel festhält. "Alles hübsch drastisch und schwer übersteuert, als wolle man Jonathan Franzens “Korrekturen” mit ein bisschen American Beauty und einem Hauch von Woody Allen aufpeppen. Das netteste an diesem brachialkomischen Film ist es, Demi Moore wiederzusehen, in einem Film, in dem ausnahmsweise mal nicht sie die überspannteste, von Ambition zerfressenste Person vor der Kamera ist. Sie ist, ganz im Gegenteil, nahezu das einzige menschliche Wesen in einer Parade von behämmerten Zombies."