Der österreichische Alptraum: Berühmter als Hitler

08.07.2009 - 09:20 Uhr
Brüno - auf jeden Fall schönere Beine als Hitler
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Brüno - auf jeden Fall schönere Beine als Hitler
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Brüno, die österreichische Mode-Schwuppe, provoziert. Nicht nur Heteros und Schwulenverbände, sondern auch sein Herkunftsland. Was sagen eigentlich die “Ösis” zu ihrem berühmtesten Sohn nach Adolf Hitler?

Der frotzelnde Kleinkrieg zwischen Deutschen und Österreichern ist bekannt. Sie nennen uns Piefkes, wir sagen Ösis und bisweilen missverstehen wir die Ähnlichkeiten unserer beider Sprachen und glauben, es wäre dort genauso wie hier, nur hügeliger.

Doch die Mentalitäten und der Humor sind durchaus unterschiedlich, wie jeder bestätigen wird, der sich an Klassiker wie Kottan ermittelt oder die Brenner-Krimis mit dem genialen Josef Hader erinnert oder bei 3Sat mal in die kurioseren Sendungen à la Tohuwabohu reinschaltet. Dröger lakonischer Witz, surrealer Klamauk und schwarzer Humor scheinen dem Österreicher näher zu stehen als den Deutschen, die oft eher die brachialeren Scherze eines Mario Barth goutieren. Mit ein bisschen Neid blicken wir auf das Land, das immer noch altem K.u.K.-Zeiten hinterherträumt, Schlagobers mit Blut genießt, Opernbälle feiert und im weanerischen Dialekt die ideale Ausdrucksform für arrogante-geistreiche Ironie gefunden hat. Ein widersprüchliches Land, das Besucher durch seine dörfliche Atmosphäre, durch die bisweilen durchaus hinterwäldlerische Geisteshaltung und gleichzeitig bösartig geistreiche Weltsicht überraschen kann.

Der alte Spruch, dass die Österreicher es geschafft hätten, der Welt glauben zu machen, Hitler sei Deutscher und Mozart Österreicher, zeugt nicht nur vom zwiespältigen Verhältnis zum Alpenstaat, sondern attestiert den Geschmähten durchaus eine gewisse bewundernswerte Chuzpe.

Diese Chuzpe nimmt sich jetzt auch Sacha Baron Cohen als sein Alter Ego Brüno heraus, der laut Eigenauskunft “der beliebteste Österreicher nach Hitler” werden möchte. Oder Sätze sagt wie: “In Österreich werden die Leute großgezogen, um zu versuchen, ihren Austrian Dream zu verwirklichen: Finde einen Job, leg dir ein Kellerverlies zu und ziehe eine Familie darin groß.”

Als schwules Model und Reporter des Gay-Austrian-TV stellt er seine Interviewpartner gern vor Entscheidungen: “In oder Aus?” fragt er seine prominenten Gäste – und ab und zu auch mal “Ghetto oder Auschwitz?”. Doch während in den USofA schonmal die Schwulenverbände vorsorglich auf die Barrikaden stöckeln, bleiben die “Ösis” erstaunlich gelassen im Angesicht ihres jüngsten Enfant Terrible.

Der Standard stört sich mehr an der übertriebenen Geheimniskrämerei um den Film und Sperrfristen als über die geschmacklichen Verwirrungen Brünos. Das Fazit zum Film ist daher auch eher sachlich: “Brüno führt vor, dass Menschen vor laufenden Kameras zu allem bereit sind. So treibt er die Regeln des Showbusiness auf die Spitze: Egal, wie dämlich der Host ist – wer mitmacht, ist der größere Idiot.”

Die Kronenzeitung, das dortige Pendant zur BILD, erkennt zwar den schlechten Geschmack, sieht sich aber ebenfalls nicht im Nationalstolz verletzt: "Man muss kein Moralapostel sein, um über Cohens Brüno-Darstellung und das Spiel mit Vorurteilen “not amused” zu sein – es gar schlicht und einfach dumm und geschmacklos zu finden. Der 37-Jährige mag zwar nicht der einzige sein, der mit niveaulosem Geblödel Lacher am Fließband erntet, aber er macht es eindeutig am besten. Cohen ist der Meister des schlechten Geschmacks.
(…) Cohen hält der Gesellschaft den Spiegel hin, wobei der Betrachter selbst entscheiden muss, ob ihm das Gesehene gefällt oder nicht. Fazit: “Brüno” ist verrückt, rüde und lüstig. Wer “Borat” mochte, wird “Brüno” lieben!"

Die etwas seriösere Konkurrenz, der Kurier bemäkelt ebenfalls die rigide Sperrfristenpoltik und die Geheimhaltung um den Film und gibt gleichzeitig einen Grund, warum sich die Österreicher von ihrem Brüno dann doch so gar nicht düpiert sehen: “Aber eines sei verraten: Brüno heißt im Film – verdammt unsexy – Bruno. Und da wir nicht schreiben dürfen, was vorkommt, sei verraten, was nicht wirklich vorkommt: Österreich.”

Brüno startet am 9. Jüli in Kino.

Wir wollen eure Meinung zu Brüno hören: Witziger Klamauk, böse Satire oder geschmacklose Provokation um der Provokation willen?

Und wer noch nicht bei unserem Gewinnspiel und unserem Wie schwül bist du?-Test mitgemacht hat: Jetzt ist eure Chance!

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