Eine Gruppe Teenager bespannt ein ca. gleichaltriges Mädchen beim Sex. Was sich wie eine beliebige Sequenz aus einem 80er Jahre Erotik-Filmchen anhört, sieht in Hideki Takayamas Urotsukidoji - Legend of the Overfiend dann doch ganz anders aus.
Denn bei dem Lustspiel-Gegenüber der Adoleszenten handelt es sich nicht um einen Jungen oder ein Mädchen, einen Mann oder eine Frau und auch nicht um eine nichtbinäre Person, nein, nicht einmal um ein menschliches Wesen. Stattdessen vergnügt sie sich lieber mit einem seltsamen Tentakelmonster, das sich lüstern um ihren Körper schlingt. Willkommen in der Welt von Urotsukidoji!
Godzilla trifft Dragonball, American Pie und Ach jodel mir noch einen: Die Handlung von Urotsukidoji
Erzählt wird im Film die Geschichte der alten Legende des gottgleichen Chojins. Dieser soll alle 3000 Jahre wiedergeboren werden und unsere Welt mit der der Menschenbiester und Dämonen vereinen, um so ein Reich der Harmonie zu schaffen.
Da dieser vorerst aber im Körper eines Tokioter Jugendlichen feststeckt, hält der Film neben Kaiju-artigen Riesenmonstern und Anime-typischen Lichtstrahl-Duellen (Stichwort Kamehame Ha), auch Dinge bereit, die man vor allem aus Highschool-Filmen kennt: Nerds, Bullys, die erste große Liebe, die ersten sexuellen Erfahrungen und chronische Notgeilheit aller Figuren – wobei dies im Fall von Urotsukidoji wirklich für ALLE Figuren gilt, egal ob Mensch oder nicht.
Dass der Film bis heute als der "bekannteste und verrufenste Erwachsenen-Anime aller Zeiten" (Zitat Dropout Cinema ) beworben wird, hat indirekt mit der japanischen Zensur zu tun.
Dank der Zensur spielen Tentakel eine besondere Rolle
Diese untersagte dem Schöpfer der Vorlage, der bis heute auf erotische und pornografische Werke spezialisierte Mangaka Toshio Maeda, nämlich männliche Genitalien zu zeichnen. Also kam er auf die Idee, Tentakel statt Penisse zu malen (via Glamour ). Egal ob nun bewusst oder unbewusst wurde Maeda so zu einem der bekanntesten Vertreter der zeitgenössischen Tentacle erotica – ein pornografisches Sub-Genre, das in irgendeiner Form Sex und Tentakel enthält.
Schaut euch hier den Trailer an:
Die Ursprünge des Genres gehen dabei zurück auf Katsushika Hokusais Bild Der Traum der Fischersfrau von 1814, wie bei Celebrate Hentai nachzulesen ist. Obwohl allein diese sehr spezielle Form von Bizarr-Erotik Grund genug zum Anstoß lieferte, war es für Regisseur Takayama wohl noch nicht genug. So reicherte er Maedas Ursprungsgeschichte mit einer großen Menge an Sex, Gewalt und Vergewaltigungsszenen an. Die Dämonen schälen sich im Anime daher besonders blutig aus ihren Menschen-Kostümen, Gedärme fallen laut platschend zu Boden und junge Frauen und Teenager-Mädchen werden immer wieder von mehreren Tentakeln gleichzeitig penetriert.
In Japan, wo es eine lange Tradition der Vermengung von Erotischem, Pornografischem und Grotesken gibt , werden solche Bilder selbstverständlich anders wahrgenommen als außerhalb des Lands der aufgehenden Sonne. Im Film gibt es auch eine gewisse Form von Homoerotik, wenn z.B. ein männlicher Teenager das Sperma eines anderen aufleckt. Und mit der Menschbestie Megumi Amano tritt eine sexuell selbstbewusste wie -bestimmte weibliche Figur auf. Das ist zwar erwähnenswert. Nichtsdestotrotz steckt Urotsukidoji voller Vergewaltigungsfantasien und Objektifizierungen von jungen Frauen und Teenager-Mädchen. Was und wie man darüber denkt, muss jede:r Zuschauer:in für sich selbst entscheiden.
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Der kontroverse Anime spielt in seiner ganz eigenen Liga
Urotsukidoji ist so etwas wie die obszöne Unterwelten-Version eines Hieronymus Bosch-Gemäldes, in dem Sex-, Gewalt- und Fantasy-Tentakel kruden Horror, eine epische Liebestragödie und Japan-Pop umarmen: Eine böse Satire und Parodie auf den höllischen Schrecken der sexuellen Adoleszenz
Dieses Zitat vom Moviepilot-User lieber_tee bringt es sehr gut auf den Punkt: Urotsukidoji spielt in seiner ganz eigenen Liga. Dazu gehört auch, dass der Film bei all seiner Verdorbenheit gleichzeitig eine unglaublich faszinierende Geschichte erzählt, sympathische Charaktere hat, die wir schnell ins Herz schließen und einen Animationsstil besitzt, der auch heute noch bahnbrechend ist. All dies sind Elemente, wie sie typisch für das "Golden Age of Anime" sind. Damals waren die Budgets noch groß und keine Idee zu abwegig.
Selbst Anime-Laien kennen die Animes aus dieser Epoche: z.B Dragon Ball Z, Sailor Moon, Neon Genesis Evangelion, Cowboy Bebop, Akira, Ghost in the Shell. Urotsukidoji kann sich ohne schlechtes Gewissen in diese Aufzählung einreihen als das dunkel funkelnde Anime-Juwel, das es ist.
Hier könnt ihr den Film sehen:
- Bamberg, Lichtspiel (28.11.2024-04.12.2024)
- Berlin, Intimes (28.11.2024-04.12.2024)
- Berlin, Tilsiter Lichtspiele (28.11.2024-04.12.2024)
- Berlin, Z-inema (10.12.2024)
- Bonn, Filmbühne (in Planung)
- Düsseldorf, Bambi (03.12.2024)
- Frankfurt am Main, Harmonie (04.12.2024)
- Kassel, Kiezkino im Film-Shop (28.11.2024-30.11.2024)
- Köln, Lichtspiele Kalk (28.11.2024-04.12.2024)
- München, Werkstattkino (28.11.2024-04.12.2024)
- Nürnberg, kommkino (28.11.2024-04.12.2024)
- Nürnberg, kommkino (07.12.2024)
- Pforzheim, Kommunales Kino (22.11.2024)
- Regensburg, Filmgalerie (28.11.2024-01.12.2024)
- Salzgitter, Kultiplex (28.11.2024-04.12.2024)
- Stuttgart, EM Kino (Weird Weekender) (16.11.2024)