Pier Paolo Pasolinis schockierendes Meisterwerk Die 120 Tage von Sodom erschien 1975 und ist noch immer eine der aufreibendsten Filmerfahrungen, die man sich antun kann. Um den zeitweise beschlagnahmten Titel ragen sich Sagen und Geschichten. Etwa die Theorie, dass der ebenso kontroverse wie unverblümt antifaschistische Inhalt etwas mit dem Mord am Regisseur, nur wenige Tage nach der Premiere, zu tun gehabt hatte.
Die Struktur des Films schaute Pasolini sich bei Dantes Höllenkreisen ab: Leidenschaft, Scheiße und Blut. Die geistige Vorlage lieferte hingegen die vielleicht versauteste Gestalt der Literaturgeschichte, auf die sogar der Begriff Sado-Masochismus zurückgeht.
Der Marquis de Sade schrieb im 18. Jahrhundert die Vorlage zu einem der härtesten Filme aller Zeiten
Pasolinis Skandalfilm erzählt von den erniedrigenden, sexuellen Gewalteskapaden in der norditalienischen Fascho-Republik Salò. Hier lassen vier mächtige Männer 18 Teenager entführen und setzten sie mithilfe junger Wachen monatelanger Pein aus. Den Titel Die 120 Tage von Sodom teilt sich das umstrittene Werk mit einem 240 Jahre alten Text des berüchtigten Marquis de Sade. Für seine pornografischen Romane und einen Fluchtversuch in der Bastille inhaftiert, ließ der adelige Autor aus Frankreich sich auch hinter Gittern nicht von seinem Schaffen abhalten. So entstand um 1785 herum der Episodenroman über die sadistischen Sexualpraktiken von vier Protagonisten.
Hier ein Trailer zum Film Die 120 Tage von Sodom:
Für seinen Film nahm Pasolini sich den Text des Marquis vor und versetzte die Handlung in die letzten Monate des faschistischen Marionettenstaates des Dritten Reichs. Die vier Protagonisten tragen dabei die gleichen Titel wie in der jahrhundertealten Vorlage: der Fürst/Richter (Paolo Bonacelli), der Präsident (Aldo Valletti), der Bischof (Giorgio Cataldi) und der Financier (Umberto P. Quintavalle).
Der Marquis de Sade selbst wurde über die Jahre in mehreren Filmen über ihn und sein versautes Schaffen dargestellt. Etwa von Klaus Kinski in Marquis de Sade – Justine (1969) oder Daniel Auteuil in Sade (2000).
Späte FSK-Freigabe für die 120 Tage von Sodom
Erst 2022 wurde Salò aka Die 120 Tage von Sodom vom deutschen Index gestrichen. Nach Aufhebung der jahrelangen Beschlagnahmung erfolgte eine Neuprüfung durch die FSK und der Film wurde im Februar 2024 offiziell ab 18 Jahren freigegeben (via Schnittberichte ).
Streamen kann den Film nicht, dafür liegen DVDs und Blu-rays der Kino Kontrovers-Reihe sowie mehrere ausländische Versionen für das Heimkino vor.