Duell bis auf's Blut in The Substance: Monströser Körper-Horror erntet Jubelschreie in Cannes

21.05.2024 - 16:08 UhrVor 15 Tagen aktualisiert
Demi Moore in The Substance, der im Wettbewerb von Cannes läuft.
Mubi
Demi Moore in The Substance, der im Wettbewerb von Cannes läuft.
0
3
So habt ihr die großartige Demi Moore noch nicht gesehen. In der Horror-Satire The Substance, die im Wettbewerb von Cannes läuft, erlebt sie eine bizarre Verwandlung.

Der bis dato blutigste Film beim diesjährigen Festival von Cannes heißt The Substance. Hollywood-Star Elizabeth Sparkle (Demi Moore) hat noch lange nicht das Ende ihrer Kräfte erreicht, aber die Männer an der Macht stempeln ihr ein Verfallsdatum auf. Konfrontiert mit einer Mauer aus dümmlich grinsendem Sexismus greift Elizabeth zur neuen Verjüngungs-Therapie "The Substance" – und tritt ein famoses Duell zweier Stars los, die sich bis auf's Fleisch und Blut bekämpfen.

The Substance in Cannes: Demi Moore versus Margaret Qualley

Die Substanz ist so etwas wie eine Anti-Aging-Kochbox, die in einer futuristischen Packstation abgeholt und daheim allein angewandt wird. Ziemlich smart aufgemacht, wenn auch einige Usability-Probleme sofort ersichtlich werden.

Als sich Elizabeth das Mittel spritzt, mutiert eine jüngere, perfektere Version aus ihrem Rückgrat, reißt ihre Haut der Länge nach auf und kullert über die kalten Badezimmerfliesen. Elizabeth überlebt die Tortur, aber von nun an teilt sie sich ihre Lebenszeit mit Sue (Margaret Qualley). Alle sieben Tage versinkt eine der beiden in den Schlaf, während die andere "lebt".

Sue steigt zum Star mit eigener Fitness-Show und zum Goldesel der Anzugträger auf. Aber was, wenn eine von beiden nach mehr Zeit verlangt?

The Substance

Die Konsequenzen überbieten alle Erwartungen an Gore und Body-Horror im neuen Film von Coralie Fargeat. 2017 feierte die Französin mit dem Rape and Revenge-Thriller Revenge ihren Durchbruch, acht Jahre später hetzt sie Demi Moore und Margaret Qualley in einer Abrechnung mit dem Jugendwahn aufeinander.

Mehr aus Cannes:

The Substance entwickelt sich zum Horror-Märchen

The Substance wird von Beginn an als überzeichnete, quietschbunte Satire präsentiert. Dafür muss man sich nur den fratzenhaft aufspielenden Dennis Quaid als Network-Chef anschauen. Leise Töne werden Demi Moore überlassen. Sie brilliert mit einer einfühlsamen Darbietung einer Frau, die sich Jahrzehnte für eine Industrie abmühte und einfach so beiseite geworfen wird. Bitterkeit, Trauer und Selbstzweifel mischen sich in ihr überwiegend wortloses Spiel.

Je länger die "Behandlung" dauert, desto grotesker gestaltet sich Demi Moores Auftritt, aber der verletzte, sich nach Liebe sehnende Kern der Frau strahlt bis zur letzten glibberigen Sekunde durch.

Ihr gegenüber strotzt Margaret Qualley vor jugendlicher Unbedarftheit, wenn auch Sue eher als Porträt unerreichbarer Ansprüche an Frauen daherkommt, denn als echter Mensch. Qualleys magnetische Leinwandpräsenz füllt die Lücken in einem Drehbuch, dem man lieber keine Fragen über die tieferen Funktionsweisen der Substanz oder die mentale Verbindung von Sue und Elizabeth stellen sollte. The Substance folgt der Logik eines Märchens, statt der eines Science-Fiction-Films.

Margaret Qualley in The Substance

Letztendlich besticht The Substance eher als extrem unterhaltsame Erfahrung denn als originelle Auseinandersetzung mit Hollywoods Schönheitsbildern, ihrer Konstruktion und den Mechanismen ihrer Aufrechterhaltung.

Dass Coralie Fargeat der großartig entgrenzt aufspielenden Demi Moore ihren eigenen Der Tod steht ihr gut geschenkt hat, verdient jedenfalls Applaus. Bei der Pressevorführung in Cannes wurde denn auch ausgiebig geklatscht und gejubelt. Das hatte sich das Publikum redlich verdient, so viel wie vorher bei den deftigen Horror-Einlagen gestöhnt wurde. Schon Fitness-Queen Jane Fonda wusste: No pain, no gain!

Mubi hat sich die Rechte für The Substance gesichert, einen deutschen Kinostart gibt es noch nicht.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News