Dwayne Johnsons Kino-Karriere hat schon bessere Tage gesehen. Das weihnachtliche Action-Spektakel Red One - Alarmstufe Weihnachten soll dank Riesenbudget und Star-Cast die Lage wenden. Aber die scheinbar perfekte Reißbrett-Idee kann auf der Leinwand nicht überzeugen, auf der sie ab sofort zu sehen ist.
Das hat vor allem drei Gründe: Der Mega-Blockbuster reißt weder durch wilde Action mit, noch strapaziert er mit Humor die Lachmuskeln. Und er hat eine Moral, die man aus vielen, deutlich besseren Filmen kennt.
Schaut euch hier den Trailer zu Red One an:
Darum geht's in Dwayne Johnsons Weihnachts-Blockbuster Red One
In Red One ist der Weihnachtsmann (J.K. Simmons) nicht nur real, sondern ein viel beschäftigter Mann. Er steht an der Spitze eines straff geführten Unternehmens mitsamt Sicherheitspersonal und Logistikabteilung, das an Heiligabend die ganze Welt mit Geschenken beliefern soll. Aber zum großen Schock von Sicherheitschef Callum Drift (Johnson) wird der gutmütige alte Mann von Unbekannten entführt. Um ihn wiederzufinden, rekrutiert Drift die Hilfe des amoralischen Kopfgeldjägers Jack O‘Malley (Chris Evans).
Eine Schwäche von Red One ist ab Minute 1 zu sehen
Die erste Schwäche von Red One fällt sofort ins Auge: Er ist über weite Strecken einfach nicht besonders schön. Egal ob CGI-Rentiere, mythische Wintermonster oder die gigantische Zentrale des Weihnachtsmanns: Der Look des Films sieht freudlos und in der technischen Umsetzung veraltet aus.
Ohne offensichtlichen Einsatz von visuellen Effekten ist der Eindruck sogar noch schlimmer: Sets, Ausstattung und Kostüme wirken völlig lieblos. Chris Evans‘ Figur schlurft mit 08/15-Lederjacke durch blasse Umgebungen, deren spannendste Bestandteile Ikea-Regale darstellen. Die ganze Inszenierung über Kameraeinstellung und Beleuchtung erinnert mich an eine seichte Weihnachtsdrama-Produktion aus dem Hause Hallmark. Wie kann ein Film so aussehen und 250 Millionen gekostet haben?
Sowohl Action als auch Komik in Red One enttäuschen
Das dürftige Aussehen macht viel kaputt, könnte durch fesselnde Action und pointierte Komik aber noch gerettet werden. Leider ist erstere durch 1000 teils völlig verwirrend gesetzte Schnitte verschandelt, und letztere nicht vorhanden. Johnsons Talent für Selbstironie, mit dem er Filme wie Jumanji so unterhaltsam macht, fehlt hier fast völlig. Alternativ könnten wir über die Marotten der Figuren lachen, aber dafür stellt der Film sie uns zu wenig vor. Und für Dialogkomik ist das Drehbuch schlicht nicht kreativ genug.
Mit Action und Humor bleiben zwei der drei großen Verkaufsargumente von Regisseur Jake Kasdan, der ebenfalls die beiden letzten Jumanji-Filme mit Johnson inszenierte, auf der Strecke. Es bleibt der Faktor Weihnachtsfilm. Liefert Red One eine besinnliche Geschichte?
Red One erzählt eine völlig flache Story
Ähnlich wie die Weihnachtsklassiker Ist das Leben nicht schön? oder Die Geister, die ich rief dreht sich Red One im emotionalen Kern um die Wandlung des Menschen von der Hoffnungslosigkeit zur Hoffnung. Der Film präsentiert dafür gleich mehrere Ansätze: Drift hat sein Vertrauen in die Güte der Menschheit verloren, O'Malley glaubt sogar fest an das Schlechte im Menschen als dominante Kraft.
Aber damit uns ihre Entwicklung zum Guten hin fesselt, müssen wir sie kennenlernen. Und das am besten in Situationen, die wir nicht bereits aus unzähligen anderen Filmen kennen. Aber Red One hat nichts Anderes zu bieten: O'Malley besucht ein Konzert seines Sohnes nicht und zeigt sich damit als schlechter Vater. Drift beobachtet Menschen beim Klauen und kehrt daher der Menschheit den Rücken. Solche Standardmomente haben keinerlei emotionale Schlagkraft. Und darüber hinaus ist Drehbuchautor Chris Morgen offenbar kaum an Leiden und Freuden seiner Figuren interessiert.
Wenn also unweigerlich der Moment kommt, in dem O'Malley dann doch seinen Sohn retten will, wärmt es uns nicht das Herz, sondern erfüllt lediglich eine Erwartung, die wir aus reiner Gewohnheit besitzen. Mit anderen Worten: Red One, dieses hochgezüchtete Unterhaltungsprodukt auf Steroiden, hat die emotionale Strahlkraft einer Kurbelwelle.
Spätestens seit der Verbreitung von ChatGPT ist es unter Kritiker:innen Mode geworden, Filmen ihre dramaturgische Mechanik zum Vorwurf zu machen. Etwa indem man sagt, ein Film sei "nach dem Algorithmus gedreht" oder "von KI erstellt" worden.
Ich vermute, dasselbe wird man über Red One sagen. Der Film schlägt seine Story-Haken mit solcher Erwartbarkeit, verlässt sich so sehr auf gewohnte Ideen und verströmt eine solche Gefühlskälte gegenüber seinen eigenen Figuren, dass ich seinen Gegner nur Recht geben kann. Genau genommen sehe ich nur einen Weg, wie man mit Kasdans Film Spaß haben kann. Und zwar, indem man ihn als völlig entgrenztes Trash-Vergnügen betrachten.
Dwayne Johnsons Film könnte zum Trash-Klassiker werden
Damit werden fehlende Gefühlstiefe, zerschnittene Action-Szenen oder hässliche Optik nicht nur ignoriert, sondern zur Quelle der Unterhaltung gemacht. Jack O'Malley redet mit seinem Sohn wie mit einer Sprechanlage? Chris Evans sieht aus, als wäre er mit seinen normalen Straßenklamotten in die Szene gelaufen? Egal, alles Teil des Flairs. Solange man sich davon verabschieden kann, den Film ernsthaft beurteilen zu wollen.
Wer den Film als Trash-Fiebertraum betrachtet, wird gut bedient. Insbesondere mit einigen wirklich wahnsinnigen Gimmicks. Etwa einem Huhn namens Hellen, das aus einem Spielzeug geschaffen wird und als lebendiges Ablenkungsmanöver dient. Muskulösen Schneemännern, die ohne Karottennase zerfließen. Oder einem Krampus (Kristofer Hivju), der im verschneiten Deutschland (!) die "Krampusnacht" (englischer Originalbegriff) mit einem Ohrfeigenwettbewerb feiert.
Vielleicht wird Red One zum Klassiker für alle, die einen Film gerne ironisch schauen. Ob er Dwayne Johnsons Karriere rettet, ist dagegen eine Frage der Kinokassen. Es wäre der Triumph des perfekten Produkts.
Red One - Alarmstufe Weihnachten läuft seit dem 7. November 2024 in deutschen Kinos.
FILMSTARTS-Podcast: Unlustige Weihnachten dank Red One mit Dwayne Johnson
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Unter der Regie von "Jumaji"-Regisseur Jake Kasdan und mit einem stattlichen Budget von 250 Millionen Dollar im Rücken haben sich die Hollywood-Superstars Dwayne Johnson und Chris Evans zusammengetan, um in Red One den Weihnachtsmann zu retten und dabei eigentlich für zwei Stunden vorweihnachtlichen Action-Spaß zu sorgen. Warum das aber gewaltig in die Hose geht, verraten euch Pascal von FILMSTARTS und Moviepilot-Kollegin Bea.