Ich stehe mit einem Freund vor dem Kino. Wir sind etwas zu früh dran, warten auf den Rest. Wir reden über die neuesten Filme, die wir heißblütig erwarten. Er kommt unweigerlich schnell auf Star Wars zu sprechen. ,,Ich mag Star Wars nicht wirklich, ist nicht so mein Ding“, antworte ich kurzerhand, ohne groß weiter darüber nachzudenken. ,,WAS? Du kannst doch nicht Star Wars schlecht finden? Von mir aus beleidige mich, beleidige meine Mutter – aber sag nichts gegen Star Wars!“
So etwas kennt wohl jeder. Wenn ein Film, vielleicht sogar ein komplettes Franchise das man mag kritisiert wird, fühlt sich das tatsächlich manchmal schlimmer an, als eine Beleidigung gegen die eigene Mutter. Warum? Mmn relativ einfach zu beantworten. Es dürfte die starke Identifikation sein, die man automatisch für Dinge die man liebt aufbringt. Mit ihm über dieses Thema weiter zu diskutieren – sinnlos. Zu fest sitzt die rosarote Brille, zu tief sitzt die Abneigung gegen mich nach dieser fehlenden Wertschätzung.
Damit
sich nun aber die Star Wars Fans, denen es nun sicher schon wieder in
den Fingern juckt zurückhalten können, wechseln wir lieber das
Beispiel.
Und zwar eine Podiumsdiskussion, zu der ich im Rahmen des Studiengangs eines Freundes eingeladen war. Wir sollten über unsere Lieblingsfilme reden und kurzerhand unsere 10 Lieblingsfilme aufschreiben. ,,Hmm, wen könnte ich noch nehmen, ich habe erst 8...“, murmel ich vor mich hin. Der Blick eines weiteren Teilnehmers wandert auf meinen Zettel. ,,Häh? Du hast nicht den Paten auf deiner Liste? Keinen Tarantino?“
,,Nein, der Pate ist für mich langweilig und öde. Ist wohl Geschmackssache nehme ich an“, antworte ich. ,,Du weißt, dass das einer der besten Filme aller Zeiten ist, ja?“ ,,Mag sein, ist aber meine Meinung. Ich kann mich nicht 6 Stunden hinsetzen und Spaß bei beiden Filmen am Stück haben, ist halt so“.
Mit einem kurzen ,,Oh Gott...“, dreht er mir den Rücken zu und verschwindet.
Auf dem Podium geht er dann seine Liste durch, ließt sie vor, kommentiert kurz jeden Film. Darauf zu finden u.a. Der Pate 1 und 2, Pulp Fiction, Schindlers Liste, Die Verurteilten, Sieben, oder auch Psycho.
Es mag sein, dass dieser Student wirklich diese Filme mochte, aber vor allem die Art und Weise wie er sie vorgetragen hat machten schon deutlich: Da will jemand, dass alle anderen sehen, was er doch für einen erlesenen Geschmack hat. Wie viel Ahnung er doch vom Thema Film hat. Vor allem über den Paten schwadroniert er gute 5 Minuten ab. Aber seien wir mal ehrlich: Stellenweise langweilig mit einer simplen Mafiastory. Ich denke hierbei spielt echt viel elitäres Cineastengehabe mit ein. Es wirkt immer so, als ob man Godfather gut finden muss, um zu dem Club der Filmkenner zu gehören, obwohl Kunst doch einer subjektiven Wahrnehmung unterliegt.
Ich wurde mit meinen 10 Erwähnungen im Folgenden sowieso nicht mehr von ihm ernst genommen, was ich so schon erwartet hatte. Aber auch bei einem anderen in der Runde war das der Fall. Als dieser von ,,Der Herr der Ringe“ anfängt zu schwärmen, war die Reaktion bei unserem ,,Filmkenner“ (der das Franchise wohl nicht mochte) klar zu erkennen: Er verschränkt die Arme, lehnt sich zurück und setzt ein süffisantes Lachen auf. Als gerade über die letzte Szene geredet wird ( in der Gandalf Frodo mit aufs Boot nimmt? Kenne mich da nicht so aus) lehnt sich unser Herr Oberschlau nach vorn und verhöhnt die Szene: ,,Komm mein Junge, lass uns Boot fahren! Ich hab da was für dich auf dem Boot! …. Was für ein Schlock diese Filme!“
Mit ihm hier über irgendwas zu diskutieren – sinnlos. Er hat den erlesenen Geschmack, wir nicht. Was er denkt, ist richtig.
Und
auch hier auf der Seite ist es oft genug schwierig. Ich wurde schon
häufig für normale Meinungen angegriffen. Ich gebe der neuen Serie
,,Das Boot“ nur 3 Punkte? Da fühlen sich direkt wieder einige
Expertern persönlich angegriffen und auf den Schlips getreten. Ich
habe ADHS. Für sowas wie mich muss man sogar für Zensur eintreten
und löschen und mundtot machen muss man mich auch.
Kommt übrigens von einem User, der Breaking Bad mit 0 Punkten bewertet hat, aber hey – Er hat Ahnung von Filmen und Serien. Viel mehr als ich, was er mehrmals in seinem Kommentar klarstellen musste.
Mit ihm hier noch weiter über die Wertung zu diskutieren – sinnlos. Er hat Ahnung und sonst keiner.
Ein
weiteres schönes Beispiel soll der Film Fight Club aus den 90ern mit
Brad Pitt sein. Ich fande ihn in Ordnung. Einfach in Ordnung, kann
man machen, muss man nicht. 6,5/10.
Ein Skandal, wie sich herausstellen sollte. ,,Hast du den Film überhaupt gesehen? Tja, dann hast du ihn wohl einfach nicht verstanden. Aber mach dir nix draus, sowas ist eben für simple Gemüter nichts. Überlass unsereins solche Filme und guck lieber was anderes.“ So die leicht überhebliche Antwort, die mir schnell zeigt, dass ich mal wieder nicht ernst genommen werde. Anschließend werde ich noch aufgeklärt, dass der Film nihilistische, anarchistische, katholische und buddhistische, evolutionäre, revolutionäre, mystische, sowie spirituelle Ebenen habe. Da frage ich mich: Kann es sein, dass man vielleicht etwas zu viel in die ganze Klopperei hineininterpretiert wenn man grad auf seinem ,,ich hab Ahnung und ihr nicht“ Trip ist? Ja, der Film hat eine Botschaft, aber man muss es auch nicht übertreiben. Und gibt es vielleicht auch noch die Möglichkeit, dass ich ihn gesehen und verstanden habe und ihn nur ok fand? Gibt es die?
Dieses ,,du hast ihn nicht verstanden“ ist das dümmste Argument ever.
Mit ihm hier weiter über den Film zu diskutieren – ihr könnt es euch denken... sinnlos.
Naja,
worauf will ich nun abschließend hinaus. Über Filme/Serien zu
diskutieren, kann toll sein – oder aber (leider viel zu oft) extrem
anstrengend sein. Viele sind raus, sobald etwas gegen ihr
Lieblingsfranchise gesagt wird. Andere haben nur ein müdes Lächeln
für Sachen parat, die ihnen nicht gefallen und machen sie
lächerlich. Und wieder andere sind einfach so darauf aus sich als
Experten zu profilieren, dass sie andere Meinungen, von normal
sterblichen, sowieso nicht ernst nehmen.
Vielleicht sollten wir auch mal Kritik an Sachen zulassen, die uns am Herzen liegen. Vielleicht sollten wir uns auch mal anhören, warum andere einen Film oder ein Franchise mögen und es dann zumindest respektieren.
Und vielleicht sollte man, auch wenn man sich für Spielberg und Cameron in Personalunion hält, akzeptieren, dass Filme immer noch Geschmackssache sind, es kein richtig oder falsch gibt und Ahnung zu haben (oder zumindest vorzugeben) zwar nett, aber letztlich zweitrangig ist.