Deutsches Fantasy-Meisterwerk anders adaptiert: Die unendliche Geschichte hat die Chance, ein Versäumnis des 40 Jahre alten Films zu vermeiden

25.03.2024 - 10:00 UhrVor 1 Monat aktualisiert
Die unendliche Geschichte
Constantin
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Ihr dachtet, die 80er-Filmversion von Die unendliche Geschichte war traumatisierend? Dann zieht euch warm an, was die Neuverfilmung angeht, denn die Buchvorlage ist noch viel düsterer.

Die unendliche Geschichte von Regisseur Wolfgang Petersen ist ein amtlicher 80er-Jahre-Fantasy-Filmklassiker. Zumindest eine Person sieht das jedoch nicht so: Michael Ende, der Autor der Buchvorlage. Auf der offiziellen Website  wird er unter der Überschrift Das unendliche Filmdebakel folgendermaßen zitiert: "Ein gigantisches Melodram aus Kitsch, Kommerz, Plüsch und Plastik". Autsch!

Der Geist des leider schon 1995 verstorbenen Ende und Hardcore-Fans, die es ähnlich sehen, dürften die nun geplante Neuverfilmung also begrüßen. Nicht nur, weil man es möglicherweise besser machen könnte als Petersen, sondern weil das Remake eine fantastische Chance ist, auch die zweite Hälfte des Buches in Angriff zu nehmen. Film-Only-Fans haben keine Ahnung, welche düsteren Entwicklungen sie in den späteren Seiten der Romanvorlage verpasst haben. Mit den miesen Sequels hat die nämlich so gut wie nichts zu tun.

Die unendliche Geschichte: Once More With Finster Fantasy Feelings

Spoiler zum Film Die unendliche Geschichte: Der 80s-Film endet damit, dass der junge Bücherwurm Bastian Balthazar Bux (Barret Oliver) die fiktive Welt von Phantásien durch einen Akt der Kreativität rettet, um das alles verschlingende Nichts zu bezwingen: Er gibt der Kindlichen Kaiserin (Tami Stronach) einen neuen Namen, und zwar den seiner verstorbenen Mutter. Ein rührendes Plädoyer gegen Apathie im Angesicht von Trauer und für die Macht der kindlichen Vorstellungskraft. Spoiler Ende.

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Spoiler zum Buch Die unendliche Geschichte: In der Originalgeschichte muss Bastian jedes Element von Phantásien einzeln mithilfe seiner Fantasie und des Auryn-Amuletts neu erschaffen. Allerdings kostet ihn jeder Wunsch eine Erinnerung an die reale Welt. Als der Junge sich dann selbst in den schönen, schlauen, starken Retter Phantásiens verwandelt, der nicht in die Realität zurückkehren will, stellt er sich gegen Atréju, um die Kindliche Kaiserin vom Thron zu stoßen. Diese eindringliche Warnung vor Eskapismus hat Ende im Film offenbar gefehlt. Spoiler Ende.

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Die unendlich Geschichte: Endlich richtig gemacht?

Wenn der Autor der Vorlage den (für was er ist) gut funktionierenden Filmklassiker von 1984 schon unakzeptabel fand, kann man erahnen, was er über die beiden Fortsetzungen Die unendliche Geschichte II - Auf der Suche nach Phantásien und Die unendliche Geschichte III - Rettung von Fantasien dachte. Geschweige denn, was er über die anderen Interpretationen, wie den billigen Cartoon oder die kanadische Miniserie, zu sagen gehabt hätte.

Doch wer wird sich an die neue Fassung wagen? Bis auf die Produzent:innen des Remakes stehen aktuell noch keine Verantwortlichen fest. Gegenüber Variety  sagte Iain Canning von See-Saw Films: "Es ist wunderbar, dass wir die Möglichkeit haben, eine neue Perspektive einzunehmen, die neue Schichten und Bedeutungen hat. Wir glauben einfach, dass jede Generation ihre eigene Reise nach Phantásien verdient."

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Auf eine Sache wird man sich jedenfalls unabhängig vom auserkorenen Kreativ-Team verlassen können, egal wie tiefgründig, vielschichtig und vorlagentreu die neue Neverending Story werden soll: Die Filmemacher:innen werden es sich kaum nehmen lassen, den großen Konflikt aus der zweiten Buchhälfte als epische Herr der Ringe-artige Fantasy-Schlacht zu inszenieren. Mit FSK 6 ist dann nicht noch mal zu rechnen.

Dafür sollte man allerdings weder auf offensichtliche Kandidaten, wie eben einen Peter Jackson, noch auf generische Franchise-Verheizer wie J.J. Abrams zurückgreifen. Eine mutige Adaption von Die unendliche Geschichte, die vor keinem Aspekt der Vorlage zurückschreckt, beinhaltet im besten Falle Mut zu einem Team, das eigene Perspektiven zum größeren Themenfeld Fiktion mitbringt. Und vielleicht sogar die Frage stellt, was die Beziehung zwischen Leser:innen und Buch im Rahmen einer Adaption für die von Zuschauer:innen und Film zu bedeuten hat.

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