Crew von Der Seewolf wäre fast ertrunken

30.10.2009 - 08:50 Uhr
Die Ghost, das Schiff vom Seewolf
ZDF
Die Ghost, das Schiff vom Seewolf
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Regisseur Mike Barker hat die klassische Story Der Seewolf verfilmt. Für die Dreharbeiten scheute er keine Mühen, gab Darsteller und Crew dem nassen Element preis. Dabei ist für ihn eine Männerbeziehung der wahre Kern der Geschichte…

Um die klassische Geschichte von Jack London adäquat auf den Bildschirm zu bringen, drehte Regisseur Mike Barker den Film Der Seewolf mitten auf hoher See. Durch seine Überzeugungskraft ließen sich unter anderem die Stars Neve Campbell und Sebastian Koch auf die Schaukelei ein. Im Interview verrät er, was die Abenteuergeschicht für ihn so spannend macht.

Wie sind sie zur Regiearbeit für Der Seewolf gekommen?

Mike Barker: Den ersten Anruf zu diesem Projekt bekam ich von Nigel Williams, der das Drehbuch geschrieben hatte. Er erwähnte mich dann beim Produzenten Rikolt von Gagern und es kam zu einem ersten Treffen. Rikolt erzählte über sonnige Drehorte auf den Bahamas und in der Karibik. Erst im letzten Moment, als ich den Vertrag unterschreiben sollte, erwähnte er plötzlich einen Ort namens Halifax, Nova Scotia. Später habe ich erfahren, dass hier in der Nähe die “Titanic” untergegangen ist. (lacht) Aber es hat sich gelohnt, es war eine fantastische Erfahrung.

Was war für Sie als Regisseur die Herausforderung an diesem Film?

Mike Barker: Das Schiff, das wir uns für die Dreharbeiten ausgesucht hatten, war gerade mal 33 Meter lang – inklusive Bugspriet. Die Kunst bestand darin, rund 40 Crewmitglieder und das gesamte Equipment auf diesem Schiff unterzubringen, wenn wir draußen auf See gedreht haben. Und mit diesem voll beladenen Segelschoner auch durch stürmische See zu fahren. Die Frage, die ich mir bei Wellengang ständig stellen musste: Wann brechen wir ab? Ich will ja nie aufhören zu drehen. Aber wenn die Gesichter der Crew langsam bleich werden, beginnt dieser Balanceakt: Wann ist es noch sicher und wann wird es zu gefährlich? Außerdem ist es sehr schwierig, sich bei starkem Wind auf dem Boot zu verständigen. Man muss ständig schreien. Selbst bei intimen Szenen müssen sich die Darsteller anbrüllen: “Ich liebe Dich!”

Wofür der ganze Aufwand in Zeiten von Greenscreens, CGI und Ateliers mit Wassertanks, in denen man das ganz einfach nachstellen kann, ohne auf die offene See zu müssen?

Mike Barker: Ich habe wirklich viele Filme gesehen, die auf dem Meer spielen. Der wirklich beste davon ist Master & Commander – Bis ans Ende der Welt , bei dem viel mit Computertricks gearbeitet wurde. Aber die hatten auch ein Budget von 150 Millionen Dollar. Außerdem haben wir bei den Vorbereitungen zu diesem Film festgestellt, dass es eine Sache gibt, in der die Computertricktechnik noch nicht weit genug ist – Wasser. Speziell im Zusammenhang mit Schauspielern oder Gegenständen, die darin schwimmen. So entstand die Idee, es von vornherein möglichst realistisch zu drehen, den Film abzuheben von den vielen anderen, denen man direkt ansieht, dass sie in einem großen Studio mit Wassertank gedreht wurden. Zuvor habe ich einige Filme im beobachtenden Stil gedreht, oft an Originalschauplätzen wie in einem herrschaftlichen Wohnhaus. Da kam die Idee auf, es bei Der Seewolf auch so zu machen. Das Schöne ist dabei auch, dass sich das Wetter ändert und man sich darauf einstellen muss. Im Drehbuch stand beispielsweise bei einer Szene, dass Stephen Campbell Moore s Hand am Ruder seines in den Wellen tänzelnden Beibootes nahezu fest friert, weil es so kalt sei. In Wahrheit hatten wir rund 20 Grad Außentemperatur bei spiegelglatter See. Das kann man nicht vorhersehen. Man muss das Wetter auf See nehmen, wie es kommt, und diese Stimmungen, die dadurch entstehen, sind ein wichtiger Bestandteil des Films.

Wie bereitet man sich auf solch außergewöhnliche Dreharbeiten vor?

Mike Barker: Ganz zu Anfang, als ich mit Szenenbildner Rob Gray und Kameramann Richard Greatrex nach Halifax kam, saßen wir zusammen und haben uns bloß gefragt: Wie? Wie sollen wir das hinkriegen? Dabei kamen ganz haarsträubende Ideen heraus. Die Sturmsequenz, die wir jetzt auf einer hydraulischen Bühne mitten auf einem Parkplatz in Halifax gedreht haben, wollten wir ursprünglich auf einem gefluteten Lastkahn mitten auf dem Meer filmen. Es hat nicht lange gedauert, bis wir das wieder verworfen haben.

War es von vornherein klar, dass die Innenaufnahmen auf beweglichen Bühnen gedreht werden sollten?

Mike Barker: Die Idee kam mir, als ich mir die Seewolf-Verfilmung aus den 70er Jahren angeschaut habe. Es gab da eine Szene in der übrigens viel zu groß geratenen Kapitänskajüte, in der ein Fernrohr hin- und herkullerte. Das wollte ich auch haben. Ich wollte auch bei den Innenaufnahmen das Gefühl vermitteln auf hoher See zu sein. Wenn sich das Set bewegt, ändern sich auch Licht und Schatten ständig. Und alles ist ständig in Bewegung. Auch die Schauspieler stolpern und müssen sich festhalten. Dadurch sieht das Ganze viel realistischer aus.

Wie war die Zusammenarbeit mit Hauptdarsteller Sebastian Koch?

Mike Barker: Rikolt brachte mich gleich zu Anfang mit Sebastian Koch zusammen. Wir hatten uns bei einem gemeinsamen Essen in München kennen gelernt. Ich muss dazu sagen, dass ich ein großer Fan seiner Arbeit bin. Sebastian Koch ist einer der wenigen deutschen Schauspieler, die bei uns in Großbritannien einen Namen haben. Alleine schon deswegen war es hochinteressant, ihn zu treffen. Er hat eine unglaubliche Präsenz, wie ich sie noch bei keinem Schauspieler vorher gesehen habe. Er nimmt die Leinwand ein. Besonders, wenn er Szenen spielt, in denen er weniger machen muss – da wird er sogar noch mächtiger. Er ist einfach zwingend der Seewolf, und er ist das Rückgrat des Films. Er ist großartig.

Auf der anderen Seite ist da Tim Roth , der seinen Bruder Death Larsen spielt. Wie haben Sie es geschafft, diese besondere Beziehung zwischen den beiden einzufangen?

Mike Barker: Ihre Beziehung zueinander ist in der Tat sehr interessant. Denn die Figur des Death erscheint im Roman von Jack London ja gar nicht auf der Bildfläche. Wir haben ihn eingeführt, um den Druck auf Wolf zu erhöhen. Ihre besondere Beziehung ergab sich fast automatisch aus dem Umstand, dass Tim Roth und Sebastian Koch zwei sehr starke Schauspieler sind, die beide die Leinwand für sich beanspruchen. Sie haben sich vor der Kamera also ständig herausgefordert. Man spürt, dass sie wie zwei Pfauen sind, die sich gegenseitig angehen. Das gibt dem Film eine besondere Würze.

Der eigentliche Gegenpart von Wolf Larsen ist aber die Figur des van Weyden, der von Stephen Campbell Moore verkörpert wird…

Mike Barker: Ja, das ist für mich der eigentliche Kern des Films. Die Beziehung zwischen diesen beiden Männern faszinierte mich von Anfang an, wie van Weyden aus seiner natürlichen Umgebung gerissen und von Wolf Larsen beeinflusst wird. Wolf hat ja seine ganz eigenen Ansichten über Moral, die so gar nicht zu den Vorstellungen der Gesellschaft passen. Mit Stephen Campbell Moore hatte ich vor ein paar Jahren bereits einen Film in Italien gedreht. Er umschließt die Figur, die er spielt, förmlich und hat keine Angst davor. Wissen Sie, in Der Seewolf spielt van Weyden immer irgendwie die zweite Geige hinter Wolf Larsen. Es geht ja darum, dass van Weyden unter Wolf heranwächst und stärker wird. Und es gibt einige Schauspieler, die versuchen, vor der Kamera ihre Rolle aufzublasen. Stephen ist nicht so. Er versucht nicht auf Teufel komm’ raus gut auszusehen in Szenen, in denen er es eben nicht soll, sondern kann sich da sehr gut einfügen. Er war einfach bereit, die Verwandlung mit seiner Figur gemeinsam durchzustehen. Ich denke, Stephen ist auch für Sebastian sehr wichtig geworden. Ihr Verhältnis zueinander ist sehr stark.

Dazu stößt Neve Campbell, die die Unternehmertochter Maud Brewster spielt…

Mike Barker: Die arme Neve Campbell. Sie ist die einzige Frau in dem ganzen Film, und außerdem wird sie leicht seekrank. Und sie hatte schauspielerisch den wohl schwierigsten Part, denn ihre Figur steht zwischen den beiden männlichen Hauptfiguren. Bis zu einem gewissen Grad wird sie von Wolf Larsen angezogen, der mit all seiner Brutalität und Kraft auch gewisse sexuelle Reize bei ihr weckt. Sie muss auf einem sehr schmalen Grat spielen, und das macht sie fantastisch. Abgesehen davon ist es eine Freude, sie um sich zu haben, denn sie ist immer gut gelaunt und lacht ständig. Und wir haben festgestellt, dass wir in London fast Nachbarn sind. Ich hege also die Hoffnung, ihr künftig noch öfter über den Weg zu laufen. (lacht)

Wenn Sie an die Dreharbeiten zurückdenken: Gibt es etwas, das Ihnen in Erinnerung bleiben wird?

Mike Barker: Es gab einige großartige Momente draußen auf See. Zum Beispiel Richard Greatrex ganz vorne auf dem Bugspriet. Dem Team war das viel zu gefährlich bei dem Seegang, aber Richard sagte: “Nein, ist es nicht!” Dann klemmte er sich einfach die Kamera unter den Arm und stampfte nach vorne zum Bugspriet. Ich sah ihn und Sebastian Koch, der sich am Bug festhielt, und die Wellen, die von unten hoch spritzten, und dachte nur: Na toll, heute verlieren wir unseren Hauptdarsteller und den Kameramann.

Schaut euch hier den Trailer zu Der Seewolf an:

Mit Material von ZDF.

Den ersten Teil von Der Seewolf könnt ihr am Sonntag, dem 01. November 2009 um 20.15 Uhr im ZDF sehen. Den zweiten Teil gibt es dann am Mittwoch, 04. November 2009.

Für mehr Informationen, schaut doch in unser Fernsehprogramm.

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