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Gwen Stefani - This is What the Truth Feels Like

26.03.2016 - 18:50 UhrVor 9 Jahren aktualisiert
Tut gut, sie wiederzuhaben, aber ihr fehlt die Power
Interscope
Tut gut, sie wiederzuhaben, aber ihr fehlt die Power
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Annehmbares Comeback einer einstigen Popikone

Jahr: 2016

Genre: Pop

Singles: Used to Love You, Make Me Like You


Tja, da hat die gute Gwen Stefani nach 10 Jahren Pause einfach mal spontan ein neues Album veröffentlicht. Für diejenigen Jungspunde unter euch, die sie nicht mehr kennen: in meiner Kindheit war Stefani in etwa das, was Katy Perry, Nicki Minaj und Lady Gaga heute sind. Eine Popdiva, die sowohl durch wunderbar kreative und experimentierfreudige Mainstreammusik und gleichzeitiges luxuriöses und exzentrisches Auftreten, sowie freakige Musikvideos auffiel. Auch davor war sie schon fest etabliert in der Szene: seit den 90ern war sie auch die Sängerin und Songwriterin der Ska-Band No Doubt ("Don't Speak" läuft auch heute noch oft im Radio, solltet ihr also kennen), die Musik der Gruppe spiegelt aber zu keiner Zeit ihre Solowerke wieder, die sich leider auf 2 sehr erfolgreiche Alben beschränkten, ehe sie sich aus familiären Gründen aus dem Musikbiz zurückzog. Naja, zumindest bis jetzt. Jetzt ist ja ihre dritte Arbeit dar.

Obwohl ich zwar durchaus Angst hatte, wie sich der alte Hase in Zeiten von knallbunter Individualität schlägt, war ich durch meine rosarote Fanboy-Brille geblendet doch zuversichtlich, dass dies eines der spaßigstem Alben des Jahres werden würde. Gleich mal vorweg: auch, wenn ich mir sicher bin, den ein oder anderen Song am Jahresende in meiner annuellen Top 20 vorzufinden, kann das gesamte Album nicht an das anknüpfen, was Stefani vor einem Jahrzehnt bereits gezeigt hat. Man kann nicht behaupten, dass sie eine schlechte Figur macht, nichtsdestotrotz wirkt die einstige Trendsetterin hier erschreckend trivial. Nur allzu oft bleiben die Lieder identitätslos und - es schmerzt fast, es zu sagen - lassen ihr wenig Wiedererkennungswert.

Auf dem Album befinden sich teilweise Songs, die klingen, als wären sie für Rihannas "Anti" oder Justin Biebers "Purpose" geschrieben, letztlich aber nicht verwendet worden - was natürlich nicht stimmt, denn Stefani legte immer bereits Wert darauf, selbst die Feder in die Hand zu nehmen und die Initiative zu ergreifen. Dass auch eine Diva mit der Zeit zu gehen versucht, ist ja an und für sich nicht schlecht. Das klappte bei Madonna auch einige Jährchen lang gut (und dann kam "MDNA"... seufz... aber das ist eine andere Geschichte). Leider sucht sich die ehemalige No Doubt-Sängerin aber exakt das falsche Ende der modernen Popkultur aus - den melancholischen, eintönigen RnB, dem einige Popsternchen gerade frönen, bei welchem sie ihre Indie-Qualitäten beweisen. Ist ihr gutes Recht, und dass das Experiment missglückt ist, kann man so auch nicht sagen. Zu keiner Zeit wird "This is What the Truth Feels Like" langweilig oder gar peinlich. Souverän schaukelt sich Stefani von Nummer zu Nummer, leider fehlt aber das gewisse Etwas. Ein wenig Pfeffer, ein wenig Wagnis. Würze. Elan. Experimentierfreude. Nennt es wie ihr wollt. Stefanis Stimmfarbe ist fast zu schrullig für derart introvertierte Musik.

Ich betone nochmals ausdrücklich: obwohl das Album meinen Erwartungen nicht gerecht wurde, ist es doch keinesfalls misslungen. Dennoch brilliert Stefani in eher gewagten Momenten - das Songpaket "Red Flag", "Asking 4 It" (mit dem vielversprechenden Newcomer Fetty Wap) und "Naughty" ist da definitiv das Highlight der CD. Eigentlich verwunderlich, wären die meisten Popsängerinnen mit den ersten beiden, stark an Rapmusik orientierten, Songs gnadenlos gescheitert - nichtsdestotrotz liegt Stefanis Stärke immer noch in lauter, wenngleich manchmal gewöhnungsbedürftiger Musik. Sie ist eine Entertainerin und sollte das voller Stolz zeigen. "Naughty" ist beispielsweise kein HipHop-Crossover, sondern schlicht ein Feel Good-Song, der ins Ohr geht und Spaß macht, wie ein Guilty Pleasure eben Spaß macht.

Ich sehe bei "This is What the Truth Feels Like" zwar rein technisch eine 1+ mit Sternchen, doch nur selten kommt ein individualistisches und atemberaubendes Feeling auf. Lady Gaga sollte keine Rihanna-Songs singen und umgekehrt. Nicht, weil eine der beiden schlechter ist als die andere, sondern, weil es unterschiedliche Welten sind. Gwen Stefani ist eine Lady Gaga, die Rihanna-Songs singt. Da sie den Stimmumfang besitzt, klingt das Ganze durchaus gut, nichtsdestotrotz fehlt es an Seele. Stefani performt mit Bravour - doch selten klingt es nach großem Kino. Oder in anderen Worten: bereits seit 10 Jahren laufen ihre CDs "Love. Angel. Music. Baby." und "The Sweet Escape" bei mir heiß. Von "This is What the Truth Feels Like" wandern langfristig eine Handvoll Songs in diverse Playlists - während das Album auf Dauer in der Masse an CDs meiner Sammlung in den Hintergrund rückt. Schade. Trotzdem sehr schön, eine alte Bekannte wieder zurückzuhaben. Ich freue mich sehr, ihre Musik nicht missen zu müssen - und hoffe, auf dem nächsten Album wieder die volle Palette Kreativität vorzufinden.


Tracklist:

1. Misery

2. You're my Favourite

3. Where Would I Be?

4. Make Me Like You

5. Truth

6. Used to Love You

7. Send Me a Picture

8. Red Flag

9. Asking 4 It

10. Naughty

11. Me Without You

12. Rare

13. Loveable

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