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FSK, Index, Zensur - Ein Filmanalyse-Spezial

31.08.2015 - 00:00 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Filmanlyse: FSK, Index, Zensurmoviepilot
Wolfgang M. Schmitt jun. fragt in seinem Filmanalyse-Spezial, wie und was heute im Film zensiert wird.

Immer erhitzen sich die Gemüter von Filmliebhabern, wenn wieder mal ein Film auf dem Index landet oder es auch nach Jahren und Jahrzehnten nicht gelingt, einen Film vom Index streichen zu lassen. Umso lauter sind die Jubelrufe, wenn doch nach jahrelangen Auseinandersetzungen ein einst verbotener Film wieder legal in Deutschland zu erwerben ist. Man denke beispielsweise an den Horrorfilm Blutgericht in Texas, der mittlerweile überall erhältlich ist. Schaut man sich diese Inkunabel des Splatterfilms heute an, wird man die heißen Diskussionen der letzten Jahrzehnte nur noch schwerlich nachvollziehen können. Explizite Gewaltdarstellungen und ihre Rezeption seitens der Zuschauer unterliegen Moden und Sehgewohnheiten, die sich rasch und permanent verändern.

Ebenso ist es mit Darstellungen von Nacktheit. Den Skandalfilm Die Sünderin aus dem Jahre 1951, in dem man Hildegard Knef für wenige Sekunden aus großer Distanz nackt sieht, könnte man – wäre die Selbstmordthematik nicht – heute problemlos im Kinderfernsehen zeigen. So sind auch viele Altersbeschränkungen der FSK nur bedingt nachzuvollziehen: Während es Gewaltdarstellungen schwierig haben, eine Freigabe ab 12 oder gar ab 6 Jahren zu erhalten, hat die FSK offensichtlich keine Probleme damit, dass in häufig schon ab 6 Jahren freigegebenen Komödien äußerst vulgär über Sex und all seine erdenklichen Spielarten ausgiebig diskutiert wird. Dass Film nicht nur etwas Visuelles ist und die Bilder, die bei Kindern durch diese Dialoge im Kopf entstehen, viel problematischer sein können, interessiert die FSK wohl nur bedingt. So problematisch das in Einzelfällen sein mag, obsolet macht dies die FSK keineswegs, denn eine Richtschnur kann immerhin für ein Mindestmaß an Kinder- und Jugendschutz sorgen. Von den bedauerlichen Fällen von ungerechtfertigten Indizierungen einmal abgesehen, ist auch ein Index nicht grundsätzlich überflüssig. Doch wir diskutieren hier immer über direkte Zensur und direkte Beschränkungen.

Viel interessanter ist es aber, über eine Form der strukturellen Zensur in Filmen nachzudenken: Funktioniert Zensur heute nicht viel perfider, weil sie unsichtbar ist? Wir sollten uns bei jedem mittelmäßigen Film, den wir zu sehen bekommen, fragen, welchen Film wir dafür gerade nicht sehen können? Weil der Antrag auf Filmförderung abgelehnt wurde, weil der Film keinen Verleih gefunden hat, weil der Film nur in einem Kino in Berlin läuft. Wenn man seit einigen Jahren das Gegenwartskino verfolgt, stellt man sich noch eine andere Frage: Kann es nicht sein, dass heute vor allem Anspruchsvolles zensiert wird?

Mehr dazu im Video!

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Kino anders gedacht. Wolfgang M. Schmitt jun. beleuchtet für seinen YouTube-Kanal “Die Filmanalyse” aktuelle Großproduktionen aus einer etwas anderen Perspektive. Er will mit seinen provokanten Kritiken die Ideologie Hollywoods offen legen, die sich mal offensichtlich, mal im Verborgenen, aber in aller Regel unfreiwillig in den Blockbustern des Kinos auftut. Schmitt jun. schreckt bei seinen oft polarisierenden Analysen auch vor den großen Theorien und Denkern aus Vergangenheit und Gegenwart nicht zurück und sorgt damit immer für kontroverse Diskussionen.


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