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Die Magie des Kinos: Leg dich nie mit einer Fliege an!

30.03.2015 - 23:00 UhrVor 10 Jahren aktualisiert
EEGA - Die ultimative Rachestory
Vaarahi Chalana Chitram
EEGA - Die ultimative Rachestory
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Ich bin wirklich kein Fan von Animationsfilmen, deshalb waren meine Erwartungen an S. S. Rajamoulis Film EEGA gering. Nie hätte ich damit gerechnet, dass sich der Film als faszinierende Demonstration der Magie des Kinos entpuppt. EEGA übertrifft alle Erwartungen und Rajamouli beweist erneut, dass er ein Filmemacher mit Visionen ist, der das Unmögliche möglich macht.

EEGA ist ein durchgeknalltes, skurriles Fantasy-Spektakel, ein Rache-Thriller und Action-Film, der fantasiereich, irrsinnig witzig und unverfroren die Grenzen zwischen Realität und Illusion niederreißt. Mich wundert es nicht, dass EEGA der Publikumsliebling des deutschen Fantasy-Filmfests 2012 war.

Zur Handlung: Nani (Naveen Babu Ghanta, Künstlername Nani) ist in die Mikro-Künstlerin Bindu (Samantha Ruth Prabhu) verliebt. Der Multi-Millionär Sudeep (Sudeep Sanjeev) hat ebenfalls ein Auge auf Bindu geworfen. Er ist ein fieser Typ, der sogar seine eigene Ehefrau auf dem Gewissen hat. Weil Nani ihm im Weg steht, tötet er ihn kurzerhand. Nani wird als Fliege wiedergeboren und versucht verzweifelt, Sudeep von Bindu fernzuhalten und sich an ihm für seinen Tod zu rächen. Doch wie soll er das als Fliege anstellen?

Action Hero im Miniformat

Eega bedeutet Fliege und um eine solche geht es im Film. Eine gemeine Stubenfliege. Tiere sind uns schon oft in Animationsfilmen begegnet. Und sie waren alle irgendwie niedlich. Aber eine Fliege? Fliegen sind in unseren Augen nicht viel mehr als hässliche Insekten, die sich auf unser Essen setzen, uns um die Ohren summen und die wir sogar töten, weil sie uns nerven. Wie sollen wir für solch einer Kreatur Empathie entwickeln? Zumal sie keine putzigen Kulleraugen hat und keine coolen Sprüche reißt. Wie soll das funktionieren? Diese Fragen habe ich mir vor der Sichtung des Films gestellt, aber schon wenige Minuten nach ihrem Auftauchen mochte ich die Fliege und habe mich dabei ertappt, dass ich sie in Gedanken angefeuert habe. Unfassbar!

Die Idee, eine Fliege zum Helden eines Films zu machen, ist genial. Gerade weil wir Fliegen nicht mögen und somit die Hürde, Empathie für das Insekt zu entwickeln, umso größer ist. Dass wir es aber doch tun und vor allem so bedingungslos, potenziert die Dimension und die Intensität unserer filmischen Illusion um ein Vielfaches.

Nani hat als Insekt zwar seinen menschlichen Verstand und auch sein Gedächtnis behalten, kann jedoch nur im Rahmen der Möglichkeiten einer Fliege agieren. Er kann nicht sprechen, er ist winzig und niemand weiß, dass er im Körper der Fliege steckt. Doch die Fliege ist einfallsreich. Es ist wirklich erstaunlich mit welchem Ideenreichtum die Macher von EEGA die Rachestory umgesetzt haben. Die Fliege ist ein echter Action Hero, der seine Pläne mit tödlichem Kalkül verfolgt und uns vergessen lässt, dass er „nur“ am Computer entstanden ist.

Moment mal, Fliege und Rachestory?

Die Fliege befindet sich auf einem Rachefeldzug, auch wenn das zunächst unmöglich erscheinen mag. Sie hat Möglichkeiten, sehr viele sogar, aber es wäre unfair, diese hier zu verraten. Denn es macht ungeheuer viel Spaß, zu sehen, was die Fliege alles anstellt, um ihren Plan zu verfolgen. Nur soviel sei verraten: alles im Raum wird zur Arena oder von der Fliege zum Werkzeug, zur Waffe oder Hilfsmittel umfunktioniert, um Sudeep zu malträtieren und in den Wahnsinn zu treiben. Den Zuschauer erwartet ein Dauerfeuer aus witzigen und skurrilen Ideen, die jeglicher Ernsthaftigkeit entbehren und gnadenlos unsere Lachmuskeln traktieren. Das große Krabbeln auf Speed ... oder so ähnlich.

Die Szenen, in denen Sudeep mit der Fliege interagiert, haben einen enorm hohen Unterhaltungswert, denn der gepeinigte Bösewicht leidet schon bald an Verfolgungswahn, der natürlich völlig berechtig ist, ihn aber bei seinen ratlosen Kumpels als paranoiden Deppen erscheinen lässt. Der kanaresische Action-Star läuft hier zu komödiantischer Hochform auf und kann zudem auf seine Erfahrungen aus dem Action-Genre zurückgreifen und zum finalen Gegenschlag ausholen.

Wenn Illusion zur Realität wird

Die VFX-Spezialisten haben ganze Arbeit geleistet. Die Fliege wurde sehr detailgetreu umgesetzt und ihre Bewegungen sind der einer echten Fliege realistisch nachempfunden. Die Animation wurde zudem perfekt in das Filmmaterial eingepflegt, so dass die Illusion die Schranken unserer Vorstellungskraft überwindet. Kameramann Senthil Kumar (Arundathi, Magadheera) gebührt ebenfalls höchste Anerkennung. Es war sicherlich nicht leicht, die Vision von Regisseur S. S. Rajamouli (Chatrapathi, Magadheera) technisch umzusetzen, den Lebensraum und die Bewegungsabläufe der Fliege zu filmen und dabei all die rasanten Kamerafahrten zu bewerkstelligen. Es hat bisweilen den Anschein, als habe er die Kamera wild durch den Raum geschleudert. Wie sonst filmt man eine (nicht existierende) Fliege auf der Flucht vor (nicht existierenden) gefräßigen Vögeln kreuz und quer durch einen großen Wohnraum? Der Begriff entfesselte Kamera bekommt hier eine ganz neue Bedeutung.

Es ist unglaublich, wie schnell man die Fliege ins Herz schließt, mit ihr fühlt und innerlich frohlockt, wenn sie Sudeep wieder einmal eins ausgewischt hat. Wie schnell man vergisst, dass es sich nur um eine Trick-Figur handelt und dass alles im Film gar nicht wirklich passieren kann. Durch die Leichtigkeit der Bilder, die fantasievolle Umsetzung und die Charakterisierung und Visualisierung der Fliege werden alle Bedenken unbemerkt über Bord geworfen und die Magie des Kinos saugt den Zuschauer in ein Parallel-Universum, in dem die irrsinnigsten Fantasien zur Realität werden. Und das macht verdammt viel Spasssssssssssssssssssss!

Zu Risiken und Nebenwirkungen ... Es ist nicht ausgeschlossen, von seiner Umwelt als schrullig wahrgenommen zu werden, wenn man nach der Sichtung des Films dazu übergeht, mit Fliegen Konversation zu betreiben oder ihnen verängstigt das Butterbrot überlässt.

Infos zum Film: EEGA ist ein Produkt der südindischen Telugu-Filmindustrie (Tollywood) aus dem Jahr 2012 und hat nichts (!) mit der nordindischen Hindi-Filmindustrie (Bollywood) zu tun. Der Film kam lediglich in einer Hindi-Synchronfassung mit dem Titel MAKKHI im Norden Indiens in die Kinos. Außerdem lief er als NAAN EE in einer Tamil-Synchronfassung erfolgreich in den Kinos im indischen Bundesstaat Tamil Nadu. Darüber hinaus gibt es noch Synchronfassungen in Chinesisch, Japanisch, Portugiesisch, Malayalam, Kannada und Urdu. Das Telugu-Original-Version wurde in über 20 Ländern veröffentlicht und gewann auf zahlreichen nationalen und internationalen Filmfestivals so viele Preise, dass ich sie nicht alle aufzählen möchte. Sie können aber hier (Klick mich!)  nachgelesen werden.

Auf dem Fantasy-Filmfest in Deutschland lief übrigens nur die Hindi-Synchronfassung MAKKHI. Warum der deutsche Verleih Rapid Eye Movies nicht das Original gezeigt hat, sondern die Hindi-Synchronfassung und so getan hat, als würde es sich um einen Bollywoodfilm handeln, ist mir bis heute ein Rätsel. Sicher, das ist kein Weltuntergang, aber schade ist es allemal, denn solange der Film mit der unzutreffenden Kennzeichnung 'Bollywoodfilm' und zudem unter dem falschen Filmtitel kommuniziert wird, wird er in Deutschland wohl nie eine reelle Chance haben.

Wer von euch hat EEGA (Makkhi) auf dem Fantasy-Filmfest oder anderswo gesehen? Wie waren eure Erfahrungen? Bei welchem Animationsfilm habt ihr eine perfekte Illusion erlebt?


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