Ein filmisches Experiment

04.06.2009 - 08:54 Uhr
Das schwule Liebespaar auf Reisen
Salzgeber
Das schwule Liebespaar auf Reisen
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Mit nur vier Schauspielern und gerademal 40.000 Euro realisierte Jan Krüger seinen zweiten Langfilm. Herausgekommen ist ein spielerisches, schwules Roadmovie zwischen Wirklichkeit und Einbildung.

Rückenwind ist der zweite Langfilm des deutschen Jung-Regisseurs Jan Krüger. Nach dem Roadmovie Unterwegs hat sich der Filmemacher an das filmisches Experiment gewagt, mit nur vier Schauspielern und einem Budget von gerade mal 40.000 Euro einen Langfilm zu realisieren.

Der Film spielt in der Schorfheide, einer abgelegenen Gegend von Brandenburg: Hier machen Johann (Sebastian Schlecht) und Robin (Eric Golub) eine Fahrradtour durch die herrliche Landschaft. Doch ihr Ausflug verläuft nicht so wie geplant, und die Reise wird zunehmend abenteuerlich: Durch einen dummen Zufall kommen den beiden ihre Drahtesel abhanden, und auch mit der Orientierung hapert es mangels Beherrschung der Landkarte. Doch davon lassen sich Johann und Robin nicht verdrießen und setzen ihre Wanderung zu Fuß fort. Nach einiger Zeit gelangen sie an einen einsamen Gutshof, der von Grit (Iris Minich) und deren halbwüchsigem Sohn Henri (Denis Alevi) bewohnt wird. Dort werden sie herzlich willkommen geheißen und genießen einige erholsame Tage zusammen mit Henri beim Schwimmen, Rudern und Angeln im nahegelegenen See. Doch Johann probiert bei einem kleinen Spaziergang im Wald von einem Strauch giftiger Graubeeren und beginnt zu halluzinieren. Nicht nur für ihn, sondern auch für den Zuschauer verschwimmen die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Einbildung.

Beim Crossing Europe-Festivel in Linz ist der Film bereits gelaufen. Christoph Huber berichtet von einem Zuschauer, der nach der Vorführung fragte: “Und wer soll denn dafür die Zielgruppe sein?”, worauf der Regisseur keck und kurz antwortete: “Ich!”

Ganz abgesehen vom ironischen Unterton gibt diese Äußerung die Absicht des Filmemachers wieder – der mit Rückenwind einen Film drehen wollte, den er persönlich im Kino-Betrieb vermisst. Im Hinblick auf künstlerische Freiheit realisierte er den Film für einen kleinen Verleiher, der sich auf schwule Stoffe konzentriert. Ursprünglich war Rückenwind als experimenteller, erotischer Essay geplant, der auf sprechende Schauspieler vollkommen verzichtet und seine Sprachlichkeit aus einem durchgehenden Voice-Over bezieht. Am Ende sprechen die Schauspieler doch – und auch sonst verläuft die Geschichte zumindest teilweise in klassischeren Bahnen. Die Eigendynamik, die sich bei der Produktion eines Films entwickelt, nicht zu unterdrücken – das hat wohl auch etwas mit künstlerischer Freiheit zu tun.

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