Bei der Berlinale war Renn, wenn Du kannst Eröffnungsfilm in der Sektion Perspektive deutsches Kino. Zusammen entwickelten die Geschwister Dietrich Brüggemann und Anna Brüggemann die Idee und das Drehbuch zu dem Drama, in dem ein Rollstuhlfahrer und sein Zivi sich in dieselbe Frau Anna Brüggemann verlieben. Diese studiert Cello und hat mit ihrem Lampenfieber zu kämpfen. Heute startet Renn, wenn Du kannst in den Kinos. Der Film gewann den Publikumspreis 2010 beim Festival des deutschen Films.
Was passiert in Renn, wenn du kannst
Benjamin (Robert Gwisdek aus 13 Semester) ist seit sieben Jahren durch einen Unfall querschnittsgelähmt. Auf den Rollstuhl und fremde Hilfe angewiesen, lebt er sein Dasein als zynischer Tyrann. Seine Magisterarbeit lässt er vom Wind aus dem Fenster wehen. Auch wenn Benjamin wie ein Arschloch wirkt, ist er verletzt, versucht sich zu schützen und sein Leben unter diesen Umständen unterhaltsam zu gestalten – und das auf Kosten aller. Sein neuer Zivildienstleistender ist Christian (Jacob Matschenz), der wohlwollend und hilfsbereit ist, aber auch da ist, weil er da sein muss. Benjamin beobachtet von seinem Balkon aus seit zwei Jahren eine Fahrradfahrerin auf ihrem Weg zur Uni. Als Christian mit ihr zusammenstößt, lernt auch Ben sie kennen. Eine Dreiecksbeziehung entsteht, in der sich beide Männer in die Angebetete verlieben. Was sein Zivi leicht nehmen kann, bedeutet für Ben eine Konfrontation mit der Realität und seinen Sehnsüchten.
Kritikerstimmen zu Renn, wenn du kannst
Günter H. Jekubzik schreibt im Filmtabs Blog, dass mit Renn, wenn Du kannst bei der Berlinale “gleich der Auftakt ein Knaller” war. “Sensationell freche Dialoge, eine mutige Geschichte, der Charme des Ruhrpotts und tolle Darsteller” machen den Film für den Kritiker “zu einem der Hingucker für dieses Kinojahr.”
Peter Gutting von Kino-Zeit.de zeigt sich vor allem von der schauspielerischen Leistung von Robert Gwisdek begeistert. Der Schauspieler gestalte seine Figur “so komplex, dass allein die Charakterzeichnung für Spannung sorgt. Dieser Ben ist draufgängerisch und verletzlich, frech und empfindsam.” Das alles geschehe in einer Mischung, die man “in keiner Sekunde vorhersehen” könne. Dass es nicht um Mitleid geht, sondern zynische und “geniale” Sprüche genutzt werden, dem Zuschauer die Figur des behinderten Ben näherzubringen, sei eine große Stärke des Films. “Das bewahrt den Zuschauer vor den Berührungsängsten, die man im realen Leben vor Rollstuhl-Schicksalen haben mag.”
Auch Andreas Resch von der taz findet, “die große Qualität von Renn, wenn Du kannst (…) liegt in der Komplexität seiner Hauptfigur.” Doch die Auflösung des Filmes kann ihn nicht überzeugen. Die Handlung werde zum Ende hin der Auflösung untergeordnet, mit der versucht würde, “sämtliche Plotknoten” zu entflechten, “was eigentlich überhaupt nicht notwendig gewesen wäre.”
Renn, wenn Du kannst dreht sich um Behinderung, Einsamkeit, Nähe, Fantasie, Realität, Sexualität, Überforderung, Karriere und Gemeinsamkeit. Ab 29. Juli ist er im deutschen Kinoprogramm zu finden.