Die Filmbewertungsstelle in Wiesbaden kennt der Durchschnittskinogänger wahrscheinlich nur durch die Prädikate “wertvoll”, bzw. “besonders wertvoll”, die sie seit 1951 vergeben darf. Ziel der Organisation ist es, den “guten Film” zu fördern und den Bürgern eine Entscheidungshilfe zu geben.
Jetzt meldet sich die FBW zusammen mit einem bekannten Online-DVD-Verleih zu Wort und verkündet vollmundig: “Bewerten Sie Filme wie die Profis − die Checkliste für den privaten Filmspaß”.
“Um Filmfreunden für den eigenen Gebrauch eine Checkliste an die Hand geben zu können, haben wir dem Bewertungskatalog der FBW fünf Hauptaspekte entnommen, die einen guten Anhaltspunkt liefern, um Filme qualitativ einordnen zu können”, so Bettina Buchler, Direktorin der FBW.
Es folgt dann die völlig überraschende Checkliste:
*1. Inhalt der Geschichte – originelles, bedeutendes oder aktuelles Thema
2. Handlungsaufbau – Spannungsaufbau, Glaubwürdigkeit der Geschichte
3. Filmische Umsetzung – Qualität der Bilder, Musik, Tricks und Effekte
4. Ausstattung – Kostüme, Masken, Szenenbild
5. Schauspiel – der Rolle entsprechend, überzeugend, glaubhaft*
Bin ich der einzige, der sich gerade an Der Club der toten Dichter erinnert fühlt, als Keating die Anleitung zur Bewertung von Gedichten vorlesen lässt, um sie danach von allen Schülern aus dem Buch reißen zu lassen?
Und vielleicht muß ich nochmal genau nachlesen, was an Rambo II und Rambo III so “wertvoll” war. Denn schaut man sich die Bewertungshistorie der mit Filmexperten besetzten Jury mal genauer an, kommen doch arge Zweifel, ob deren Kompetenz wirklich ausreicht, um irgendwelche Empfehlungen zu geben.
Ein Blick auf die Liste der Filme, die mit “wertvoll” oder “besonders wertvoll” bedacht wurden, gibt doch so einige Rätsel auf. Die Worte wahllos, oberflächlich oder bedenklich kommen mir ebenfalls in den Sinn.
Kleine Auswahl aus jüngster Zeit: Die Chroniken von Narnia, Black Dahlia, Transformers, Evan Almighty, Fantastic Four, Die Maske , I am Legend, Number 23, Untraceable, Rush Hour 3, U-900.
Wertvoll, wirklich sehr wertvoll diese Filme. Und erstaunlich, wie viele Filme der Mayor-Verleihe mit den Prädikaten bedacht werden, die in ein paar Bundesländern die Vergnügungssteuer ersparen. Vielleicht muss man wirklich stoisch eine Checkliste abarbeiten, um zu solchen Bewertungen zu kommen. Vielleicht muss man auch irgendwas Seltsames rauchen, um sich zu jedem dieser Filme dann eine schwurbelige Rechtfertigung aus den Fingern zu saugen.
Kostprobe? Der von der Kritik eher skeptisch beurteilte Fantasy-Film Krabat, der grade angelaufen ist und der von mehr als nur kleinen dramaturgischen Schwächen geplagt scheint, war der FBW ebenfalls ein “besonders wertvoll” wert. Für die Begründung mussten dann gleich die ganz großen Geschütze aufgefahren werden:
“Mit der Literaturverfilmung von Otfried Preußlers gleichnamigem Roman hat sich Marcus Kreuzpaintner in die Liste der großen deutschen Regisseure eingetragen. Sein Krabat erinnert in der Bildsprache an die Anfänge des Kinos mit Filmen wie Der müde Tod oder an andere Werke eines Fritz Lang. Hier wurde sehr behutsam und zurückhaltend ein Meisterwerk geschaffen, das bisweilen die düsteren Züge von Nosferatus Grauen in sich trägt. Dabei trägt der Film die Symbolkraft jüngerer Meilensteine des Fantasy-Genres in sich, ohne deren bisweilen nervösen Affektiertheit folgen zu müssen.”
Ähnlich schwurbelig geht die Begründung dann auch weiter. Das der Regisseur des Film Marco Kreuzpaintner heißt und nicht Marcus, ist dabei wirklich noch das geringste Problem.
Nee ist okay. Mit soviel Sachverstand und der Checkliste wird aus Deutschland wirklich noch ein Volk von Cineasten.
Und jetzt los. Bewertet wie die Profis…