Ein Entführer mit einem ganzen Arsenal Jojos, ein Hafenarbeiter, aus dem Blondinenwitze sprudeln, und drei Kommissare, die sich im Tiefschlaf durch einen Entführungsfall ermitteln, obwohl sie sich die ganze Zeit Kaffee in den Rachen schütten. Das sind die Zutaten von Tatort: Winternebel, dem neuen Fall aus Konstanz, in dem die Schwaden so dünn im Wald hängen wie Figuren und Fall im Drehbuch ausgearbeitet sind. Lesen wir von den einzelnen Stationen der Story, wirkt der Tatort zunächst überfüllt mit Handlungssträngen, um schlussendlich seltsam leer und austauschbar daherzukommen. Die interessanteste Figur in diesem Krimi bleibt eine Randnotiz mit wenigen Sätzchen.
Gleich zwei Leichen tauchen am selben Tag am Bodensee auf, während die Eltern von Anna Wieler (Annina Euling) mit einem Entführer verhandeln. Natürlich laufen die drei Handlungsstränge früher oder später zusammen, doch je mehr die Verdächtigen und Zeugen vom Drehbuch im verspäteten Frühlingsputz ausgemistet werden, desto offensichtlicher wird, dass sich der Tatort auf sein schwächstes Element konzentriert: Nein, nicht Lüthi (Roland Koch), der traumatisiert im Wald rumstapft und in der Praxis Sebastian Bezzels Perlmann völlig überflüssig macht. Man befürchtet fast, dass die anfängliche Zerfaserung des Krimis nur dazu da ist, Bezzel überhaupt Beschäftigung zu verschaffen.
Die Eltern des Entführungsopfers kommen hingegen von der ersten bis zu letzten Minute nie über den Status einer Karikatur gestörter reicher Menschen mit Hang zu geschmackloser moderner Architektur hinaus. Das liegt einerseits am eigentümlich deplatzierten Overacting Benedict Freitags als Vater Wieler. Andererseits fällt ein Vorwurf schwer: Wenn jeder Punkt, jedes Komma im Drehbuch nur expositorisches Plotgeplapper in Zaum halten muss, können einem die darstellerischen Zügel schon einmal aus der Hand gleiten.
Da wünscht man sich bei jeder Elternszene in den Wohnwagen oder Käfig, um mehr über das Entführungsopfer zu erfahren, dessen Geschichte dem Zuschauer einzig in Zeitungsüberschriften präsentiert wird. Ein Opfer, das wie schon eine Seelenverwandte im letzten Köln-Tatort mal nicht nur um Hilfe bettelt, sondern die Initiative ergreift. So ist die Schlusspointe das einzige Geglückte in diesem leidenschaftslosen Krimi der Marke: "Spannung heißt, der Perlmann darf auf ein Schnellboot steigen". Am Höhepunkt der Emotionen sind wir schließlich angelangt, wenn Klara Blum "Arschloch" sagt. Von der versprochenen Wurst beim Imbiss sehen wir leider nix.
Mord des Sonntags: Wir haben das Jojo kaum gekannt.
Zitat des Sonntags: "Er hat ihr Rad geschoben. Der hat noch nie mein Rad geschoben."
Ein schwacher Tatort aus Konstanz war das oder seid ihr anderer Meinung?
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