Erst vor knapp zwei Jahren, als die Remake-Uhr auf Videodrome stand (aktueller Status des Projekts ist unbekannt), habe ich diesen Klassiker aus dem Jahr 1983 für ein Uni-Projekt ausgewählt, zum ersten Mal gesehen und nicht mehr aus meinem Kopf bekommen. Wie schafft es Regisseur David Cronenberg immer wieder, mit simpler Tricktechnik so furchteinflößend lebensechte, nachhaltig beeindruckende und auch sinnstiftende Bilder zu erzeugen? So viele Körper können bei den Blutgericht in Texas -Remakes gar nicht entzwei gesägt werden, als dass es nur annähernd den selben einprägenden Schockeffekt hätte. Bei unserer Auswertung letztes Jahr, welche Horrorfilme denn eure liebsten sind, lag Videodrome auf dem stattlichen Platz 17 mit einem Wert von 74,76. Als ich heute nachgesehen habe, musste ich bedauern, dass die Bewertung auf 73,75 gesunken ist. Für mich ist das ein Grund mehr, den Horrorfilm noch einmal unter die Lupe zu nehmen.
Warum ich Videodrome mein Herz schenke
Erstmals aufmerksam wurde ich auf Regisseur David Cronenberg – wie so oft – über Die Simpsons. In ihrem dreiteiligen Halloween-Special Treehouse of Horror VIII widmen sie eine der Episoden ganz Cronenbergs Körperhorror-Kammerspiel Die Fliege. Auf einem Flohmarkt findet die gelbe Familie zwei Teleporter und als sich Bart gemeinsam mit einer Fliege von einem zum anderen beamen lässt, verwandelt er sich in eine große Fliege mit Barts Körper und in einen kleinen Bart mit Fliegenkörper. Ganz so einfach geht das bei Cronenberg natürlich nicht, denn der ist Experte auf dem Gebiet des schleichenden, verzerrenden und verstörenden Körperverformens. Dieses Mutationsthema zieht sich durch seine Werke wie die Parodie sich durch knapp ein Vierteljahrhundert Simpsons zieht. Drei Jahre vor dem Fliegenmonster bastelte Cronenberg eine noch viel schlimmere Version menschlicher Verformung namens Videodrome. Diesem Film schenke ich mein Herz, da sich Cronenbergs einmaliger Körper-Horror und zynische Gesellschaftskritik hier zu einem spannenden und einprägsamen Horror-Thriller zusammentun, der aufgrund seiner radikalen, bildlichen Ausdrucksweise heute noch aktuell ist.
Für alle, die den Klassiker noch nicht gesehen haben, hier ein Abriss der Handlung. Videodrome dreht sich um Max Renn (James Woods), den Betreiber eines schmuddeligen TV-Senders. Auf der Suche nach neuem Material entschlüsselt sein Kollege einen Sender namens Videodrome, auf welchem Gewaltpornos zu sehen sind. Seine Freundin Niki findet diese Sendung so toll, dass sie sich für eine Rolle bewirbt, während Max auf der Suche nach den Betreibern dieses Kanals ist. Von Kollegen gewarnt, dass die gewaltvollen Darstellungen nicht gespielt seien, erfährt er, dass Videodrome nach längerem Ansehen einen Halluzinations-auslösenden Tumor im Gehirn der Betrachter erzeugt. Schon längst ist er selbst zum Opfer von Videodrome geworden und gräbt sich immer tiefer in deren dunkles Geheimnis. Max wird vom Pornokanal-Betreiber zum paranoiden Gejagten. Er droht unter der psychichen Belastung der Halluzinationen zu zerbrechen und sieht seinen Körper in grausige Gestalten mutieren.