Mr. Nobody und der wunderschöne und unaufhaltsame Sog

25.07.2011 - 08:50 Uhr
Aktion Lieblingsfilm: Mr. Nobody
Concorde Filmverleih/moviepilot
Aktion Lieblingsfilm: Mr. Nobody
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Mr. Nobody hat eine herausragende Besetzung und etliche Fans. So wie den User, der uns diesen Text gesendet hat.

Meine erste Begegnung mit Mr. Nobody war im Alter von 18 Jahren und schon damals zog der Film mich von Beginn an in seinen Bann.
Nicht nur Jared Leto’s Wandelbarkeit, die Genialität der eigentlichen Idee, die verschiedenen dargestellten philosophischen Aspekte, nein auch dieser wunderschöne und unaufhaltsame Sog, in den der Film einen zu ziehen vermag raubten mir den Atem.
Wie gern wäre ich als Kind Nemo Nobody gewesen, der allwissende Junge, der jede Konsequenz seiner Entscheidungen erst einmal leben kann und dann die scheinbar richtige Entscheidung treffen kann.

„Before he was unable to make a choice because he didn’t know what would happen. Now that he knows what will happen, he is unable to make a choice“

Vielleicht, weil ich die schwerwiegende und folgenschwere Entscheidung die Nemo am Bahnhof zu treffen hatte ebenfalls treffen musste und es oberflächlich mir damals so erschienen wäre, dass es doch zwingend ein Vorteil sei, zu wissen was mich je nachdem wie ich mich entscheide erwartet, hat der Film für mich eine ganz persönliche Bedeutung und hat meine Sicht auf das Leben grundlegend verändert.
Gibt es eine wirklich „richtige“ Entscheidung, ist es nicht entgegen der menschlichen Natur die Zukunft zu kennen oder regiert letztlich der Zufall oder das Schicksal das Leben?
Wie auch dem kleinen Jungen am Bahnhof klar wurde, dass es nicht so einfach ist ein vorbestimmtes Leben zu wählen, so dämmerte es auch mir, dass diese Macht ein Segen aber auch ein Fluch sein kann.

„Do not go where the path may lead, go instead where there is no path and leave a trail“ – Ralph Waldo Emerson

Damals hätte ich wahrscheinlich wie aus der Pistole geschossen diese Gabe angenommen, aber heute würde ich mich, nach reiflicher Überlegung, auch letzten Endes für einen unerschlossenen und unbekannten Weg entscheiden.
Mit kommenden Höhen und Tiefen und jeder Überraschung die das Leben zu bieten hat.
Die Art und Weise, wie diese großen und komplexen Fragen der Philosophie dargestellt werden ist meiner Meinung nach unvergleichlich.
Was ist schon Galileo oder ähnliche Formate gegen Jared Leto, als „Moderator“ einer immer wieder kehrenden Dokumentation über die philosophische Fragen des Lebens, die teilweise mehrfach betrachtet werden müssen um den Inhalt wirklich verstehen und interpretieren zu können.
Die unendliche Vielfalt an Möglichkeiten aber auch genialen Bildern, Metaphern und Sprüngen, die Jaco van Dormael so todsicher verwendet, um die schiere Unendlichkeit der möglichen Verhaltensweisen und deren Konsequenzen darzustellen, sind einfach phänomenal. 

„You have to make the right choice. As long as you don’t choose, everything remains possible“

Dass nach diesem Maßstab gleich 3 “Leben” behandelt wurden, es dabei aber nie langweilig wird und man dennoch zu jeder Zeit alles versteht ist mehr als außergewöhnlich. 
Trotz der Komplexität, der fehlenden Chronologie oder der häufigen Wechsel der Lebensstränge kann man jede einzelne Szene im Gesamtkontext nachvollziehen. 
Ob die “Chaostheorie” oder den “Schmetterlingseffekt” Van Dormael gelingt es jegliche Fragen anschaulich darzustellen und zu einer eigenen, individuellen Interpretation zu animieren. 

„I’ve got nothing to say to you. I’m Mr.Nobody, a man who doesnt exist“

Trotz Dormael’s absoluten Liebe zum Detail schwebt der Film zu jeder Zeit auf beruhigender Art und Weise über den Dingen und wirkt zu keiner Zeit zu aufgesetzt oder gekünstelt. 
Jedes Detail scheint dabei jedoch genau ausgewählt zu sein, allein der Name Nemo der rückwärts betrachtet zum Wort „Omen“ wird , also Vorzeichen eines zukünftigen Ereignisses, ist genau eingesetzt.
Genau wie der eigentliche Name Nemo Nobody nicht mehr oder weniger ist als ein Pleonasmus ist, weil Vor- und Nachname schier dasselbe bedeuten.
Der Name ist nur einer von vielen Faktoren die zur Irrealität des Ganzen beitragen, die Schwebe in der sich der Film bewegt und die dauernde Frage, die man sich stellen muss, was jetzt wirklich real ist und was nur Imagination des Jungen am Bahnhofs geben dem ganzen Film etwas Mgisches und Undurchdringbares.

They say if you slow your breathing, time slows down. The Hindus say so.

Unter oben stehender Prämisse werde ich mir auch demnächst wieder gern den Film anschauen, nur um am Ende feststellen zu müssen, dass, egal wie langsam ich auch atme, er auch diesmal wieder viel zu schnell vorbei sein wird.
Der Film bietet aufgrund seiner Komplexität unzählige Ansatzpunkte, die es wert wären, analysiert zu werden, aber am Ende muss man ihn erleben, um meine Liebe zu ihm nachzuvollziehen zu können.
Ich denke, Mr. Nobody ist ein Beispiel dafür, warum Filme gemacht werden, er unterhält, lässt dich lachen und im nächsten Moment weinen und weiß darüber hinaus Wissen zu vermitteln.
Allein diese Kriterien treffen nicht auf allzu viele Filme der heutigen Zeit zu und dass es Mr. Nobody obendrein versteht, den Zuschauer zu grundlegenden Überlegungen des Lebens zu animieren machen ihn zu meinem Lieblingsfilm.


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