Judge Dredd und die Frauen

22.11.2012 - 08:50 UhrVor 12 Jahren aktualisiert
Judge Dredd bekommt es im Reboot mit besonders starken Frauen zu tun
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Judge Dredd bekommt es im Reboot mit besonders starken Frauen zu tun
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Judge Dredd gehört zu den ganz harten Kerlen des Comic-Universums. Im Reboot von Pete Travis sind es aber die Frauen, die nicht nur dem Helden den Rang ablaufen, sondern die gesamte Männerwelt in ihrer Ehre bedrohen.

Das Reboot Dredd hat die Kritiker positiv überrascht. Nach der viel kritisierten Erstverfilmung von 1995, die Hauptdarsteller Sylvester Stallone immerhin eine Nominierung für die Goldene Himbeere einbrachte, hatte keiner mehr daran geglaubt, dass der Comic von John Wagner und Carlos Ezquerra noch einmal den Stoff für einen gelungenen Science Fiction Film liefern würde. Umso mehr freuen sich nun alle über das Wiedersehen mit dem Polizisten, Richter und Henker in Personalunion (Rotten Tomatoes vergibt stolze 77%). Aber irgendetwas ist dann doch ganz anders als gedacht! Dredd stellt so einige ungeschriebene Gesetze des Actionfilms auf den Kopf und droht es sich insbesondere mit dem männlichen Publikum zu verscherzen. Denn Mann will sich im Actionfilm in all seiner Überlegenheit bestätigt sehen. Stattdessen wird ihm in Dredd ein Mutterkomplex angedichtet und mit Kastration gedroht.

Judge Dredd zwischen zwei Frauen: Heilige oder Hure – wer soll es sein?

Das Konzept, dass sich weibliche Figuren in Filmen in die Kategorien Heilige oder Hure einordnen lassen, haben wir heute glücklicher Weise größtenteils überwunden. Frauen dürfen inzwischen differenziertere Rollen spielen, auch wenn ihre Darstellungen immer noch ein wenig dazu neigen, in eine dieser Charakter-Fallen zu tappen. Und auch die beiden Frauen, die im Zentrum des Plots von Dredd stehen, wirken auf den ersten Blick, als würde hier genau diesem bipolaren Klischee von anno dazumal entsprochen werden. Da ist auf der einen Seite die empfindsame Judge-Anwärterin Anderson (Olivia Thirlby) und auf der anderen die diabolische Ma-Ma (Lena Headey).

Die blonde Auszubildende Anderson wird Judge Dredd (Karl Urban) für einen Tag zur Bewährungsprobe an die Seite gestellt. Seine Meinung dazu ist offensichtlich: Das Mädchen wird den Tag sowieso nicht überleben. Und so empfinden auch wir im Publikum Anderson als eine schwache Person, die vom starken Helden beschützt werden muss. Hinzu kommt, dass sich Anderson im Gegensatz zu Dredd, der seinen Helm im gesamten Film nicht ein einziges Mal ablegt, vollkommen ohne Kopfschutz durch die Handlung kämpfen muss, damit auch jeder Zuschauer verinnerlicht, wie nett die Dame anzusehen ist. Während die Attraktivität der männlichen Figur also keine Rolle spielt, wird die Frau wieder zum Objekt der Begierde. Auch scheinen die mentalen Kräfte Andersons eine maßlose Übertragung des Klischees darzustellen, Frauen könnten sich grundsätzlich besser in ihr Gegenüber einfühlen als Männer. Während Judge Dredd den gesamten Film über abgeklärt die Mundwinkel nach unten zieht (Karl Urban muss schrecklichen Gesichtsmuskelkater gehabt haben!), ist Anderson das Mitgefühl in Person und kann die Gedanken und Emotionen ihres Gegenübers in Sekundenschnelle ergründen.

Das genaue Gegenteil stellt Ma-Ma dar, deren Name hier vollkommen irreführend ist. Im Gegensatz zur heiligen Anderson ist Ma-Ma die „Hure“, die nicht über Empathie verfügt und ausschließlich mit Männern zusammenlebt. Ihre Handlungen sind unmoralisch, sie ist das personifizierte Böse. Statt graziler weiblicher Schönheit verfügt Ma-Ma über einen eher androgynen Körper, ihr Gesicht ist durch eine tiefe Narbe vollends entstellt und die Zähne sind in Folge übermäßigen Konsums der Modedroge „Slo-Mo“ grünlich verfärbt. Kurz gesagt: Ma-Ma ist keine Frau, die Mann sich gerne anguckt!

Nun scheint es, als handelte es sich hier mal wieder um zwei eindimensional konstruierte, klischeehafte Frauenfiguren, die wir so oder so ähnlich schon zigfach gesehen haben und die lediglich dazu dienen, die männlichen Helden der Geschichte als solche noch deutlicher hervor zu heben. Doch weit gefehlt!

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