Als LOST 2004 die Bildschirme eroberte, schien es ein Lichtblick im trüben TV-Einerlei aus Soaps, Copserien und Sex and the City-Hype zu sein.
Optisch spektakulär, mit herausragender Kameraarbeit, die oft Kinoqualität erreichte, fesselte die Serie um eine Gruppe von Überlebenden, die nach einem Flugzeugabsturz auf einer mysteriösen Insel gestrandet sind.
Das faszinierende an LOST war, neben der guten Besetzung, über deren Rollen und deren Verbindungen untereinander man in Flashbacks immer mehr erfuhr, vor allem das Gefühl, daß es hier etwas zu enträtseln gab. Es wimmelte von Andeutungen, die alle auf ein großes Geheimnis hindeuteten. Dass schloss auch die Welt außerhalb der Serie mit ein, denn dutzende Fake-Internetseiten im Netz lieferten scheinbar weitere Informationen rund um Flug Oceanic 815 und die einflußreiche DHARMA Initiative. Eine Schnitzeljagd im Netz, die Fans dazu brachte in Foren und auf Lost-Sites exzessiv Theorien zu entwerfen und zu diskutieren. Sogar eine eigenes LOST-Lexikon im Wiki-Style gibt es.
Ursprünglich auf 3 Staffeln angelegt, brachte der überwältigende Erfolg der ersten Season den Sender NBC dazu, sofort eine längere Laufzeit zu avisieren.
Und damit fingen die Schwierigkeiten an, denn als Lost für die zweite Staffel zurückkehrte, wurden erste Schwachstellen offenkundig. Vor allem eine: Die Macher hatten keinen Masterplan, der alle Hinweise wirklich logisch auflösen konnte. Es gab keine Antworten, es gab immer nur mehr Rätsel und Andeutungen und mehr Andeutungen. Und auch die Produktion wurde billiger. Bot die erste Staffel noch viele elaborierte Sets und fantastische Aufnahmen der Insel, spielten sich weite Teile der Folgeseason in eindeutigen Studiosets ab.
Und anstatt die Handlung vorran zu bringen, schien es als wolle man krampfhaft die Storyline strecken. Das führte zu den sogenannten YoYo-Folgen, in denen die Figuren sich aufraffen etwas zu tun, nur um am Ende wieder im bekannten Setting zu landen. Raus aus dem Hatch, zurück in den Hatch. Und nomma. Und auch die ehemals spannenden Flashbacks, ergingen sich zunehmend in der Variation bereits hinlänglich bekannter Fakten.
Der Frust einiger Fans darüber wurde so groß, daß sich MSN News genötigt sah, einen offenen Brief an die Lost-Macher zu richten, mit der Bitte doch wenigstens ein paar Geheimnisse aufzulösen, anstatt immer nur neue hinzuzufügen.
Als Fan der Serie, konnte ich es gut nachvollziehen, denn auch meine Geduld wurde durch die Unmenge an Billig-Episoden, die ich insgeheim “Boredom at the backlot” getauft hatte, auf die Probe gestellt. Die Serie war immer noch leidlich unterhaltsam, nicht zuletzt dank der guten Darsteller, doch der ursprüngliche Zauber war verflogen. Es war einfach offensichtlich, daß es keinen großen Plan gab und somit auch keine Chance, die ganzen Handlungsstränge befriedigend aufzulösen. Die Macher entwickelten die Story “as they went along”, für jede unbefriedigende Erklärung wurden drei neue Rätsel eingeführt.
Die letzten Staffeln von LOST, seit der Einführung der “Others” und deren Anführer Henry bestehen im wesentlichen aus einem ewigen Wechsel der Allianzen und Rumgerenne auf der Insel, die ihre Studioherkunft schon lange nicht mehr verbergen kann. Die Figurenentwicklung stellt die innere Logik der Serie regelmäßig auf die Probe. Man hat den Eindruck, daß es ein leichtes wäre die Rätsel des Lost-Island zu lösen, wenn die Charaktere nur etwas miteinander reden und ihr Wissen miteinander teilen würden. Stattdessen übt sich jeder in beständiger Geheimniskrämerei, die nur den einen Sinn hat: Die Story auszubremsen.
Henry ist böse wir müssen ihn umbringen. Oh nein, er hat wichtige Informationen. Wir folgen ihm. Nein er ist böse, ach nein wir folgen ihm. Locke ist geisteskrank, ach nein ist er nicht. Ich hasse dich, nein ich hasse dich doch nicht. Die Others sind gut, nein die Others sind böse. Hin und her, her und hin, two steps foreward and two steps back.
LOST tänzelt auf der Stelle und die wirklichen Entwicklungen pro Staffel können jeweils in zwei Sätzen zusammengefasst werden. Kein Wunder das desillusionierte Fans, die aus irgendeinem Grund trotzdem noch weiterschauen mittlerweile eigene WHY LOST SUCKS-Seiten betreiben, in denen jede Folge noch einmal ihre Abreibung bekommt. In Foren tauchen öfter immer wieder Listen auf, in denen aufgezählt wird, warum LOST mittlerweile nervt. Hauptkritikpunkt: Es passiert im Grunde nichts.
WTF – Die Kurzform von What the Fuck? – Was zum Teufel…? dürften wohl so einige Fans denken und sind damit nicht alleine. Wie ein Videozusammenschnitt zeigt, stellen sich wohl auch die Figuren der Serie öfter die Frage, worum es bei dem Ganzen überhaupt geht:
Mittlerweile wurde die Anzahl von Folgen pro Staffel von 22 auf 14 reduziert, böswillig könnte man behaupten, daß auch das noch zuviele sind für das Minimum an Handlung, daß die Serie bietet (nicht ohne Grund lassen sich die ersten 3 Staffeln problemlos in 8 Minuten zusammenfassen). Erfolgreich ist sie dennoch weiterhin und noch gibt es genug Fans die regelmässig einschalten.
Was meint ihr? Schaut ihr LOST noch? Habt ihr es früher geschaut oder war euch die Serie immer schon egal?