Neues Horror-Highlight der Talk to Me-Macher: Bring Her Back gibt Pflegekindern dämonisches Zuhause

07.07.2025 - 08:50 UhrVor 15 Stunden aktualisiert
Bring Her Back
Sony
Bring Her Back
0
1
Nach Talk to Me begeistert auch Bring Her Back als zweites Werk des Regie-Duos mit einer Horrorerfahrung, die ihresgleichen sucht. Selten verschmolzen Ekel und Furcht so überzeugend.

Horror-Fans dürfen frohlocken. Es passiert allzu häufig, dass nach einem starken Spielfilmdebüt das zweite Werk nicht an die Größe des Erstlings heranreicht. Nach ihrem Überraschungshit Talk to Me ist aber auch der neue Film der australischen Brüder Danny Philippou und Michael Philippou wieder ein außergewöhnlicher Horrortrip geworden, der in mehr als nur einem Sinne unter die Haut geht. Am 14. August 2025 startet er in den deutschen Kinos.

Der Horrorfilm Bring Her Back spielt zwei Waisenkindern übel mit

Der 17-jährige Andy (Billy Barratt) und seine Stiefschwester Piper (Sora Wong) finden ihren alleinerziehenden Vater tot unter der Dusche und brauchen daraufhin ein neues Zuhause. Andy würde gern selbst das Sorgerecht für seine so gut wie blinde Schwester übernehmen, muss dafür aber noch drei Monate bis zur Volljährigkeit warten. Deshalb kommen die zwei bei Laura (Sally Hawkins) unter.

Die zugewandte, wenn auch etwas exzentrische Ex-Therapeutin hat selbst eine Tochter verloren und zieht zusätzlich den stummen Oliver (Jonah Wren Phillips) bei sich groß. Doch je länger Andy in Lauras Pflegefamilie lebt, desto unwohler wird ihm. Olli legt ein zunehmend beängstigendes Verhalten an den Tag, das Haus ist von einem Salzkreis umgeben und die neue Mutter sieht sich nachts seltsame okkulte VHS-Kassetten an ...

Schaut hier den Horror-Trailer zu Bring Her Back

Bring Her Back - Trailer (Deutsch) HD
Abspielen

Genüsslich langsam ziehen die Philippou-Brüder die atmosphärische Daumenschraube an. Schon wenn Laura Pflegetochter Piper ihren Hund streicheln lässt, obwohl das Haustier ausgestopft ist, kommt das erste Unbehagen. Ihr offenkundiger Wunsch, das Mädchen nach Vorbild ihres eigenen toten Kindes zu gestalten (wofür Bruder Andy nur im Weg ist), lädt die Gänsehaut zum Bleiben ein. Spätestens wenn Laura dem blinden Mädchen erzählt, ihr abgemagerter, kurzgeschorene Pflegebruder Olli hätte lockig-rote Haare, wird klar, dass die Kinder ihr vollkommen ausgeliefert sind.

Doch Bring Her Back wählt nicht den einfachen Weg billiger Schock-Effekte und Bösewichte, sondern bettet sein nachfolgendes Grauen auf einen Teppich der Nachvollziehbarkeit – was manchmal mehr schmerzt als jeder visuelle Body-Horror, der uns anschließend noch erwartet.

Bring Her Back siegt an zwei Fronten, wo andere Horrorfilme scheitern

Schon Talk to Me bestach nicht nur durch seine behutsam gesteigerte Eskalation, sondern auch durch die verblüffende emotionale Tiefe der Figuren. Man merkt beiden Werken des einstigen YouTuber-Zwillingsduos an, wie sehr sie Geschwisterbeziehungen begreifen. Von der ersten gemeinsamen Szene an, wo Andy seine gehänselte Stiefschwester an der Bushaltestelle abholt, strahlt ihr Verhältnis eine glaubhafte Wärme aus. Von so dreidimensionalen Figuren können andere Horrorfilme nur träumen, die in der Blumhouse-Schmiede in letzter Zeit allzu häufig als herzlose Stangenware hergestellt werden. Horror, wie Ari Asters Hereditary oder Jennifer Kents Der Babadook, der mit Charaktertiefgang an die Substanz geht, sind viel zu selten.

Dabei erfindet Bring Her Back das Genre thematisch keinesfalls neu. Stattdessen nutzt der Film unser Horror-Wissen, um unter Andeutungen zu erschaudern. Wo andere Gruselfilme ein Dämonen-Nachschlagewerk auspacken würden, um dem Schrecken in einer überladenen Geschichte einen Namen zu geben, reicht es hier völlig aus, auf verwaschenen Videokopien aus russischen Kellern flüchtige Einblicke in eine Welt zu erhalten, deren Tür lieber niemand öffnen sollte. Dass nicht alles zu Tode erklärt werden muss, zeigt sich schon im Codewort "Grapefruit" der Geschwister. Es muss nicht definiert werden, um es beim Zuschauen instinktiv zu verstehen.

Wenn sich später zu dieser perfekten Gratwanderung zwischen Andeuten und Zeigen der Ausbruch plötzlicher Gewalt gesellt, ist der Effekt umso durchschlagender. Bring Her Back ist nichts für schwache Nerven oder Mägen, wenn Messer in Kindermündern bohren und die Haut in Streifen vom Körper gezogen wird. Doch weil der visuelle Ekel so unverblümt Einzug hält, wenn wir die Figuren bereits gut kennengelernt haben, steht er im Dienst der Sache, statt nur blutiger Schauwert zu sein.

Bring Her Back besticht als mitfühlend-verstörendes Horror-Highlight

Wie die Kinderdarsteller das Grauen von Bring Her Back verkörpern, beeindruckt enorm – von Jonah Wren Phillips als extrem beunruhigendem Ziehsohn Oliver bis zur tatsächlich sehbehinderten Sora Wong, die die junge Piper so überzeugend spielt, dass schwer zu glauben ist, dass sie vorher nie vor einer Kamera stand.

Paddington-Mama Sally Hawkins, die seit Happy-Go-Lucky als menschlicher Sonnenschein durchgeht, in der Rolle der ambivalenten Pflegemutter zu besetzen, entpuppt sich ebenfalls als genialer Schachzug. Denn egal wie dämonisch die Handlung wird und welche Abgründe sich am Ende auch auftun: Sie erdet ihre trauernde Mutter in einer Menschlichkeit, ohne die Bring Her Back leicht ins Überzogene hätte abgleiten können.

Dass ein Horrorfilm Themen wie Verlust, Tod und Familienbande so überzeugend auf die Leinwand bannt wie Bring Her Back, ist abseits von Mike Flanagans Œuvre selten. Doch genau wie Talk to Me schafft die Rückkehr der Philippous den Spagat eines eindringlichen, mitreißenden Horrors. Der Horrorfilm einer neuen Generation, der sich am Puls der Zeit bewegt und trotzdem das Elementare nicht aus den Augen verliert, was alle Menschen in ihrem Miteinander fühlen ... und fürchten.

Das könnte dich auch interessieren

Angebote zum Thema

Kommentare

Aktuelle News