In Die Klasse unter der Regie von Laurent Cantet spielen die jugendlichen Schüler “nur” Laiendarsteller. Sie wurden alle gecastet und sollen eine typische französische Schulklasse repräsentieren. Viele Szenen sind improvisiert, entstanden mit Hilfe der Jugendlichen. Dabei ist es besonders wichtig, wie aus vielen improvisierten Szenen, dem Eifer und zugleich der Hilflosigkeit der Jugendlichen ein Film entsteht, der nicht langweilig ist und eine innere Stringenz aufweist. Der Regisseur erklärt, wie die Arbeit mit dem Text vor sich ging; wie die Jugendlichen ohne Drehbuch gearbeitet haben.
Die “Dialoge”…
Die Jugendlichen haben nie ein Drehbuch in der Hand gehalten. Wir haben festgestellt, dass beim Improvisieren von uns vorgeschlagener Szenen, mit denen sie einverstanden waren, sie selbst eigene Dialoge entwickelten mit bestimmten Änderungen, Wendungen und Ausdrücken, die François Bégaudeau in seinem Buch benutzte – als würden sie sich schon lange mit dem Archetypus der Sprache beschäftigen.
Es gibt da manchmal einen wahren sprachlichen Triumph, selbst wenn es grammatikalisch nicht gerade den Vorstellungen des Lehrers entspricht. Und eine Minute später, nichts. Da heißt es dann: “Ich weiß genau, was ich sagen will, aber mir fehlen die passenden Worte”.
Der ganze Film ist um die Sprache herum konzipiert. Ich hatte Lust, die Rededuelle in einer Klasse einzufangen, ungeachtet der Relevanz oder Richtigkeit, es zählte vor allem, das letzte Wort zu haben. Dieses Spiel beherrschen die Jugendlichen aus dem FF, eine gewundene Rhetorik, die auch die Lehrer unter sich anwenden. Es sind vor allem die üblichen Missverständnisse, die dazu führen, dass man sich nicht versteht oder nur zur Hälfte. Beispielsweise die Doppeldeutigkeit hinter dem Wort “Schlampe”, die den Konflikt auslöst. Oder das eine Wort zuviel von François Bégaudeau während des Team-Meetings – dieser “schulmäßig begrenzte” Junge wird durch die Sprache der beiden Klassenvertreterinnen zum inakzeptablen “begrenzt”, was Souleymane vor den Disziplinarausschuss bringt.
Copyright: Mit Material von Concorde / Das Interview führte Philippe Mangeot