Eigentlich ist Jack, die Hauptfigur in Boy A, ein ganz sympathischer Kerl. Ein bißchen linkisch und naiv vielleicht, ein wenig unbeholfen für seine 24. Jack fehlt es eindeutig an Erfahrungen im Umgang mit seinen Mitmenschen, im Umgang mit dem anderen Geschlecht. Das ist wenig verwunderlich, denn Jack war 14 Jahre im Jugendknast und lernt erst jetzt, langsam auf eigenen Beinen zu stehen.
Mit 10 hat er zusammen mit einem Freund eine schreckliche Tat begangen, die sein Leben bis heute geprägt hat. Jetzt versucht er zurück in die Normalität zu finden. Mit neuem Namen und neuer Identität und der Hilfe seines Bewährungshelfers soll er in der Welt zurechtkommen. Die Öffentlichkeit kennt ihn nur aus dem Prozess, dort wurde die Namen der jungen Täter verschwiegen, das Gericht nannte sie nur Boy A und Boy B. Jack ist Boy A.
John Crowley nimmt sich in dieser Buchverfilmung eines spektakulären Themas an. Inspiriert wurde der Film, wie seine Buchvorlage, von dem grausigen realen Fall um die Ermordung des Jungen James Bulger – der von zwei Elfjährigen Jungen umgebracht wurde. Eine sinnlose und kaum zu begreifende Tat, die Anfang der 1990er Jahre Großbritannien und die Welt erschütterte.
Doch so boulevardtauglich auch das Thema ist, so wenig reißerisch geht Boy A damit um. Die einfühlsame, aber nie rührselige Inszenierung schildert Jacks Rückkehr ins Leben, seine beständige Angst vor der Entdeckung, aber auch seine Sehnsucht nach Normalität. Seine Tat, die sich erst nach und nach erschließt, wird nie banalisiert, auch wenn der Zuschauer dem ungelenken jungen Mann zweifellos Sympathien entgegenbringt.
Einfache Antworten wird er allerdings nicht bekommen. Ist Jack ein Monster? Ist er ein Opfer der Umstände? Hat er überhaupt ein Anrecht auf Glück? Darf seine Freundin jemanden lieben, der gemordet hat? Wie will eine Gesellschaft mit Mördern umgehen, die selbst noch Kinder sind?
Der Zuschauer muss sich seine eigenen Gedanken machen, genau wie die vielschichtig gezeichneten Figuren des Films, die zusätzlich auch alle ihre eigenen alltäglichen Probleme haben. Besonders spannend ist der zweite Erzählstrang, des Bewährungshelfers, der es sich zum Ziel gesetzt hat, Jack zu einem Erfolgsfall zu machen und dabei völlig übersieht, wie sein eigener Sohn um Zuneigung und Anerkennung kämpft.
Kein leichter, kein süffiger Film, aber ein spannender und sehr gut gespielter, für all jene, die zwischen all den Blockbustern und Effektorgien ihr Gehirn auch einmal anschalten möchten.
Hier der Trailer:
Boy A läuft ab dem 07.05.2009 im Kino