Nostalgie ist eine seltsame Sache. Sie bringt gestandene Männer dazu, sich eine Träne aus dem Auge zu wischen, wenn sie davon erzählen, wie Optimus Prime im besten Transformers-Film (1986) sein Leben aushaucht und ist wohl der einzige Grund, wieso Otto Waalkes immer noch ganze Hallen füllt. Sie lässt uns an so manches aus unserer Kindheit mit glänzenden Augen zurückdenken.
Und genau das ist es, was mein Lieblingsfilm Der König der Löwen für mich ist: Eine bleibende Erinnerung. An meine Kindheit. An den Beginn meiner Liebe für Filme. Und an das ganz große Abenteuer.
Der König der Löwen vereint bis heute alles, was einen guten Film ausmacht. Er hat Dramatik, Spannung, Epik. Schon der mittlerweile legendäre Anfang gibt den Ton vor, wenn sich eine gigantische Sonne langsam ins Bild schiebt und die bekannten Worte „Nants ingonyama bagithi baba“ die Stille zerreißen. Der Film ist groß. Der Königsfelsen, die weite Steppe, die Schädel auf dem Elefantenfriedhof, aber natürlich auch die Gesten. Scars Schatten vor den aufmarschierenden Hyänen oder sein diabolisches Lachen nach dem Song ‘Be prepared’, ebenso wie Mufasas Monolog über die großen Könige der Vergangenheit und natürlich Simbas Triumphgebrüll am Ende des Filmes.
Aber neben der großen theatralischen Momenten gibt es auch immer wieder Komik und naive Freude, um die von „Hamlet“ inspirierte Geschichte um Schuld und Sühne, das Erwachsenwerden und Verantwortung aufzulockern. Man kann gegen Comic Relief sagen was man will, aber Timon und Pumba hat man spätestens nach „Hakuna Matata“ ins Herz geschlossen.
Zwei Dinge, die Der König der Löwen bis heute von allen Genrekollegen abhebt, sind die Musik in all ihrer Vielseitigkeit und die großartigen Charaktere, denen selbst in der deutschen Synchronisation von durch die Bank weg großartigen Sprechern leben eingehaucht wird. Selten hat es einen so bösen und durchtriebenen Onkel gegeben wie Scar, den Jeremy Irons mit voller Hingabe spielt. Hinterlistig, verschlagen, brutal und arrogant. Dem gegenüber Simba: Noch grün hinter den Ohren, aber schon am Brüllen wie ein Großer. Voller naiver Kinderträume über ein Leben als König wie es Rio Reiser nicht besser hätte ausmalen können. Dazwischen ein blasierter Nashornvogel, ein exzentrischer Mandrill und opportunistische Hyänen.
Der eigentliche Star neben diesem ohnehin schon illustren Cast an Figuren ist dabei aber vor allem Afrika. Die weite Steppe, der dichte Dschungel, die zahlreichen wilden Tiere, ein Hauch von Exotik, der Traum eines jeden Fernwehkranken.
Der König der Löwen ist dabei auch die Erinnerung an den ersten Kinobesuch. Ein Besuch, der mich sofort entführt hat in diese Welt, in dieses Afrika. Mitgerissen hat, mit einer spannenden Geschichte. Als es mir egal war, ob das jetzt vielleicht aus irgendeinem Anime geklaut war, ob es tiefgründigere oder komplexere Filme gibt. Der König der Löwen ist ein Kindheitstraum. Nicht immer ein angenehmer. Der Film nahm auch die jüngsten Zuschauer ernst und schreckte nicht davor zurück, auch düstere Szenen auf sie loszulassen. Vielleicht macht das einen „Kinderfilm“ auch erst richtig gut, wenn er sein Publikum ernst nimmt. Entgegen der weitläufigen Unterstellung, Disney-Filme wären immer nur heitere Unterhaltung. Der König der Löwen konfrontierte uns mit dem Tod einer der sympathischsten und wichtigsten Figuren unseres kleinen Kosmos, der Vaterfigur. Er zeigte uns, dass früher oder später für jeden der Tag kommt, an dem er in große Fußstapfen treten und sich seine eigene Mähne wachsen lassen muss.
Abschließend sollte man noch eines erwähnen: Man sagt ja gemeinhin, bei guten Filmen würde man bei jedem Sehen immer etwas Neues entdecken. So ging es mir, als ich Jahre später mal wieder die DVD anschaute. Die finale Auseinandersetzung mit Scar war auf einmal länger, als ich sie von meinem Kinobesuch in Erinnerung hatte, einige Szenen hatte ich nicht gesehen. Damals hatte ich mich nämlich vor Spannung und Aufregung hinter den Kinosesseln versteckt.
Und das hat seitdem noch kein anderer Film geschafft.
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